ArbeiterInnen brechen am Arbeitsplatz zusammen, so dass der Notarzt gerufen werden muss. Es kommt immer wieder zu kleineren und größeren Unfällen, weil Sicherheitsbestimmungen häufig nicht beachtet werden. Wer wegen zu hoher Arbeitsbelastung protestiert, muss mit einer „kalten Kündigung“ rechnen. So steht es um die Arbeitsbedingungen bei der Leiharbeitsfirma Tabel. Im Jahr 2000 hatten die Kieler Nachrichten (KN), die Teil des Madsack-Konzerns sind, Teile ihrer Belegschaft dorthin ausgegliedert. Danach sanken die Löhne um mehr als die Hälfte, auf 6,14 Euro brutto die Stunde, die Arbeitsbedingungen verschlechterten sich schlagartig: Bezahlter Urlaub, Pausen und Höchstarbeitszeiten wurden oftmals verweigert. Den ArbeiterInnen wurde 2006 sogar verboten, am Arbeitsplatz zu sitzen, und ihnen Stühle und Stehhilfen weggenommen. Das Trinken am Arbeitsplatz wurde generell untersagt.
Versuche, einen Betriebsrat zu gründen, scheiterten daran, dass ArbeiterInnen, die sich vertrauensvoll an ver.di wandten, kurze Zeit später entlassen wurden. Die Linkspartei engagierte sich auf Bitten einiger ArbeiterInnen für die Betriebsratsgründung. Im Herbst 2009 wurde dieser dann auf den Weg gebracht. Jedoch kündigten die KN noch vor den Betriebsratswahlen den Vertrag mit Tabel. Damit würden 389 ArbeiterInnen ab Juli 2010 auf der Straße stehen.
Anstelle von Tabel sollen nun drei Leiharbeitsfirmen die gleiche Arbeit übernehmen: TMI aus Ahrensburg, die Stark-Unternehmensgruppe aus Bremen und der Mahnsen-Transportdienst aus Kiel. Mit der Neuvergabe der Werk- bzw. Dienstverträge wird es dann auch einen höheren Stundenlohn von 7,60 bis 11,40 Euro pro Stunde geben. Neue LeiharbeiterInnen sollten seit dem 1. Juni in den KN arbeiten, um eingearbeitet zu werden.
Der Betriebsrat der KN hat sich, anders als der von der Hamburger Morgenpost oder der Bergedorfer Zeitung, bisher nicht mit den Tabel-ArbeiterInnen solidarisiert. Dessen Vorsitzender, Richard Ernst, wurde bereits im März 2010 als langjähriger Vorstand des Fachbereichs Medien von ver.di Kiel-Flensburg abgewählt. Nun besteht der neu gewählte Vorstand mehrheitlich aus Tabel-Beschäftigten. Der Ausgang des Konfliktes ist noch ungewiss, aber die Maschinen stehen öfters still. Zum 30. Juni war eine Demonstration unter dem Titel „Solidarität mit den Tabel-Beschäftigten“ geplant. Auch die FAU Kiel hat sich mit den Beschäftigten solidarisiert.
Thilo Pfennig