Interview mit dem Aktivisten Ruben Tastas-Duque
Die Idee, dass ArbeiterInnen selber den Preis für ihre Arbeit bestimmen sollten, ist nicht neu. Viele kennen die endlosen Diskussionen in der Kantine: “…wenn ich nur ein bisschen mehr in der Tasche hätte…”. In Schweden sind syndikalistisch organisierte ArbeiterInnen zur Tat geschritten und haben eine alte Methode wieder neu etabliert. Diese Methode namens Register besteht aus zwei Phasen. Während der ersten Phase werden kontinuierlich Informationen über Arbeitsplätze, Löhne und Tarifverträge gesammelt und gespeichert. Auf Grundlage dessen sollen in der zweiten Phase würdige Löhne und Arbeitsbedingungen durchgesetzt werden. Vor allem für papierlose ArbeiterInnen hat sich diese Methode als ein effektiver Weg erwiesen, Rechte, ausstehende Löhne und bessere Arbeitsbedingungen einzufordern.
Die Direkte Aktion steht dabei als “Verhandlungsmodell” immer im Vordergrund. Erst versuchen die Beteiligten, ausgehend von den eigenen Bedürfnissen, einen angemessenen Lohn zu fordern. Weigert sich der Boss, wird gestreikt und der Betrieb blockiert. Vor allem die Blockaden sind wichtig, denn die papierlosen ArbeiterInnen können ohne viel Federlesens gefeuert werden, sie sind weitestgehend rechtlos. Ziel der Methode ist, nicht nur die Löhne zu bestimmen, sondern auch fest zu legen, wer eingestellt wird. Umso mehr sich diese Methode herumspricht und die Arbeitskämpfe erfolgreich verlaufen, umso öfter zeigt schon die Androhung eines Arbeitskampfes Wirkung und die Bosse sind bereit einzulenken. Die DA führte ein Interview mit Ruben Tastas-Duque, Mitglied der Ortsgruppe in Västerorts. Er ist seit über zehn Jahren in der SAC aktiv, nachdem er in seiner Jugend von Uruguay aus nach Schweden einwanderte.
Seit wann wird die Methode wieder angewandt?
Ruben: Formal haben wir uns am 14.Oktober 2007 gegründet, aber wir haben schon einige Monate früher die Registermethode angewandt.
Wie viele Mitglieder der SAC beteiligen sich am Register?
Ruben: Zur Zeit sind vier Ortsgruppen und drei Berufssyndikate der SAC angeschlossen. In ihnen sind ein Drittel aller SAC-Mitglieder organisiert.
Wie organisiert ihr euch?
Ruben: Wir haben ein Büro im SAC-Hauptquartier auf Sveavägen 68 in Stockholm, von wo aus die Kämpfe koordiniert werden. Dort wird die Statistik gesammelt und dort werden die Verhandlungen mit den Bossen geführt. Finanziert wird es durch Mitgliedsbeiträge der Papierlosen und die Revolutionssteuern, die wir von den Bossen erheben, wenn sie sich nicht benehmen.
Warum wurde die Registermethode in den vergangenen Jahrzehnten nicht genutzt?
Ruben: Die Registermethode wurde in den Anfangsjahren der Organisation oft genutzt, damals war der Klassenkampf rauer. Irgendwann ab den 50er Jahren ist die SAC ein bisschen weicher geworden. Jetzt aber, seit der Klassenkampf wieder härter geworden ist, unter anderem weil die SAC wieder ihre revolutionären Wurzeln gefunden hat, aber vor allem, weil die Ausbeutung der ArbeiterInnen und vor allem der Papierlosen momentan ein sehr hohes Niveau erreicht hat, ist diese mehr konfliktbetonte Methode wieder im Kommen.
Kannst du ein Beispiel für einen erfolgreichen, mit der Registermethode geführten Arbeitskampf nennen?
Ich denke, hier wäre die lange Blockade des Restaurant Josefina in Stockholm zu nennen. 2007 hatte der Konflikt mit einer mehrwöchigen Blockade begonnen. 2008 haben wir den Laden dann sechs Wochen am Stück blockiert. Da der Laden nur im Sommer geöffnet ist, mussten wir die Blockade schließlich auch im letzten Jahr abbrechen. Dieses Jahr haben wir dann aber richtig zugeschlagen: Das Restaurant sollte am 1.Mai eröffnen und wir haben angekündigt, dass die gesamte 1.Mai-Demo der SAC mit 3000 TeilnehmerInnen dort aufkreuzen und ein Heringsbuffet vor dem Laden aufbauen wird. Unsere Feier zum 1.Mai sollte dort statt finden. Am 30. April haben sie uns angerufen und mitgeteilt, dass sie sämtliche Forderungen erfüllen, auch die Wiedereinstellung der Gekündigten.
Welche Nachteile birgt die Anwendung dieses Instrumentes und wo sind seine Stärken?
Ruben: Das Register ist bisher sehr abhängig von zu wenigen AktivistInnen, zudem haben viele Mitglieder nur begrenzte Schwedischkenntnisse. Aber ich denke, das sind Übergangsprobleme. Wenn die Mitglieder Schwedisch lernen, können sie in der Folge auch mehr Verantwortung übernehmen. Momentan wird viel Papierkram, welcher ironischerweise ein großer Bestandteil unser Arbeit mit Papierlosen ist, von einigen wenigen Ortsgruppen übernommen. Ich glaube, wenn die Registermethode in einigen Jahren ihren Durchbruch hat, wird sie eine ernsthafte Alternative zu Tarifverträgen sein.
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