No Nato!

Anfang April 2009 will die NATO (Nordatlantikpakt) in Strasbourg und Baden-Baden ihren 60. Geburtstag feiern. Dagegen sind vielfältige Aktionen und eine Großdemo geplant. Das Spektrum der Mobilisierung reicht von der Linkspartei bis zu gewaltfreien AnarchistInnen.

No Nato

Die NATO-Staaten verantworten rund 75% der weltweiten Rüstungsexporte und geben jährlich ca. 900 Mrd. Euro für Rüstung aus. Durch die Umwandlung der Bundeswehr in eine Einsatzarmee besteht ein enormer Bedarf an Militärmaterial und spezieller Ausbildung, was sich im Jahr 2008 in der Steigerung des Rüstungshaushalts um eine Milliarde auf 29,3 Mrd. Euro niedergeschlagen hat. Auch die zukünftigen NATO-Partner im Osten haben enormen Nachholbedarf. Dies führte unter anderem dazu, dass der deutsche Rüstungsexport im letzten Jahr um 13% stieg. Laut Weißbuch der Bundesregierung soll die Bundeswehr ein Instrument zur Durchsetzung außenpolitischer, wirtschaftlicher und weltanschaulicher Ziele werden. Dass hier nicht nur die Verteidigung im Vordergrund steht, zeigen die Angriffskriege im Irak und Afghanistan. Aktuell ist die Bundeswehr mit 6.940 Soldaten und Soldatinnen im „Auslandseinsatz“, davon rund 3.200 in Afghanistan.

Als künftige Kernaufgabe sieht der NATO-Aktionsplan, der 2009 verabschiedet werden soll, die Aufrechterhaltung der ungerechten Weltwirtschaftsordnung vor. Der ungehinderte Zugang zu allen Rohstoff- und Energievorräte der Erde soll mit militärischer Gewalt gesichert werden. In Zeiten einer Weltwirtschaftskrise, einer erstarkenden Weltmarktkonkurrenz (China, Indien, Russland) und immer knapper werdenden Ressourcen wächst die Bedeutung dieser Militärmacht-Strategie. Mit dieser sichtbaren Faust soll die unsichtbare Hand des Marktes und ihre Vorherrschaft auf der Welt gesichert werden.

Deregulierung und Privatisierung verändern auch die transnationale Sicherheitspolitik. Die Angebotspalette der Militärdienstleister ist vielfältig: Neben dem Objektschutz, der bereits aus dem Irakkrieg bekannt ist, zählen dazu auch Logistik, verdeckte Operationen, Folter, Lagerbau, strategische und operative Kriegsplanung bis hin zu Kriegseinsätzen. In diesem Geschäftssektor werden schon jetzt mehr als 100 Mrd. Dollar im Jahr umgesetzt.

Laut AGENDA 2010 soll Europa zum dynamischsten und wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt werden. In Maßnahmen übersetzt heißt dies im Inneren der EU-Staaten: Privatisierung, Deregulierung der Arbeitsmärkte, Reform der Steuer- und Sozialsysteme. Es ist der Übergang von Welfare zu Warfare, vom Sozialstaat zum Straf- und Polizeistaat. Es ist die Doktrin der Nulltoleranz für Arbeitslose, jugendliche Kriminelle und papierlose Migrantinnen und Migranten. Neben der fortschreitenden Aushöhlung des Grundgesetzes wird eine allgegenwärtige Überwachung legalisiert: Genetischer Fingerabdruck, Vorratsdatenspeicherung, Einschränkung der Versammlungsfreiheit, Ausspionieren privater PC‘s. Grundgesetzwidrige Militäreinsätze im Innern wie beim G8-Gipfel in Heiligendamm sollen zur Normalität werden. Gleichzeitig wird die zivil-militärische Zusammenarbeit verstärkt. Öffentliche Gelöbnisse, Militärkonzerte, Rekrutierungsversuche in den Arbeitsämtern und auf öffentlichen Plätzen, Schulbesuche und die Zusammenarbeit mit Vereinen und Kommunen sollen das Kriegshandwerk wieder als Normalität erscheinen lassen.

Ganz nebenbei soll die NATO-Feier dazu genutzt werden, um sich intern einzuschwören auf: Den auf den Kampf gegen den internationalen Terrorismus, das organisierte Verbrechen, die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen sowie die Kontrolle von Rohstoffen. Desweiteren bergen die Bevölkerungsbewegungen, die durch den Klimawandel verursacht werden, viele Konflikte, die den Interessen der NATO-Staaten entgegen stehen. Aus diesem Grund soll den Menschen ein aggressives Eingreifbündnis schmackhaft gemacht werden.

Was dieses Bündnis betrifft, gibt es innerhalb der NATO unterschiedliche Vorstellungen. Die EU-Länder streben seit dem Jugoslawien-Krieg nach Außen eine eigenständige Militärpolitik an, um ihre politischen und ökonomischen Interessen global durchzusetzen. Heute heißt es zwar: Seite an Seite mit den USA; aber als eigenständige Macht entlang der Achse Paris/Berlin. Und diese Achse stellt sich ein eigenes Raketenabwehrsystem vor, zu dessen Verwirklichung Albanien, Kroatien, die Ukraine, Georgien, Mazedonien, Bosnien und Herzegowina einbezogen werden sollen. Dadurch soll sich die NATO in Richtung Osten ausweiten, um die angestrebte Entwicklung verwirklichen zu können.

Die NATO ist dafür der zentrale Ort. Es ist also kein Zufall, dass der Jubiläumsgipfel in Deutschland und Frankreich stattfindet.

Karl Bihn

 

 

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