Auf der Balkan Anarchist Bookfair dominierten die Erfahrungsberichte über staatliche und faschistische Gewalt. Ein Bericht.
Am ersten Tag stellte ein Genosse aus Deutschland, der in Novi Sad lebt, die Anti-Atom-Bewegung in Deutschland vor, besonders im Hinblick auf die Aktionen gegen den Castor-Transport. Danach wurde thematisch umgeschwenkt und sich dem schwierigen Thema der Belgrade Pride Parade gewidmet, insbesondere der Frage, was anders gemacht werden sollte. Schließlich läuft dieses politisch-kulturelle Zeichen gegen Homophobie und heteronormativen Sexismus Gefahr, jedes Jahr in einer faschistischen Machtdemonstration unterzugehen; längst haben sich die gewalttätigen Ausschreitungen der Rechten am Rande der Parade zu einem Groß-Event der FaschistInnen etabliert. So stellten sich mehrere Fragen: Was ist falsch gelaufen, wie kann Solidarität in diesem Fall praktisch ausgedrückt werden, war das Ergebnis eine „Kapitulation” gegenüber dem Staat und den Liberalen, sollten Anarchisten mehr präsent und bereit sein, den 5.000 FaschistInnen auf der Straße gegenüberzutreten? Fragen, die es bis zur nächsten Belgrade Pride Parade noch in vielen Zusammenhängen zu klären gilt – die BAB könnte dazu beigetragen haben. Dieser Diskussion folgte ein Vortrag eines schon etwas älteren linksradikalen Aktivisten, einem Mitglied der Gruppe „Praxis“ in den 90er Jahren und heutigem Mitarbeiter in dem Kulturzentrum, das die Messe beherbergte. Er referierte über Repression und Widerstand in Ex-Jugoslavien in den letzten dreißig Jahren aus seiner persönlichen Perspektive und wagte zudem eine Einschätzung des Problems des Faschismus in Serbien und dessen Ursprung. Nach einem geschichtlichen Rückblick auf die Repression, die er als Aktivist in den 90er Jahren erlebt hat, ging er auf die alltägliche Probleme ein, mit denen er sich heute aufgrund des neoliberalen Triumphes auseinandersetzen muss, insbesondere den Angriffen auf die Lebensbedingungen im Zuge von Entlassungen.
Überhaupt Repression und Gewalt – aus allen Ecken Europas wurde über die Gefahren politischer Aktivität aus Sicht der AnarchistInnen berichtet. Ein Genosse aus Russland berichtete am zweiten Tag der Messe sehr ausführlich über die Antifa-Aktivitäten in Russland. Diesem ersten Thema des Tages folgte denn auch ein Solidaritätsaufruf für die GenossInnen, die in den Aktionen zum Schutz des Khimki-Waldes festgenommen wurden, als sie gegen dem Bau der Autobahn Moskau–Sankt Petersburg demonstrierten. Die anschließende lebhafte Diskussion bezog alle relevanten Themen ein: Nazi-Gruppen und ihre Verbindung mit Staat und Polizei, Antifa-Aktionen und ihre Verbindung zu anderen Kämpfen, Macho-Verhalten, Homophobie und Identitäts- /Rollen-Themen in Antifa-Gruppen.
Schließlich endete die Balkan Anarchist Bookfair mit vier Beiträgen aus Griechenland über Migration und Krise in Europa, Ernährung und Energie, die Kämpfe der Zapatistas heute und das Experiment der Selbstverwaltung in einer besetzten Schule. Wer Griechisch lernen möchte, kann hier anfangen: http://sxoleio12.wordpress.com.
Leonidas Halkidis
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