Betrieb & Gesellschaft

„Sind Männer nur Frauen mit Eiern?“

DIW-Studie belegt Geschlechterstereotypen und Intransparenz bei Löhnen. Ein Kommentar

„Sind Männer nur Frauen mit Eiern?“ Diese Frage, die Carry Bradshaw in Sex and the City zu beantworten versucht, stellt sich mitunter wohl auch Familienministern Christina Schröder. Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen seien schließlich „nicht das Ergebnis bewusster, schenkelklopfender Diskriminierung“, weiß Schröder.

Die aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zur Einkommensgerechtigkeit weist hingegen sehr deutlich auf die Folgen von Geschlechterstereotypen und Intransparenz bei der Entlohnung hin.

Ob als Zuverdienerinnen, Teilzeitkräfte oder in Führungspositionen: Frauen verdienen bundesweit 23% weniger als Männer. Die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen werden gemeinhin als ungerecht wahrgenommen, denn schließlich soll ja gleicher Lohn für gleiche Arbeit gelten. Die Forderung der Politik lautet jedoch: gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit.

Ähnlich wie ein nachwachsender Rohstoff wird die meist von Frauen verrichtete, reproduktive Arbeit als unbegrenzt und ständig verfügbar betrachtet. Wenn es sich bei Kinderbetreuung oder Hausarbeit also um eine „natürliche“ Tätigkeit handelt, die keinen eigenen Wert aufweist, ist die Arbeit auch nicht gleichwertig und muss folglich auch nicht (gleich) bezahlt werden.

Frauen konzentrieren sich außerdem häufiger auf Branchen mit niedrigem Verdienstniveau, sie machen seltener Karriere, unterbrechen öfter das Erwerbsleben oder arbeiten vermehrt in Teilzeit, weil sie sich um die Familie kümmern. All das kann einen Teil des starken Lohngefälles begründen. Statistisch lässt sich aber nur ein Drittel der Einkommenslücke so erklären. Bei den restlichen zwei Dritteln drängt sich der Gedanke auf: Es hat tatsächlich mit Eiern zu tun!

Maßnahmen von Politik und Gewerkschaften, wie z.B. die niedrige Bewertung bestimmter Branchen in Tarifverträgen oder das Ehegattensplitting, verstärken die Ungleichheit zugunsten von Besserverdienenden und Männern. Kein Zufall, ist doch unbezahlte und unterbezahlte Arbeit eine Bedingung für den Kapitalismus.

Julia Hoffmann

Redaktion

Die Redaktion der Direkten Aktion.

Share
Veröffentlicht von
Redaktion

Recent Posts

Syndikalismus für das 21. Jahrhundert II

Interview mit Torsten Bewernitz und Gabriel Kuhn.

13. November 2024

Syndikalismus für das 21. Jahrhundert

Der revolutionäre Syndikalismus, wie wir ihn kennen, gehört vielleicht der Vergangenheit an. Damit er überleben…

23. Oktober 2024

Aber es braucht viele.

Rezension zum Buch der Sanktionsfrei e.V. Gründerinnen über Bürgergeld, Armut und Reichtum.

9. Oktober 2024

Arbeiter:innen für die Zukunft des Planeten

Arbeits- und Klimakämpfe verbinden - zum neuen Buch von Simon Schaupp und dem Film Verkehrswendestadt…

2. Oktober 2024

Back to Agenda 2010?!?

Alter Chauvinismus oder die Kehrtwende in eine neue Fürsorglichkeit.

31. August 2024

Marxunterhaltung und linker Lesespaß

Rezension zu „Die kleinen Holzdiebe und das Rätsel des Juggernaut“

24. August 2024