Die Leiharbeit boomt – wieder. Von 820.000 LeiharbeiterInnen im Juli 2008 sackte die Leiharbeit auf 580.000 Beschäftigte im April 2009. Sie waren die ersten, die in der Krise die Betriebe verlassen mussten. Nun sollen es schon wieder über 720.000 sein.
Die IG Metall malt bereits in einem industriepolitischen Memorandum ein Bedrohungsszenario mit schwindelerregenden 2,5 Millionen prekärer Existenzen an die Wand. Betriebsräte werden aufgerufen, die Ausweitung der Leiharbeit zu verhindern. Das Memorandum soll Argumente an die Hand geben, wie diese ihrer Geschäftsleitung klarmachen, dass Leiharbeit eigentlich firmenschädlich sei. Dabei wird hauptsächlich auf Image, Arbeitsabläufe und Verprellung von Fachkräften abgehoben. Kann dies helfen, dem Erfolgsmodell Leiharbeit einen Riegel vorzuschieben? Schließlich beschäftigen bereits 43% der Großbetriebe in NRW die wesentlich billigeren Leiharbeitskräfte und profitieren von deren halbierten Löhnen, halbierter Sicherheit und halbiertem Status.
Doch in den letzten Monaten gerät Leiharbeit immer wieder in die öffentliche Kritik. Der Fall Schlecker hat Wellen geschlagen und in NRW stehen Wahlen an. Die SPD fordert auf einmal, dass das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ nach einer kurzen Einarbeitungszeit ausnahmslos gelten solle. In ihrer „Agenda 2010“ sollte die Leiharbeit noch zur Flexibilisierung der Arbeitswelt beitragen. Auch die Bundesregierung wolle nicht tatenlos zusehen, wie der Dienstleistungssektor zu einem Niedriglohnbereich verkommt, forciert aber gleichzeitig die Ausweitung befristeter Beschäftigungsverhältnisse.
Der Bundesrat lehnte Ende März „die Nutzung … der Zeitarbeit zum Ersatz von Stammbelegschaften ab“. Doch was, wenn wie bei Daimler LeiharbeiterInnen über Werksverträge mit Zulieferfirmen eingekauft werden? Und warum sollte dies freiwillig aufgeben werden, wenn satte Profite winken? Ohne starke kämpferische Gewerkschaften wird der Kern des Problems unangetastet bleiben.
Syndikate der FAU und IAA gehen derweil weiterhin gegen die Leiharbeit auf die Straße. In Frankfurt/Main nahmen am 9. April um die 150 Personen an einer Rallye für die Abschaffung von Leiharbeit und Hartz IV teil. Auch in Bonn, Hannover und Düsseldorf wurden Leiharbeitsbuden besucht. Einem Aufruf der CNT Zaragossa folgend, fanden am gleichen Tag Solidaritätsaktionen gegen die Entlassung einer Leiharbeiterin bei der USG People-Gruppe statt. Denn wenn die Leiharbeit boomt, muss auch die Solidarität boomen.
Thomas Winzer