Prekäre Flüge

Ryanair wirbt bekanntlich damit, die “Niedrigpreis-Fluggesellschaft” zu sein. Die niedrigen Preise werden nicht zuletzt durch Niedriglöhne für die ArbeiterInnen des Unternehmens erreicht, so auch im nordspanischen Zaragoza. Die Beschäftigten begannen sich zu wehren, nachdem Ryanair ihre Arbeitszeit ohne Lohnausgleich gekürzt hatte, sodass ihr Gehalt von vorher rund 1050 € auf nur knapp über 800 € pro Monat sank. Angeblich wollten die Bosse so die gesunkene Anzahl von Flügen ausgleichen. Unter den ArbeiterInnen kursierten allerdings Gerüchte, dass sie eigentlich eine Verkleinerung der Belegschaft anstrebten und die Arbeitszeitverkürzung nur ein erster Schritt in diese Richtung wäre. Deshalb traten mehrere ArbeiterInnen der Confederación Nacional del Trabajo (CNT) bei und gründeten am 23. Januar dieses Jahres eine Betriebsgrupppe der Gewerkschaft.

ryanair1.jpg

Der Konzern begann sofort nach der Anmeldung der Betriebsgruppe, die CNT-Mitglieder zu schikanieren und Druck auf sie auszuüben. Die Forderungen der Gewerkschaft nach festen Arbeitsverträgen für alle, festen täglichen Arbeitszeiten und der Rücknahme der Lohnkürzung wurden nicht einmal angehört. Leider erreichte der Konzern mit dieser Strategie, dass sich alle ArbeiterInnen bis auf einen einschüchtern ließen und wieder aus der Betriebsgruppe austraten. Weil Ryanair jegliches Verhandlungsangebot ignorierte, wurde der Konflikt zwischen der CNT und Ryanair am 20. Februar an die Öffentlichkeit gebracht. Am 28. Februar gab es eine erste Demonstration mit 50 TeilnehmerInnen auf dem Flughafen von Zaragoza. Ryanair wurde außerdem wegen mehrfacher Verstöße gegen das Arbeitsrecht verklagt. Nachdem die Klage eingereicht wurde, feuerte die Fluggesellschaft mehrere KollegInnen, unter ihnen den Genossen der CNT. Die Gerüchte über die geplante Verkleinerung der Belegschaft hatten sich somit bewahrheitet, aber dennoch versuchte außer dem CNT-Mitglied niemand unter den Gekündigten gegen die Kündigungen vorzugehen. Deshalb änderte die CNT ihre Strategie und versucht seitdem vor allem, die Wiedereinstellung ihres Mitgliedes zu erreichen.

Da der Konflikt sich nun verhärtet hatte, musste auch die CNT die Intensität des Arbeitskampfes erhöhen. So wurden beispielsweise Plakate und Aufkleber in der gesamten Stadt verklebt und mehrere Demonstrationen sowohl am Flughafen als auch im Stadtzentrum organisiert. Auf der 1. Mai-Demonstration der CNT in Zaragoza wurde der Konflikt noch einmal vor über 300 Menschen in die Öffentlichkeit getragen. Die nächste Stufe der Proteste stellte ein erster internationaler Aktionstag am 3. Mai dar. An diesem Tag organisierten die spanische CNT und die französische CNT-IAA Demonstrationen und Protestaktionen in Spanien und Frankreich, ebenso wie die FAU in Deutschland, die zu diesem Anlass, neben der spanischen CNT, am meisten mobilisierte. Auch andere Föderationen der IAA beteiligten sich am Aktionstag und zeigten sich mit dem gefeuerten Gewerkschafter solidarisch, wie die Priama Akcia in der Slowakei oder die englische Solidarity Federation. Am 6 Juni bat die CNT Zaragoza die IAA erneut um internationale Solidarität, weil am 8. Juni der Prozess wegen der Kündigung angesetzt war. Wieder gab es Mobilisierungen in ganz Spanien und mehreren europäischen und deutschen Städten.

Die aktuelle Situation

Im Augenblick wartet die CNT auf das Urteil des Prozesses. Wenn sie gewinnt, würde das die sofortige Wiedereinstellung des gefeuerten Genossen bedeuten, jedoch nicht das Ende des Konfliktes. Für den 23. September ist noch ein weiterer Prozess angesetzt, bei dem die eigentlichen Gründe des Arbeitskampfes, also die Kürzung der Arbeitszeit, der Gehälter und die illegalen Arbeitsverträge verhandelt werden. Deshalb hat die CNT bereits angekündigt, ihre Aktionen solange fortzusetzen, wie Ryanair die Rechte der ArbeiterInnen missachtet, selbst wenn der gefeuerte Genosse schon bald wieder eingestellt würde. Nur wenn Ryanair die Betriebsgruppe der CNT akzeptiert, der gefeuerte Gewerkschafter seinen Posten wiederbekommt und die Verträge und Gehälter wieder in Ordnung sind, wird die CNT den Konflikt für beendet erklären. Sollte eine dieser Forderungen unerfüllt bleiben, wird die CNT kämpfen, bis ihre Kräfte erschöpft sind oder sie den Konflikt gewonnen hat.

Pablo Augustín (CNT Zaragoza)

Schreibe einen Kommentar