Im Oktober erschien die Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung „Die Mitte in der Krise“, welche die steigende Zustimmung zu rechten Positionen in der breiten Bevölkerung erneut offenlegte. Soweit, so bekannt. Die Studie bietet aber mehr als bloß Zahlen, die die Medien zumeist oberflächlich aufgreifen. Trotz der Verwendung des schwierigen „(Rechts-)Extremismusbegriffs“, findet zu Anfang der Studie immerhin eine angemessene Auseinandersetzung mit dieser Begrifflichkeit statt. Auch überzeugt die Studie durch theoretische Hintergründe, zieht den „autoritären Charakter“ und Faschismusanalysen heran. Für die staatlich forcierte, unwissenschaftliche Extremismustheorie von Backes, Jesse, VS und Co. Bedeutet die Studie eine gehörige Klatsche. Zu sehr sind diese darum bemüht, eine brave Mitte und böse Ränder zu konstruieren.
Bereits in den 1950er-Jahren hatte der Soziologe Seymour Martin Lipset mit seiner Theorie des „Extremismus der Mitte“ weitreichende Erklärungsmuster für den Aufstieg des Nationalsozialismus liefern können. Eben gerade in der „Mitte“ der Gesellschaft bestehe der Nährboden für faschistische, xenophobe und nationalistische Tendenzen. Die aktuelle Studie zeichnet wiederholt ein ernüchterndes Bild: Soziale Deprivation, der immanente autoritäre Charakter in der Gesellschaft und eigene Angstkompensationen – in Zeiten der Krise sind die Menschen anfälliger denn je für rechtes Gedankengut.
Ein extremer Eugeniker wie Thilo Sarrazin schreibt einen Bestseller. Laut einer Emnid-Umfrage würde jeder 5. Deutsche seine Partei wählen, wenn er doch nur rechts von der SPD eine gründen würde. Und dennoch folgt dem großen Schock der demokratischen Mitte in kürzester Zeit wieder die Geschichtsvergessenheit. Typisch deutsch? Knapp einen Monat später schrieb im Übrigen ein SPD-Bürgermeister aus Krauschwitz in Sachsen-Anhalt, das ein NPD-Parteitag „beinahe so aussähe, wie ein SPD-Parteitag“. Na, da kann man doch sagen: Willkommen in der Mitte!
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