Lied der Stimmungshochhalter
(Die Goldenen Zitronen, aus dem Album „Lenin”)
Kofferträger, Türaufhalter, Unterschergen, Schwundverwalter. Stimmungshochhalter, Subpächter, Unterschergen, Wachhundwächter. Liftboys, Schuhputzer, Untertanmädchen, Subunternutzer.
Zugeherinnen, Wachhundhalter, Parkplatzwächter, Steigüberbügelhalter.
Training in Unterwerfungskompetenz. Mit Aussicht auf Laufburschenschaft. Die, denen sie das Lächeln auf harten Wartebänken in Serviceagenturen in Gesichtszüge renken. Täglich bücklings im Flur von Raststättentoiletten, lässt sich Demut üben und ein Rest-Hoffnung retten auf: Aufnahme in Laufburschenschaft.
Ich weiss, ich muss flexibel sein nach Überprüfung der Unterwerfungskompetenz. Ich weiss, es liegt an mir allein. Sie sagt sie sei, sie sagt es wär. Sei nun mal schwer, sie hätte Glück. Sei besser jedenfalls als nichts. Er sagt es sei, es läge jetzt nun mal bei ihm und mit der Zeit. Wer weiß, vielleicht? Na immerhin. Sie sagt es sei, sie sagt es wär, mit ihrer Herkunft nun mal schwer. Insofern also gar nicht schlecht.
Training in Unterwerfungskompetenz. Mit Aussicht auf Aufnahme in Laufburschenschaft. Aus der erhabenen Höhe eines SUV Wagens, lässt sich die Bürde der Verantwortung heroisch ertragen. Für das Heer der Anzuleitenden die ständig im Weg stehn, die begreifen müssen, dass die Uhren anders gehen. Dass da immer jemand ist, der es billiger macht, den Unterbietungswettbewerb nicht höhnisch verlacht, sondern das Oben achtet und es sportlich nimmt und den nötigen Schuss Fügsamkeit nun mal unten zu sein mitbringt. Training in Unterwerfungskompetenz. Mit Aussicht auf Laufburschenschaf. Micky Mäuse, Nikoläuse, Pfortenwächter der Partyschleuse, Systemrädchen, Zigarettenmädchen.
Alles macht weiter
Die Geschichtenerzähler machen weiter, die Autoindustrie macht weiter, die Arbeiter machen weiter, die Regierungen machen weiter, die Rock’n’Roll-Sänger machen weiter, die Preise machen weiter, das Papier macht weiter, die Tiere und Bäume machen weiter, Tag und Nacht macht weiter, der Mond geht auf, die Sonne geht auf, die Augen gehen auf, Türen gehen auf, der Mund geht auf, man spricht, man macht Zeichen, Zeichen an den Häuserwänden, Zeichen auf der Straße, Zeichen in den Maschinen, die bewegt werden, Bewegungen in den Zimmern, durch eine Wohnung, wenn niemand außer einem selbst da ist, Wind weht altes Zeitungspapier über einen leeren grauen Parkplatz, wilde Gebüsche und Gras wachsen in den liegen gelassenen Trümmergrundstücken, mitten in der Innenstadt, ein Bauzaun ist blau gestrichen, an den Bauzaun ist ein Schild genagelt, Plakate ankleben Verboten, die Plakate, Bauzäune und Verbote machen weiter, die Fahrstühle machen weiter, die Häuserwände machen weiter, die Innenstadt macht weiter, die Vorstädte machen weiter… Auch alle Fragen machen weiter, wie alle Antworten weitermachen. Der Raum macht weiter. Ich mache die Augen auf und sehe auf ein weißes Stück Papier.
Landschaft
1 verrußter Baum,
nicht mehr zu bestimmen
1 Autowrack, Glasscherben
1 künstliche Wand, schallschluckend
verschiedene kaputte Schuhe
im blätterlosen Gestrüpp
›Was suchen Sie da?‹
1 Essay, ein Ausflug in die Biologie
das Suchen nach Köcherfliegenlarven, das gelbe
Licht 6 Uhr nachmittags
1 paar Steine
1 Warnschild ›Privat‹
1 hingekarrtes verfaultes Sofa
1 Sportflugzeug
mehrere flüchtende Tiere,
der Rest einer Strumpfhose
an einem Ast, daneben
1 rostiges Fahrradgestell
1 Erinnerung an
1 Zenwitz
Entnommen von gruppen.tu-bs.de/schulen/thg_wf/ausstell/bs/kb/index.html
Schönes Bleibt
Zerstörte Landschaft mit
Konservendosen, die Hauseingänge
leer, was ist darin? Hier kam ich
mit dem Zug nachmittags an,
zwei Töpfe an der Reisetasche
festgebunden, Jetzt bin ich aus
den Träumen raus, die über eine
Kreuzung wehn. Und Staub,
zerstückelte Pavane, aus totem
Neon, Zeitungen und Schienen
dieser Tag, was krieg ich jetzt,
einen Tag älter, tiefer und tot?
Wer hat gesagt, daß sowas Leben
ist? Ich gehe in ein
anderes Blau.
Entnommen von www.dsfo.de