Des letzten Rätsels Lösung: Internationaler Hurentag, ein Teil des Kampfes für Anerkennung und Gleichstellung
Der „Internationale Hurentag“ ist kein Ereignis oder Gedenktag, der einfach so entstand. Er hat eine lange Vorgeschichte, in der SexarbeiterInnen weltweit um Rechte und Anerkennung ihres Gewerbes kämpften. So kam es im Jahre 1973 zu den ersten selbstbewussten und organisierten Aufbrüchen der Prostituierten nach dem Zweiten Weltkrieg – und zwar in Schweden, Italien und den USA. Prostituierte traten zum einen in Selbsthilfegruppen an die Öffentlichkeit, zum anderen entstanden Kollektive, in denen Prostituierte zusammen mit „anderen“ Frauen gegen die rechtliche und soziale Diskriminierung von Prostituierten zu kämpfen begannen.
In Frankreich kam 1975 es zu einem unerwarteten, landesweiten Streik der Prostituierten, in dem Kirchen besetzt wurden. Zum ersten Mal erzwangen sich Prostituierte die Aufmerksamkeit der gesamten Bevölkerung und erregten auch weit über ihre Landesgrenzen hinaus Interesse. Sie verlangten, als „Frauen wie jede andere auch“ betrachtet und behandelt zu werden. Sie „versteckten“ sich nicht mehr, sondern forderten unter dem Motto „Der Staat ist der größte Zuhälter“ die Aufhebung der diskriminierenden und disziplinierenden Gesetze. Der Zorn der französischen Prostituierten auf den Staat und seine Organe wuchs in den ’70er Jahren unaufhörlich: Einerseits wegen einer Vielzahl unaufgeklärter Morde an Prostituierten; andererseits aufgrund der verstärkten „Verfolgungsjagd“ der Polizei auf Prostituierte mittels Bußgeldbescheiden, die mit der Begründung von „zur Unzucht auffordernden Verhaltens“ verteilt wurden. Hinzu kam, dass die Polizei auf ein altes Gesetz zurückgriff, nachdem Personen, die in einem Jahr mehrmals wegen des gleichen Deliktes zu Bußgeld verurteilt worden waren, mit einer Haftstrafe belangt werden konnten. Gleichzeitig erhielten Prostituierte Steuerbescheide, die nach einem fiktiven Durchschnittseinkommen berechnet worden waren und oftmals auf mehrere Jahre rückwirkend ausgestellt wurden. Aufgrund dieser zunehmenden polizeilichen Repression kam es in Lyon im Frühjahr 1975 zu internen Prostituiertentreffen, denen auch solidarische Männer und Frauen beiwohnten. Die Prostituierten erstellten einen Forderungskatalog und traten mit Aktionen an Öffentlichkeit; eine von ihnen nahm z.B an einer Diskussionsrunde über Prostitution im Fernsehen teil. Nachdem in Lyon die ersten Verhaftungen stattgefunden hatten sowie immer mehr Frauen Haftbefehle und Steuerbescheide erhielten und viele Beschwerden auf bürokratischem Wege erfolglos blieben, beschlossen sie eine Gegenaktion, die zum Zuhören und Reagieren zwingen sollte. Rund 150 Prostituierte besetzten am Morgen des 2. Juni 1975 eine Kirche im Zentrum von Lyon. Sie forderten die sofortige Aufhebung der Haftstrafen von Prostituierten und die Einstellung der Verhängung von Bußgeldbescheiden. Auf dieses Ereignis geht der „Internationale Hurentag“ zurück.
Seit diesem Tag demonstrieren SexarbeiterInnen weltweit jährlich gegen Diskriminierung ihres Gewerbes und verteilen Kondome, Informationen für alle sowie Ratschläge für Freier.
Seit 2001 gilt ein roter Regenschirm als Symbol des Widerstandes gegen Unterdrückung und Diskriminierung. Neben dem „Internationalen Hurentag“ gibt es auch den „Internationalen Tag für die Rechte von Sexarbeitern“, der jedes Jahr am 3. März stattfindet.
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