Der 1. Mai steht für die Errungenschaften der Arbeiter*innenbewegung. Für wilde Streiks und direkte Aktionen. Er steht für die Bewegung der Lohn-abhängigen, die sich selbst organisieren, um für ihre Rechte zu kämpfen. Daran möchten wir am Abend des 1. Mai 2018 erinnern.
Gleichzeitig fragen wir uns, wie wir als abhängig lebende und arbeitende Klasse die Kämpfe der Vergangenheit sinnvoll aufgreifen, weiterführen, erweitern und an die neue Zeit anpassen können. Denn wir sind noch lange nicht frei. Nicht solange Vorgesetzte und Unternehmen uns unser Leben diktieren und unsere Zeit aufkaufen. Nicht solange unsere Arbeitskraft, unsere Fähigkeit, die Welt zu gestalten, unsere Ideen, unsere Kreativität und unsere Fertigkeiten – genau wie unsere Städte, das Land und der Planet, auf dem wir leben – als Ware gelten. Als eine Ware, die massenhaft gekauft wird, um sie anschließend möglichst profitabel einzusetzen und zu verbrauchen. Und wenn wir verbraucht sind; unsere Gesundheit, unsere Nerven und unser Körper im Arbeitsalltag zerstört wurden, müssen wir selbst die Folgen tragen. Alleine oder im versicherten Leidenskollektiv. Wir wollen das verhindern. Wir wollen nicht die nächste Generation sein, deren fremdbestimmtes Leben nur dazu dient, den Reichtum des Kapitals zu vergrößern, während wir zusehen müssen, wie unsere Lebensgrundlagen, die Luft, das Wasser und das Land, immer weiter verschmutzt und vernichtet werden.
Um Missverständnisse zu vermeiden:
Für uns gehören alle diejenigen zur Klasse der Lohnabhängigen, die
1. entweder selber Lohnarbeit verrichten müssen,
2. in der Schule, der Ausbildung oder der Universität darauf vorbereitet werden,
3. vom Kapital auf Reserve gehalten und deswegen als Erwerbslose vom Amt gegängelt werden, oder
4. die, um diesem Zustand zu entgehen in sogenannter Selbständigkeit mit großen Unternehmen auf dem „freien“ Markt konkurrieren müssen.
Dabei sprechen wir auch von allen Lohnabhängigen. Weltweit. Nach unserer Meinung können wir nur gemeinsam die Klassengesellschaft aufheben und das kapitalistische System überwinden. Uns ist bewusst, dass es global große Unterschiede zwischen der Lebenssituation von Arbeiter*innen gibt. Viele Strukturen der Herrschaft sorgen zusätzlich für Benachteiligungen unter Beschäftigten: Frauen* und andere vom Patriarchat diskriminierte, Handarbeiter*innen, Erwerbslose, Zeitarbeiter*innen, Lohnabhängige aus (post-)kolonisierten Ländern, People of Color, Geflüchtete, Zwangsarbeiter*innen, behinderte Arbeiter*innen, uvm..
Alle sehen sich im Alltag und auf der Arbeit noch extremerer Ausbeutung und Unterdrückung ausgesetzt. Um eine gemeinsame Bewegung aufzubauen, müssen wir deswegen auch die Spaltung und Diskriminierung untereinander beenden und bekämpfen. Erfolgreiche Kämpfe, die uns untereinander gleichberechtigt werden lassen, stärken unsere Bewegung und unterstreichen unser Ziel nach einem freien Leben ohne Herrschaft und Abhängigkeit. Unsere Kämpfe müssen sich vernetzten und unsere Solidarität als Klasse wird grenzenlos sein.
Wie zum Beispiel beim Amazon-Streik im letzten Jahr, bei dem Arbeiter*innen aus Deutschland, Polen und Italien zusammen gehalten haben. Keine Staatsgrenze soll uns daran hindern, auch in Zukunft gemeinsam Arbeitskämpfe zu führen und unser Leben selbst zu organisieren. Deswegen sind wir solidarisch mit allen antifaschistischen und antinationalen Protesten am 1. Mai und an jedem anderen Tag. Wir sehen Antifaschismus und Antikapitalismus als grundlegend miteinander verbunden an. Das soll auch in der Form unserer Proteste sichtbar werden. Wir sind die FAU, die Freie Arbeiterinnen- und Arbeiterunion.
Wir planen und organisieren die Abenddemo am 1. Mai 2018. Das heißt aber nicht, das sie inhaltlich nur von uns geprägt sein muss. Ihr seid herzlich dazu eingeladen, diesen Tag mit uns zu gestalten und die Tradition der Arbeitskämpfe neu zu beleben.
Für eine klassenlose Gesellschaft!
Ein Kommentar zu «1. Mai in Chemnitz: Für eine klassenlose Gesellschaft»