Arbeitsbedingungen von KleindarstellerInnen und Komparsen in der Filmindustrie | Teil I
Während die Bedingungen für KleindarstellerInnen erwartungsgemäß weder rosig sind noch besser werden, beklagen mittlerweile sogar SchauspielerInnen vermehrt die schlechter werdenden Konditionen. So klagt der Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler (BFFS) über aufkommende „Dumpinglöhne“ und immer niedrigere Gagen – und hat deswegen eigens eine Kampagne initiiert. Die Gagen der SchauspielerInnen liegen zwar noch bei stolzen 300 bis 350 Euro am Tag, jedoch seien Vorbereitung und Nachbereitung, Pressearbeit und Ähnliches unbezahlte Tätigkeiten und die Abzüge noch nicht inbegriffen. Ebenso haben SchauspielerInnen generell nur temporäre Arbeitsverhältnisse und keine Einkommensgarantien in Form permanenter Filmarbeit. Während SchauspielerInnen also mit dem Risiko ihres Berufes leben müssen und dabei ausgesprochen gut oder ausgesprochen schlecht wegkommen, so bleibt Komparserie ein Berufsfeld, das zur Nebentätigkeit prädestiniert ist.
Filme und Serien werden am laufenden Band produziert. Hinter dem oftmals so hellen Schein eines Filmdrehs verbirgt sich knallhartes Workflair, bei dem v.a. die Akteure hinter der Kamera und die Komparsen industriell zu funktionieren haben. Vielen sollte schnell klar werden, was sie sind am Drehort – ein Rädchen im Produktionsprozess. Komparsen sind per Definition „Film- und Fernsehschaffende, deren darstellerische Mitwirkung die filmische Handlung nicht wesentlich trägt und die ihr kein eigenpersönliches Gepräge gibt“. Vermittelt über Agenturen, aber unverbindlich in der Auftragsannahme, bewegen sich KleindarstellerInnen und Komparsen zwischen Tagelöhnertum und Selbstständigkeit. Die Stimmung am Set bewegt sich auf einer dünnen Linie zwischen Familienbande und Kastensystem. Auch der Umgang mit Komparsen variiert unter den jeweiligen Bedingungen der Produktion und kann vom respektvollen Umgang bis zum Rumkommandieren reichen. Auf welcher Stufe man in der Hierarchie am Set steht, daran aber wird stets kein Zweifel gelassen.
Gerade bei Serienproduktionen ist die Segregation der Hierarchien besonders spürbar. Komparsen stehen nur mickrige Ruheräume zur Verfügung, sie haben oftmals keine Verpflegung außer Getränken und kennen ständige Wartezeiten, in denen man auf Abruf bereit sein muss, ohne besonders integriert zu sein. Für die Filmteams bedeutet das permanente Fluktuation, für die Komparsen permanente Flexibilität, und zwar nicht im Sinne der Darstellung, sondern der zeitlichen Einsetzbarkeit. Hinzu kommen Anonymität und Vereinzelung aufgrund der ständig neu zusammen gewürfelten Komparsen-„Belegschaft“.
Nun ist dieser Ablauf der meist unumgängliche Alltag eines Filmdrehs. Die Komparsen kriegen oft nur das klarer zu spüren, was auf allen lastet: Stress, Zeitdruck und zu geringe Budgets. Doch entscheidend ist die Eigen- und Fremdwahrnehmung der Komparsen und KleindarstellerInnen. Denn trotz allem sind sie ein ebenso unverzichtbarer Bestandteil des Produkts „Film“ und sollten ihre Rolle als MedienarbeiterInnen realisieren. Gerade deren häufig naive und verklärende Herangehensweise und damit die geringe Reflexion des Berufsstandes machen das immer weitergehende Drücken von Gagen und Zuschlägen – aber auch deren Intransparenz – erst möglich.
Mit der Erosion der Gagen, der problematische Stellung von Komparsen im Arbeitsablauf, der Verteilungsfrage und Handlungsoptionen beschäftigt sich der nächste Teil in der kommenden DA.
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