BRD: graswurzel.net und anarchosyndikat.de ungefiltert
»Schulfilter Plus« nennt sich eine Software, die von Schulen eingesetzt wird, um SchülerInnen den Zugang zu unerwünschten Inhalten zu verwehren. Zu diesen unerwünschten Inhalten gehörte bis vor kurzem auch die Internetpräsenz graswurzel.net der Zeitschrift »Graswurzelrevolution« oder das Blog anarchosyndikat.de, das über ArbeiterInnen-Kämpfe weltweit berichtet. Beide waren bei »Schulfilter Plus« der Kategorie »Hass, Diskriminierung, Extrem« zugeordnet und konnten damit nicht in Schulen aufgerufen werden, die das Filtersystem verwenden. Die Filterlisten für das System werden nach Aussagen der Vertreiberfirma der Software nicht von dieser selbst, sondern von Cobion – einer Tochterfirma des EDV-Giganten IBM gepflegt – dürften sich also mit einiger Wahrscheinlichkeit auch in anderen ähnlichen Produkten wiederfinden. Im Falle von graswurzel.net dauerte es immerhin einige Monate, bis diese Website, deren erklärtes Ziel der Kampf gegen Hass und Diskriminierung ist, in eine andere Kategorie eingeordnet und damit wieder zugänglich gemacht wurde. Bei anarchosyndikat.de zeigte sich die Vertreiberfirma schneller einsichtig, auch dieses Blog ist mittlerweile an Schulen wieder erreichbar. Es steht allerdings zu vermuten, das es sich bei den beiden nur um die Spitze eines Eisberges der Filterung von politischen unliebsamen Internetpräsenzen handeln könnte. Ob eine Website kategorisiert ist oder nicht, und wenn ja, in welche Kategorie sie fällt, kann anhand der Adresse www.handeln-handinhand.de/index.php?action=websitetest überprüft werden. Es steht zu befürchten, dass das, was hier im Kleinen erprobt wird, durch die Internetfilter-Projekte der Bundesregierung demnächst flächendeckende Praxis wird.
BRD: KiK überwacht Zahlungsmoral der Beschäftigten
Die Staatsanwaltschaft in Dortmund ermittelt seit Mai gegen den Textildiscounter KiK wegen des Verdachtes des Verstoßes gegen das Bundesdatenschutzgesetz. Kik soll systematisch und langfristig über die Wirtschaftsauskunftei Creditreform Informationen über die Zahlungsmoral und die wirtschaftliche Situation der eigenen MitarbeiterInnen eingeholt haben. Das Verfahren soll so gewesen sein, dass alle drei Monate zentralisiert Auskünfte eingeholt wurden, über deren Ergebnisse die Verkaufs- und Bezirksleiter automatisch informiert wurden. Die Vorgänge kamen ans Licht, als eine KiK-Mitarbeiterin diese öffentlich machte. In einer sparsamen Erklärung ließ der Konzern – der immer wieder u.a. für seine miesen Löhne in der Kritik steht – lediglich verlauten, man werde künftig keine solche Bonitätsprüfungen mehr durchführen. Mit den Auskünften habe man sicherstellen wollen, dass keine Personen mit Negativeinträgen in „sensiblen Arbeitsbereichen“, wie etwa der Kasse, eingesetzt werden. Die nordrhein-westfälische Datenschutzbeauftragte, die das Vorgehen von KiK zur Anzeige gebracht hatte, äußerte jedoch die Befürchtung, dass die Informationen der Wirtschaftsauskunftei auch Grundlage für Kündigungen gewesen sein könnten.
BRD: FoeBud richtet Anti-Zensur-DNS-Server ein
Im Kampf gegen Internetsperren hat der FoeBuD e.V. einen eigenen öffentlich zugänglichen zensurfreien DNS-Server eingerichtet. Die von der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit den Internet-Serviceprovidern geplanten Filtersysteme für das WWW basieren auf Manipulationen des DNS-Systems, das im Netz für die Auflösung der symbolischen Servernamen gegen von den Maschinen verwendeten IP-Adressen verwendet wird. Über zentrale und nach derzeitiger Sachlage vom Bundeskriminalamt ohne Kontrolle zu erstellende und zu pflegende Filterlisten, sollen die Provider Teile des DNS-Suchanfragen umleiten. Der FoeBuD sieht das Recht auf freie und unbeobachtete Kommunikation als eine Grundvoraussetzung für eine freiheitliche Gesellschaft an. Er hat sich deshalb zu einer praktischen Gegenmaßnahme entschlossen und betreibt seit heute einen eigenen öffentlichen zensurfreien DNS-Server. Weitere Initiativen haben angekündigt, diesem Beispiel zu folgen. Wer sich diesen als eigenen DNS-Server anstelle des vom Provider gelieferten Servers einträgt, kann damit die Internetsperren einfach umgehen. Die IP-Adresse lautet: 85.214.73.63. Anleitungen zur Nutzung finden sich u.a. auf der Website des Chaos Computer Clubs (www.ccc.de/censorship/dns-howto).
BRD: Lidl und Deutsche Post bunkern Krankenakten
In gleich zwei Fällen wurde in den letzten Wochen bekannt, dass große Unternehmen in unzulässiger Weise Krankendaten von Beschäftigten speichern und auswerten und damit gegen Datenschutzbestimmungen verstoßen. Bei Lidl tauchten Personalakten von hunderten MitarbeiterInnen in Bochum in der Mülltonne einer Autowaschanlage auf. Darin fanden sich detaillierte Informationen über Krankheitsbilder von Beschäftigten. Aus den Unterlagen ging hervor, dass Lidl hierfür offensichtlich sogar spezielle Formulare entwickelt hat, die von den Filialen penibel geführt werden. In diesen Formularen gibt es neben einer Spalte über die Krankheitsursache auch eine über „Maßnahmen“, die zu treffen sind. Alle durch den Zufallsfund ans Licht gekommen Fälle datieren aus der Zeit nach der Bespitzelungsaffäre gegen Lidl-Beschäftigte (die DA berichtete). Sie werfen damit ein bezeichnendes Licht auf die öffentlichen Beteuerungen des Discounters, man werde in Sachen Datenschutz nachbessern.
Anfang Juni wurde dann bekannt, dass die Deutsche Post über Jahre hinweg zumindest in einigen großen Postverteilzentren Dateien über die Krankengeschichte von Beschäftigten geführt hat. Auch hier sind die Daten verbunden mit Handlungsanweisungen für die Vorgesetzten, wie etwa MitarbeiterInnen in den Vorruhestand zu drängen oder zur Annahme einer Versetzung aufzufordern. Nach Bekanntwerden der Vorfälle erklärte die Deutsche Post AG, man habe diese bereits im Zuge von internen Untersuchungen vor einigen Monaten selbst aufgedeckt und werde zu verhindern suchen, dass es zu Wiederholungen kommt.