In zahllosen Betrieben sind LeiharbeiterInnen die ersten Opfer der Krise. In der Automobilbranche wurden sie in den letzten Monaten zu Zehntausenden gefeuert. Nun setzten LeiharbeiterInnen im Werk VW Nutzfahrzeuge in Hannover-Stöcken (VWN) dagegen ein deutliches Zeichen: Schluss mit der Angst, Schluss mit der Opferrolle!
VWN hat seit 2008 rund 1.150 LeiharbeiterInnen entlassen. Zum 31. März liefen die letzten 213 Verträge aus. Doch statt sich in ihr Schicksal zu fügen, griffen sie jetzt zur Selbsthilfe: Am 19. März demonstrierten 200 LeiharbeiterInnen während einer Sitzung des VWN-Betriebsrats für die Verlängerung ihrer Verträge. Dieser fühlte sich offenbar von dem unangemeldeten Besuch gestört, ließ den Werkschutz rufen, um die KollegInnen hinaus zu drängen. Dennoch gelang es ihnen, ihr Anliegen vorzutragen.
Die LeiharbeiterInnen fordern, wie ihre KollegInnen von der Stammbelegschaft ins gesetzliche Kurzarbeiterprogramm aufgenommen oder weiter beschäftigt zu werden. Vom Betriebsrat und ihrer Gewerkschaft, der IG Metall, fühlen sie sich komplett im Stich gelassen. Deshalb drohten sie nicht nur mit ihrem Austritt, sondern organisierten sich kurzerhand selbst.
Am 25. März zogen über hundert DemonstrantInnen unter den Losungen “Leiharbeit abschaffen!” und “Heute wir, morgen ihr!” sowie Hochrufen auf die internationale Solidarität vom Klagesmarkt durch die Innenstadt, um auf ihre Situation hinzuweisen. Die FAU-Hannover bekundete ihre Solidarität und schloss sich ihnen an. Beim Zwischenstopp vor der IG Metall Verwaltungsstelle hagelte es seitens der DemonstrantInnen harsche Kritik an den FunktionärInnen, die sich vor dem Gebäude postiert hatten. Leiharbeiter warfen ihnen demonstrativ ihre Mitgliedsausweise vor die Füße.
Zwei Tage darauf stehen Betroffene mit Zelten auf dem Parkplatz des VWN vorm Werkstor 3 und treten in den unbefristeten Hungerstreik. Die Entscheidung dazu war auf einer von ihnen selbst organisierten Versammlung am Vortag gefallen. Seitdem harren Leiharbeiter und ihre UnterstützerInnen vor dem Werk aus, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen. Die Medien geben sich die Klinke in die Hand, der Werkschutz lässt sie nicht mehr aus den Augen; nur IG Metall-Offizielle lassen sich hier nicht blicken. Die FAU-Hannover ist seit dem 29. März täglich mit VertreterInnen vor Ort, nicht zum obligatorischen Handshake vor den Kameras, sondern um mit den KolleInnen zu reden und sie ganz praktisch mit Wasser, Feuerholz u. ä. zu unterstützen.
Nandor Pouget (FAU-Hannover)
Red. Anm.: Nach Fertigstellung dieses Artikels haben die KollegInnen ihren Hungerstreik beendet. Mit ihren öffentlichkeitswirksamen Aktionen hatten sie die Wiedereinstellung von ca. zwei Dritteln der 200 Entlassenen erstritten. Sie selbst haben bisher kein Angebot auf Wiedereinstellung erhalten. Die FAU Hannover berichtete fortlaufend auf ihrer Website über den Arbeitskampf:
www.fau.org/hannover
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