Heute back ich, morgen brau ich, und übermorgen … tja, mal sehen. Ich war mal ein ganz großer Hecht im Spinnereigewerbe, hoch qualifiziert: Stroh zu Gold, das kann nicht jeder. Allerdings hat mich die Königin gehörig übers Ohr gehauen und nun wohne ich bei den sieben Geißlein zur Untermiete, schlimme Blagen übrigens, die Mutter hat’s nicht leicht. Einen neuen Job hab ich auch schon, bei Hans im Glück, der macht jetzt in Personaldienstleistungen, der Laden brummt. Ich also dahin, Vorstellungsgespräch.
„Was können Sie denn so?“ fragt der mich, „Also“, sag ich, „ich kann mich mittendurch reißen, hab mal eine Müllerstochter zur Königin gemacht, und Stroh zu Gold spinnen kann ich auch.“ Da macht der nur große Augen, weil er nicht weiß, wie er das in seinen Fragebogen bringen soll. „Also sagen wir, Sie sind flexibel, und ehrgeizig, nein, besser teamfähig … is’ ja auch ganz egal … und rudimentäre Kenntnisse in Sachen Gartenbau und Montanindustrie sind auch vorhanden, ist das recht?“ Na meinetwegen, denk ich bei mir, wenn’s hilft. „Gutgut, Herr Rumpelstilzchen…“ „Moment!“ sag ich, „das hat Dir der Teufel gesagt!“ „Nein, nein, das steht hier auf ihrem Bewerbungsformular.“ Ach verdammt, denk ich da, ich muss echt vorsichtiger werden mit solchen Sachen. Wie dem auch sei, ich hätte die Stelle, meinte der Kerl, und morgen könnt’s schon losgehen.
Zwei Wochen später war’s dann soweit, da kam der eiserne Heinrich mit seiner Kutsche vorgefahren, drinnen schon die zwölf faulen Knechte und ab ging’s durch den Märchenwald zum Bergwerk der sieben Zwerge, von denen jedoch nur noch drei da waren, die anderen aus Kostengründen entlassen, hieß es. Kaum raus aus der Kutsche, baut sich schon der Oberzwerg vor uns auf mit einem Haufen Spitzhacken in der Hand. „Wer ihr seid, interessiert mich nicht“, meint er. Schon mal ´ne feine Sache. „Hauptsache, Ihr packt richtig zu. Arbeitsbeginn: jetzt sofort. Und wer bis heute Abend nicht mindestens drei ordentliche Edelsteine gefunden hat, braucht morgen gar nicht mehr antreten. Finger weg vom Tischleindeckdich, das ist nur für fest angestellte Zwerge, das gilt auch für die Dusche, und jetzt los!“
Wir also rein in den Schacht, jeder ´ne Hacke in der Hand, das war eine Plackerei, kann ich euch sagen, nach der ersten Stunde schon Kreuzschmerzen. Die restlichen Zwerge waren übrigens zwei Tage später verschwunden, entlassen, hieß es. Doch schon eine Woche später saßen sie bei uns in der Kutsche, mit brandneuem Arbeitsvertrag der Hans-im- Glück-Personaldienstleistung GmbH – und ordentlich mürrischen Gesichtern. Nix mehr Tischleindeckdich, Dusche auch gestrichen, und vor allen Dingen: „Wer nicht im Bergbau arbeitet, ist kein Zwerg und kann folglich auch nicht in der Zwergengewerkschaft sein.“ „Du arbeitest doch aber im Bergbau, oder nicht?” sag ich zu dem einen Zwerg. „Und du bist klein, hast einen Bart und eine Zipfelmütze, also bist du doch ein Zwerg, oder?“ Da schaut er nur griesgrämig und meint: „Ja, sicher, aber nur die Hacke schwingen reicht nicht, man muss schon auch als Bergarbeiter angestellt sein, bei einem Bergbauunternehmen. Und wo sind wir angestellt?“ „Hans im Glück“, sag ich, und er nur: „Siehste, und ist das eines? Nein! Eben. Nur klein sein und Bart und Zipfelmütze reicht nicht. Der Däumling mit Mütze ist ja auch noch lang kein Zwerg.“
Ach, ach, dachte ich da so bei mir, das kann ja hier noch heiter werden. Und wenn ich nicht gestorben bin, dann wickle ich Drähte bei Siemens, tüte bei Bayer Pillchen ein oder bringe für Rotkäppchen Wein und Kuchen zur Großmutter.