Es war ein wechselhaftes Juli-Ende im Jahr 2007, als das anarchistische Sommercamp auf der Burg Lutter bei Salzgitter stattfand. Vielfalt war geboten, als sich über 100 AnarchistInnen sämtlicher Couleur, von jung bis alt, vom Anarchopunk bis zur Anarchafeministin, für eine Woche zum selbstverwalteten und selbstorganisierten Campen versammelten. Entspannend und vielfältig gestaltete sich das selbstorganisierte Programm an Workshops, Vorträgen, Filmen oder einfach nur klönen mit Bier oder Alkfreiem und veganer VoKü. Auch eine Handvoll junger FAU-Mitglieder sollte zusammenkommen. Zwischen Zelten und Zäunen wurde sich über die jeweilige Lage vor Ort ausgetauscht, über die FAU, die Jugend und den ganz alltäglichen Wahnsinn gesprochen. Hier entstand die Idee, die Vernetzung von Jugendlichen innerhalb der FAU zu verbessern. So wenige Jugendliche konnten es doch nun wirklich nicht sein, wo wir uns doch so „zahlreich“ direkt über den Weg gelaufen sind.
Erste Schritte
Kurz nach dem A-Camp in Lutter wurde ein FAU-interner Verteiler eingerichtet. Ziel: Erst einmal versuchen, alle Jugendlichen in der FAU zu suchen und zu vernetzen. Zu diesem Zeitpunkt fehlte jegliche Ausrichtung, doch es mangelte nicht an Ideen. Ständig kam von hier mal ein Beitrag, von dort mal eine Antwort, und auch die Beschwerde, dass irgendwie nicht so richtig was läuft. Böse Zungen könnten meinen, es trug sich zu wie bei den „Anarchos“. Langsam meldeten sich nach internen Aufrufen ein paar vereinzelte Jugendliche aus örtlichen FAU-Gruppen. Durch das Kennenlernen auf verschiedenen Ereignissen konnten immer wieder einzelne Kontakte geknüpft werden. So langsam mussten wir uns auf die Suche machen, dem Projekt eine Richtung zu geben.
Die AG
Mit Blick auf den FAU-Kongress 2008 entstand die Idee, aus der bisher sehr allgemeinen Organisierung eine Arbeitsgruppe entstehen zu lassen. Ziel war nun nicht mehr bloß die lose Vernetzung und der Erfahrungsaustausch sondern auch die gemeinsame Diskussion – über Themen wie: Warum sind wir als Jugendliche in der FAU? Wie können wir jungen Menschen die Ideen des Anarcho-Syndikalismus näher bringen? Wie diese Organisieren? Auf dem Kongress bildete sich die AG Jugend, die auf kleinen Treffen versuchte, ein wenig Struktur und Inhalt in den Prozess zu bringen. Kleine „Mandate“ wurden verteilt, beispielsweise zur Vernetzung mit der jungen FAU Bern – deren junge Delegierte auch an den Treffen teilnahmen – oder der SUF in Schweden – der zur Zeit wohl aktivsten anarcho-syndikalistischen Jungendföderation in Europa. Des Weiteren wurde beschlossen, eine Art interne „Debatte“ alle drei Monate als Diskussionsauffrischung auszuliefern und in der Zeit vor dem nächsten Kongress noch ein weiteres Treffen durchzuführen.
Konkretisierung
Zwischen dem ersten und dem zweiten Treffen verging mehr als ein halbes Jahr. In dieser Zeit bestanden bundesweit Kontakte in über zehn Städten. Vereinzelt beteiligten sich junge AktivistInnen an lokalen Aktionen zur Bildungspolitik, z.B. in München, wo das Bildungssyndikat München seit langem Mitglied der AG Jugend ist. Auch unterstützte die „AG Jugend in der FAU“ als erste öffentlichere Handlung offiziell den bundesweiten Schulstreik und dessen Forderungen (siehe DA #191).
Gegen Ende des Jahres 2008 gab es im Ruhrgebiet bereits erste Initiativen für eine Organisierung von Jugendlichen, die den Ideen des Anarchismus und Syndikalismus nahe stehen.
Die nächste Etappe
In diesen Zeitraum fiel das zweite Treffen der AG Jugend. Vom 17.-18. Januar 2009 trafen sich ein gutes Dutzend AktivistInnen aus vielen Städten des Bundesgebietes in Hannover zur gemeinsamen AG-Tagung. Klassisch verbrachten die jungen AktivistInnen im Schlafsack und bei veganem Chili den Tag, um die bisherigen Entwicklungen zu reflektieren und sich selber nun den Grundstein für eine eigene Organisierung über die alte Vernetzung hinaus zu legen. Während nachts von Einigen, getreu dem Motto, wenn wir nicht tanzen können, ist es auch nicht unsere Revolution, noch Hannovers Szenelokalitäten einer näheren Partyinspektion unterzogen wurden, ging es auch schon bald weiter. Es wurde über das Selbstverständnis diskutiert, und über die Lage und die Potentiale vor Ort, das Verhältnis zur FAU, Kampagnen und Strategien. Die Chancen im Bildungsbereich, so wurde diskutiert, werden eine starke Komponente sein, gerade da dort zur Zeit eine Kampagne für einen einwöchigen Bildungsstreik auf bundesweiter Ebene läuft, die von vielen Schülerinitiativen getragen wird, sowie libertäre, jugendtypische Arbeits- und Politisierungsfelder wie z.B. Antifaschismus. Nicht zu kurz kommen sollten ebenso Rechtshilfetipps für PraktikantInnen und für Studijobs, orientiert an der Kampagne „Keine Arbeit ohne Lohn“. Diese Diskussionen ergaben noch keine klare Lösungen auf alle Fragen, aber sie stellten erstmals einen fassbaren Grundsatz für das Jugendprojekt. So lässt sich auch innerhalb der „noch-AG“ ein „Vorantrieb“ spüren.
Im März fand in Düsseldorf die erste offizielle und offene Gründung der „Anarchistisch-Syndikalistischen Jugend Düsseldorf“ (ASJ-D) statt, die gut angenommen wurde. Darüber hinaus gibt es im Ruhrgebiet weitere Gruppen und Intiativen unter anderem in Duisburg und in Recklinghausen. Im April hielt die ASJ Berlin ihre offizielle Gründungsveranstaltung im FAU-Lokal ab. Wir dürfen also gespannt sein, wie es weitergeht.