Nachdem schon der DGB eine Petition im Bundestag eingereicht hatte, planen nun die Sozialdemokraten einen Gesetzesentwurf, der den Status von PraktikantInnen und deren Vergütung klären soll. Das Vorhaben soll eine Regelung der Dauer von Praktika, Ansprüche auf Lohnzahlungen und eine Festlegung des Unterschieds von Praktika und Scheinarbeit umfassen. Die Bundesvereinigung der Arbeitergeberverbände (BDA) zeigte sich über das Vorhaben entrüstet. Sie warnte davor, dass mit einer Überregulierung in diesem Bereich die Einstellung von Praktikanten verhindert werde. Ihr Vizepräsident Braun fantasiert dabei, dass die Unternehmen gar nicht von Praktika profitieren und dabei sogar draufzahlen würden, müssten sie doch Arbeitskräfte zur Betreuung der PraktikantInnen abstellen. Würden die Unternehmen tatsächlich PraktikantInnen so beschäftigen, wie es die arbeitsrechtliche Definition von Praktika vorsieht (PraktikantInnen sollen lediglich „mitlaufen“ und keine Arbeiten im Produktionsablauf übernehmen), hätte er wohl Recht damit. Tatsächlich aber übt sich Braun in offener Heuchelei, denn die Realität spricht eine andere Sprache: nach mehreren statistischen Erfassungen werden knapp 80% der PraktikantInnen über die Hälfte der Zeit und 53% ausschließlich als normale Arbeitskräfte eingesetzt. Über 40% dieser PraktikantInnen erhält dabei überhaupt keinen Lohn und 2/3 eine absolut unangemessene Vergütung. Da der DGB schätzt, dass es in Deutschland allein 400.000 Praktikastellen von HochschulabsolventInnen gibt, lässt sich erahnen, wie groß das wirtschaftliche Volumen von unbezahlter Arbeit durch Praktikamissbrauch ist und wie sehr Unternehmen davon profitieren.
Doch vermutlich müssen sich die Arbeitgeber wenig Sorgen machen. Zum einen soll die vorgesehene Vergütung sehr gering sein, eben einem Praktikum nach offizieller Definition angemessen, und berührt somit nicht das Hauptproblem der Scheinarbeit. Zum anderen ist es fraglich, ob auch eine gesetzliche Unterscheidung von Praktika und Scheinarbeit etwas daran ändern würde. Das Arbeitsrecht hat diesbezüglich schon klare Vorgaben. Der Missbrauch findet dennoch statt, und zwar unter Ausnutzung von Ahnungslosigkeit und Abhängigkeit der PraktikantInnen und dank wenig bis gar nicht ambitionierter Gewerkschaften. Tatsächlich nutzen diese die Möglichkeiten des Arbeitsrechts kaum und ihre ökonomische und strukturelle Macht in den Betrieben schon gar nicht, um den Missbrauch von Praktika zu unterbinden. Stattdessen verlegen sie sich auf Petitionen und hoffen auf weitere gesetzliche Regelungen. Diese könnten aber ein Schuss nach hinten sein und die Situation gar verschlimmern. Können sich jetzt PraktikantInnen und Gewerkschaften noch auf das Prinzip: „Gleicher Lohn für Gleiche Arbeit“ beziehen, könnte ähnlich wie bei den Tarifverträgen für die Leiharbeitsbranche eine Gesetzesregelung von Praktika als Sonderbereich den Billiglohn lediglich legalisieren.
Weitere Infos zu unbezahlter Arbeit: www.keine-arbeit-ohne-lohn.de