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Spanien: Gefängnis für Gewerkschafter gefordert

Vom 6. bis 8. November 2007 wurde am Provinzgericht Valladolid gegen das CGT-Gewerkschaftsmitglied Luis Marcos Rivera verhandelt. Er soll gleich mehreren Polizeibeamten beachtliche Verletzungen zugefügt haben. Die Staatsanwaltschaft hat einen Strafantrag auf sieben Jahre Gefängnis gestellt, und das fast acht Jahre nach dem Geschehen, dessen tatsächlicher Verlauf das Ganze eindeutig als Farce entlarvt:

Am 4. Januar 2000 war Luis zusammen mit anderen Gewerkschaftsmitgliedern der CGT (1) aus ganz Spanien nach Madrid gefahren, um Solidarität mit den 7.000 ArbeiterInnen einer Zulieferfirma von Airtel in Alcobendas, die gefeuert wurden und daraufhin in den Hungerstreik getreten waren, zu demonstrieren. Der Streik verlief zunächst im Rahmen der „Normalität“: Ein ansehnliches Polizeiaufgebot schützte die Interessen des Arbeitgebers; es gab Buhrufe für die wenigen StreikbrecherInnen und Applaus für die ArbeiterInnen, die sich den Protesten vor der Fabrik anschlossen. Alles verlief derart gemäßigt, dass die Demonstrierenden es wagten, vor Beginn der letzten Schicht, um 16 Uhr, zum Essen zu gehen und vorübergehend nur Sicherheitsposten abzustellen.

Die Situation eskaliert

Die Polizei von Ansuátegui ging in völlig unverhältnismäßiger Weise gegen die zurückgebliebenen DemonstrantInnen vor. Die Beamten rüsteten ihre „Verteidigung“ auf und stürmten in Verfolgung einiger der ProtestteilnehmerInnen die Straße hinunter. Dort bekamen sie Luis zu fassen, den sie überrumpelten, zu Boden warfen und in Handschellen legten. Dann schlugen die Polizisten nacheinander auf den Wehrlosen ein. Damit nicht genug, wurde Rivera in einen Kerker gebracht, wo er derart weiter misshandelt wurde, so dass sein ganzer Körper über und über mit Spuren und Malen bedeckt war.

Aus Tätern werden Opfer

Um ihre Vergehen zu vertuschen, behaupteten die Polizeibeamten, Rivera habe sie attackiert und einigen von ihnen mehrere Verletzungen zugefügt. Aber Luisito ist nicht Supermann; er hinkt und ist auf einem Auge blind. Es ist offensichtlich, dass er, gerade weil er aufgrund dieser Beeinträchtigungen nicht schnell genug reagieren konnte, zum Opfer der Polizeigewalt geworden war. Luisito ist sehr bekannt und hat viele Freunde, nicht nur bei der lokalen CGT von Valladolid und deren Föderation Reinigungswesen, sondern in ganz Spanien, denn er hat viele Male nicht nur seine Solidarität mit Einzelnen demonstriert, sondern mit allen, die der Meinung sind, dass diese Welt mit den Waffen der Verpflichtung, Solidarität und Großherzigkeit verändert werden muss. Dabei unterstrich die CGT, dass das Beispiel des Compañero Luis einmal mehr die Art und Weise deutlich macht, mit der die kämpferische Bewegungen, gleich ob gewerkschaftliche oder soziale, immer gewohnheitsmäßiger unterdrückt werden. Deshalb wird bei dem am 6. November beginnenden Prozess nicht nur er, sondern auch eine bestimmte Denkweise und eine tief wurzelnde Identität verurteilt. (2)

Anmerkungen

(1) CGT Valladolid www.rojoynegro.info/2004/spip.php?article19512

(2) Leider hatte ich zum Redaktionsschluss das Ergebnis der Verhandlung noch nicht erfahren (d. Ü.).

rojo y negro

Die Redaktion der Direkten Aktion.

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rojo y negro

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