Die Autobiografie des Durruti-Biografen Abel Paz liegt nun vollständig vor
Im Verlag Edition AV ist der letzte Band der Lebenserinnerungen des Spanienkämpfers Abel Paz erschienen. Er umfasst etwa 500 Seiten und beschreibt das Leben des Widerstandskämpfers im Spanien Francos von 1942 bis 1954. Es ist hauptsächlich die Geschichte aus den Gefängnissen, denn lange blieb Abel Paz nicht in Freiheit. Nach ihrem Grenzübertritt aus Frankreich beschafften sich er und ein Mitkämpfer in Barcelona nur zögerlich eine Schusswaffe. Ohne je eine Aktion zu machen, allein mit der Überlebenssicherung als Illegale beschäftigt, kam ihnen die Polizei auf die Spur. Nach einem mehrjährigen Gefängnisaufenthalt bloß wegen des Verdachts auf Widerstandstätigkeiten, kam er für nur knapp vier Monate als Funktionär (Verbindungsmann und Beauftragter für das Pressewesen) der anarcho-syndikalistischen Jugendorganisation in Madrid zum „Einsatz“. An Guerilla-Aktivitäten war Paz nicht beteiligt, kam dennoch abermals für einige Jahre in verschiedene Gefängnisse Spaniens. Als er zufällig die Möglichkeit hatte, Franco auf offener Straße zu erschießen, trug er seine Waffe nicht bei sich.
„Mindestens fünf Minuten lang hatte ich Franco etwa dreißig Meter vor mir. Ich war völlig verblüfft. Dort, direkt vor mir, stand der Tyrann, und ich konnte nichts tun, um das leidende Volk von ihm zu befreien. Hätte ich eine Pistole dabei gehabt, so bin ich sicher, dass Franco unter meinen Kugeln gestorben wäre.“
Er schildert sehr anschaulich die Widerstandsmöglichkeiten und Schwierigkeiten während der Diktatur, die Aufbauversuche der anarcho-syndikalistischen Bewegung, welche im Jahre 1946 allein in Barcelona über 30.000 Mitglieder in der „Confederación nacional del Trabajo“ (CNT) verfügte. Es gab lokale Streiks und Aufstände (Bilbao) sowie in den Bergen aktive Guerilla-Einheiten von Kommunisten und Anarcho-Syndikalisten. Mit Ende des Zweiten Weltkrieges gab es auch in Spanien Hoffnungen auf einen Abtritt Francos. Doch war die anarcho-syndikalistische Bewegung, wie die Jahrzehnte zuvor auch, auf sich allein gestellt. Nach seiner Entlassung wurde Paz als Delegierter der „Inlands-CNT“ zum in Paris stattfindenden Kongress der Internationalen Arbeiter-Assoziation (IAA) entsandt, blieb in Frankreich und kehrte kurze Zeit später nur noch ein Mal kurz zurück. Allein die Beschreibung dieses IAA-Kongresses stellt ein wichtiges Zeitdokument dar. Die Gefängnisse Spaniens waren gefüllt mit einem großen Anteil politischer Gefangener, davon die meisten aus der CNT, der Federación Anarquista Iberica (FAI) und der anarcho-syndikalistischen Jugendbewegung. Paz beschreibt vor dem Hintergrund der nationalen und weltpolitischen Lage nicht nur die dortigen Zustände sehr genau, sondern auch die Möglichkeiten der Gefangenenorganisation, ihre Kontakte untereinander und die Möglichkeiten und Risiken des Widerstandes. Es mangelt trotz Schilderungen staatlicher Brutalitäten nicht an humoristischen Szenen. So wollte ein bildungsarmer Gefängnispfarrer wissen, wer ein zu prüfendes Buch ins Gefängnis geschmuggelt habe und blamierte sich dabei vor allen Häftlingen. Auf seine Frage, „von wem das Buch“ sei, nannte ihm ein schadenfroher Kapo den Autoren statt den Namen des Besitzers. Zornerfüllt und sehr erregt ließ der Pfarrer daraufhin einen gewissen „Miguel de Cervantes“ zur Bestrafung ausrufen.
Paz fasziniert als Schriftsteller, Historiker und Aktivist, welcher die komplizierten Zusammenhänge dieser Epoche auf Mikro- und Makroebene flüssig zu veranschaulichen und zu analysieren weiß.
Abel Paz: Am Fuß der Mauer.
Widerstand und Gefängnis. Biographie (1942–1954).
Verlag Edition AV,
19,50 Euro
ISBN 978-3-86841-033-4
Interview mit Torsten Bewernitz und Gabriel Kuhn.
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