Die neuste Frechheit der schwarz/rosaroten Regierung zum Thema Leiharbeit (auch Zeitarbeit genannt) ist der klägliche Versuch, uns mit einer so genannten „Lohnuntergrenze“ Sand in die Augen zu streuen, was die miesen Bedingungen der Leiharbeit betrifft. Letztendlich geht es nämlich wieder einmal nur darum, den von der Europäischen Union festgelegten Grundsatz des „equal pay“ (gleiche Arbeit, gleiches Geld) zu umgehen.
Insbesondere in der rot/grünen Regierungszeit (1998 bis 2005) des Agenda 2010-Fetischisten Gerhard Schröder wurden Bedingungen geschaffen, die den deutschen Arbeitsmarkt flexibel gestalten sollten, um so die von den Unternehmen geforderte „atmende Fabrik“ schaffen zu können. Natürlich alles auf dem Rücken der Beschäftigten, aber auch der Arbeitslosen und Sozialhilfeempfänger. Eine bekannte Folge war Hartz IV. Eine weitere die Leiharbeit, welche im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) geregelt ist.
Um die ganze Problematik zu verstehen, ist es notwendig, sich die ganze Entwicklung noch einmal vor Augen zu führen.
Entwicklung der Rahmenbedingungen für Leiharbeit
War 1972 die Einsatzzeit von Leiharbeitnehmern in einem Betrieb noch auf 3 Monate begrenzt, so wurde unter dem Druck der Unternehmerlobby diese Frist Stück für Stück erweitert. Insbesondere die rot/grüne Regierung hat die Begrenzung 2002 auf einen Schlag um ein Jahr auf 24 Monaten erhöht.
2003:
• Erster Flächentarifvertrag „christlicher Gewerkschaften“ mit Zeitarbeitsunternehmen. Tarifabschluss zwischen der Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitsunternehmen. Durch den Abschluss dieses Tarifvertrags wurde das Prinzip „equal pay – equal treatment“ (also gleiche Bezahlung und Behandlung wie im Entleihbetrieb) verhindert, welches ansonsten ab dem 1. Januar 2004 gegolten hätte.
• Die Tarifgemeinschaft Zeitarbeit beim DGB unterzeichnet Tarifverträge mit der iGZ (Interessenverband deutscher Zeitarbeitsunternehmen), die zwar besser sind als die „Christlichen“, aber immer noch wesentlich schlechter als die Flächentarife der DGB-Einzelgewerkschaften.
2004:
• Wegfall der Begrenzung der Überlassungshöchstdauer. Überlassene Zeitarbeitnehmer können somit unbegrenzt lange von der gleichen Zeitarbeitsfirma an den gleichen Kundenbetrieb überlassen werden.
• Zulassung der Synchronisation vom Einsatz als Leiharbeiter und dem Arbeitsvertrag. Somit ist nun die Einstellung eines Arbeitnehmers für nur eine einzelne Überlassung in einen Kundenbetrieb erlaubt. Danach kann der Arbeitnehmer entlassen werden. Das war vorher nicht erlaubt. LeiharbeiterInnen wurden fest beim Arbeitsvermittler beschäftigt und mussten somit auch von diesem bezahlt werden, wenn kein Arbeitseinsatz vermittelt werden konnte.
• Die Wiedereinstellungssperre wird aufgehoben. Sie sollte verhindern, dass LeiharbeitnehmerInnen je nach Auftragslage der Leiharbeitsfirma wiederholt gekündigt und wieder eingestellt werden. Auch dies verlagert das Beschäftigungsrisiko einseitig auf die LeiharbeiterInnen.
• Einführung der Gleichbehandlungspflicht der Zeitarbeitnehmerschaft mit den vergleichbaren Stammbeschäftigten im Kundenbetrieb („Equal Pay/Equal Treatment-Prinzip“). Durch Tarifverträge kann allerdings von diesem Prinzip abgewichen werden.
Die „christlichen“ Gewerkschaften
Was ist daran schlimm, wenn etwas durch Tarifvertrag verbessert werden kann? Doch wer sagt, dass das auch so im Gesetz steht? Wer sich den Text einmal anschaut wird leider enttäuscht werden.
Im AÜG § 3 Absatz 1 Ziffer 3 steht lediglich, „Ein Tarifvertrag kann abweichende Regelungen zulassen“. Somit auch schlechtere. Jetzt mussten sich die Arbeitgeber nur noch entsprechende Erfüllungsgehilfen suchen, um verschlechternde Tarifverträge abzuschließen. Ein Anruf bei den „christlichen“ Gewerkschaften genügte, um schnell ein paar miese Arbeitsbedingungen auszuhandeln und in ein Tarifvertragswerk zu gießen.
Die Regierung setzt auf niedrige Tarife
Die jetzt angestrebte „Lohnuntergrenze“ baut genau auf diesem Zustand auf. Damit würden die miesen Tarife der „christlichen“ Gewerkschaften noch zusätzlich gesetzlich legitimiert. Interessanterweise will die CDU da nicht so richtig mitspielen. Einen Mindestlohn für den Leiharbeitsbereich lehnt sie ebenfalls ab, da beides ja ein Eingriff in die Tarifautonomie wäre. Allerdings dürfte es der CDU eher darum gehen, für die Zukunft abzusichern, dass ihre „christlichen“ Gewerkschaften auch weiterhin durch den Abschluss von arbeitsgeberfreundlichen Tarifen eine Existenzberechtigung nachweisen können. Bei der Verabschiedung der sechs neuen Mindestlohnbranchen wurde dann dieses Thema auch erst einmal außen vor gelassen.
Was heißt das Alles konkret für LeiharbeitnehmerInnen?
Ob Lohnuntergrenze, Mindestlohn oder Tarifverträge, mit den derzeitigen und den angestrebten Regelungen wird schlechte Bezahlung, zusätzlich zu den schlechteren Arbeitsbedingungen, zementiert. Schon jetzt bekommen etwa ein Achtel von ihnen so niedrige Löhne, dass die Arbeitsagenturen Hartz-IV-Leistungen obendrauf legen müssen.
Leiharbeit gehört gesellschaftlich geächtet und abgeschafft!