Die FAU gibt sich neue Statuten – für einen Anarchosyndikalismus mit Zukunft
Es riecht nach der sprichwörtlich deutschen Vereinsmeierei: Delegierte an langen Tischen, die Augen gerichtet auf die Projektion an der Wand, feilschen um Punkt und Komma, um die eine Formulierung oder die andere. So verbrachten zahlreiche FAU-Mitglieder ihre Zeit, über zwei Jahre hinweg. Hier aber versammelten sich nicht Schreibtischhengste zum nächsten bürokratischen Coup. Hier ging es darum, aus vergangenen Auseinandersetzungen zu lernen und den notwendigen Kämpfen der Zukunft eine Grundlage zu geben. Denn es reicht nicht, mit der Losung „Streik, Boykott und Sabotage“ nur demonstrieren zu gehen.
Angefangen hatte alles auf dem FAU-Kongress 2006, als drei verschiedene Ortsgruppen die Änderung der Statuten (Satzung) beantragt hatten. Unabhängig voneinander zeigte sich in mehreren Orten die Unzufriedenheit mit den gültigen Statuten. Statt nun ein stumpfes Abstimmungsprozedere durchzuziehen, einigten sich die GewerkschafterInnen auf die Einsetzung einer Arbeitsgruppe und gaben der Konsensfindung den Vorzug.
Einig war man sich im Ziel: Die vorhandenen Widersprüche in den Statuten sollten ausgeräumt und die Effektivität der Entscheidungsfindung verbessert werden. Im Mittelpunkt der Überlegungen stand folglich die Handlungsfähigkeit der FAU als Gewerkschaft.
Auf dem FAU-Kongress 2008 war das Ergebnis dieser Überlegungen Gegenstand lebendiger Debatten. Den bisherigen Gepflogenheiten in der FAU entsprechend, wurde über den Statuten-Entwurf im Referendum entschieden. Das Ergebnis Ende August: Mit zwei Dritteln Mehrheit angenommen. Die FAU ist seither auch offiziell eine Föderation, ein Verbund anarchosyndikalistischer Gewerkschaften. Die bestehenden Ortsgruppen und Syndikate sind nun nicht nur real, sondern auch formell eigenständige Organisationen.
Vom Umfang her doppelt so stark, erfassen die neuen Statuten nun die Realität einer FAU, die auf Wachstum aus ist, präziser und handfester. Die aktuelle Satzung konkretisiert die Basisorientierung der FAU und in der FAU, indem sie Transparenz schafft: Erstmals werden für eine Reihe von Entscheidungen die verantwortlichen Ebenen benannt. Außerdem wurden – dem Prinzip des Föderalismus, des Aufbaus von unten nach oben gemäß – den Regional- und Lokalföderationen wichtige Kompetenzen und Aufgaben übertragen. Das betrifft etwa die Verwaltung von Geldern, die Förderung von Informationsmaterialien und Veranstaltungen sowie die Koordinierung von Arbeitskämpfen. Mustersatzungen für die eigenständigen Syndikate und Lokalföderationen runden den Rahmen ab.
Ergänzend zu den Statuten gibt es interne Richtlinien zur Geschäftskommission und zur Finanzordnung der FAU. Ebenfalls in den Richtlinien sind Qualitätskriterien zur Vorbereitung und Durchführung von Arbeitskämpfen sowie von Delegiertentreffen formuliert. Unumstritten waren diese Richtlinien nicht, sie wurden in einigen Ortsgruppen aufgefasst als Eingriff der Föderation in Angelegenheiten der Lokalorganisationen. Es handelt sich jedoch, insbes. in Sachen Arbeitskampf, um Anforderungen, denen sich jedes Syndikat notwendigerweise stellen muss. Organisatorisch hat sich die FAU mit den Statuten und Richtlinien eine wichtige Grundlage geschaffen, um über die eigenen Reihen hinaus Standards zu setzen. FAU-Mitglieder haben damit einen Gradmesser für gewissenhaftes Engagement und Neumitglieder finden darin einen übersichtlichen Leitfaden. Die Statuten haben somit einige Hindernisse für das Wachstum der anarchosyndikalistischen Gewerkschaften in Deutschland aus dem Weg geräumt.
Nun liegt das ganze Augenmerk auf den lokalen Anstrengungen zum Gewerkschaftsaufbau vor Ort. Denn Gegenwart und Zukunft der FAU entscheiden sich nicht auf dem Kongress, sondern in der Zeit dazwischen.
Die Statuten im Netz: www.fau.org/ueber_uns (.pdf)
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