Verfassungsschutz plant Spitzeloffensive
Unter dem Projekt-Titel „Verstärkte Aufklärung der gewaltbereiten Szene durch menschliche Quellen“ möchte der deutsche Verfassungsschutz (VS) verstärkt Spitzel in die linke Szene schleusen. Zur Begründung gab man an, es wäre in jüngster Zeit zu einem vermehrten Auftreten von „linksextremer Gewalt“ gekommen.
Im Rahmen weiterer Maßnahmen zur Bekämpfung linker Dissidenz soll außerdem die „Analysekompetenz“ des Inlandsgeheimdienstes stärker genutzt werden. Details wurden zur Verschlusssache erklärt. Bekannt gegeben wurde nur, dass die Umsetzung dieser ominösen „weiteren Maßnahmen“ in einer Koordinierungsgruppe besprochen wird, die vom BKA geleitet wird und der auch die Verfassungsschützer aus Bund und Ländern, die Landeskriminalämter und die Bundesanwaltschaft angehören.
Bestätigt wurde auch die Einführung einer EU-weiten Datei, die Daten über linke AktivistInnen sammelt, die z.B an Gipfeltreffen und anderen, sich außerhalb ihrer Landesgrenzen befindlichen Protesten teilnehmen. Im VS-Jargon werden diese AktivistInnen kurz „reisende Gewalttäter“ genannt.
Während die EU-Kommission nur „Gewalttäter“ speichern möchte, über die bereits eine Kriminalakte existiert, drängt die deutsche Bundesregierung auch auf ein Dossier, das Daten über Linke sammelt, gegen die lediglich ein Verdacht besteht. (AL)
Telefonüberwachung bei H&M
Nach ver.di-Informationen besteht bei der Textilhandeskette Hennes & Mauritz (H&M) die Möglichkeit, unerkannt Gespräche von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abzuhören. Mit der Betätigung einer Tastenkombination bei Anrufen sei eine akustische Raumüberwachung möglich, ohne dass dies der angewählte Anschluss verhindern oder bemerken könne. Auf diese Weise sei es auch möglich, Gespräche in den Betriebsbüros bzw. der Beschäftigten an ihren Arbeitsplätzen abzuhören. Nun erwirkte der Gesamtbetriebsrat von H&M im März eine einstweilige Verfügung auf Unterlassung beim zuständigen Arbeitsgericht. In der Filiale Berlin Friedrichstraße hatte man bereits 2004 auf die Möglichkeit der Telefonüberwachung hingewiesen. Damals sei man als „paranoid“ abgetan worden, so der Betriebsrat. (AL)
Neusprech für Vorratsdatenspeicherung
Obwohl das Bundesverfassungsgericht das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung vor einem Jahr für rechtswidrig erklärt hat, gilt eine entsprechende EU-Richtlinie weiterhin. Diese will die Bundesregierung weiterhin umsetzen. Der neue Innenminister schlug nun Anfang April eine neue Sprachregelung vor: „Mindestdatenspeicherung“. Denn in weiten Teilen der Bevölkerung sei die verdachtsunabhängige Generalüberwachung der Vorratsdatenspeicherung negativ belegt. (AE)
Das iPhone speichert Geodaten
Das iPhone speichert regelmäßig den genauen Standort des Telefons in einer Datenbank, was die Erstellung von Bewegungsprofilen ermöglicht. Bislang war der Umfang der Daten unklar, da die Herstellerfirma Apple keine Angaben machte. Allerdings wurde jetzt die Datenbank im iPhone von zwei Softwareentwicklern entdeckt.
Apple gründet die Datenerhebung auf eine Änderung der Nutzungsbedingungen im Sommer 2010, die dem Unternehmen und seinen „Partnern und Lizenznehmern“ das Recht einräumt, „präzise Standortdaten“ „erheben, nutzen und weitergeben“ zu dürfen. Apple hat bislang weder zum Umfang, zur Art der „Anonymisierung“ der Daten oder zu deren Weitergabe Angaben gemacht. So ist nicht bekannt, inwiefern die Datensätze Rückschlüsse auf einzelne Personen zulassen, oder die Praxis gegen geltendes Recht verstößt.
Außerdem werden die Daten bei der Synchronisierung des iPhones mit dem Computer automatisch und unverschlüsselt an diesen übertragen, was laut Datenschützern nicht dem Stand der Technik entspreche und ein Sicherheitsrisiko darstellt. Auch andere Firmen nutzen derartige Daten zur Erstellung von Bewegungsprofilen. (DC)
Die Mauer um Europa wächst
Die EU-Kommission will die Kompetenzen der europaweiten Grenzpolizei Frontex ausbauen. So soll diese nach Plänen der Kommission u.a. die Überwachung der europäischen Häfen übernehmen, personenbezogene Daten verarbeiten, um „Menschenhandel“ zu bekämpfen, und dazu mehr Geld erhalten. Außerdem soll ab 2013 das Eurosur-System die Überwachung der EU-Grenzen verschärfen, insbesondere um Migration im Mittelmeerraum zu verhindern (siehe dazu S. 10). Dazu sollen Drohnen, Satellitenaufklärung und die Auswertung von Migrationsströmen miteinander verknüpft werden. (DC)
Öffentliche Hand unterstützt Rüstungskonzern
Internationale Solidarität wird in Kreisen der „Sicherheitskräfte“ schon lange groß geschrieben. Wie das MDR-Magazin Fakt Anfang April berichtete, sind seit Jahren Angehörige der Bundespolizei im Auslandseinsatz, um Saudi-Arabien bei der Grenzsicherung zu unterstützen. Konkret geht es um die Schulung Einheimischer an modernen Grenzanlagen; dafür erhalten die Beamten „Auslandszulagen“ aus einem Fonds des börsennotierten Rüstungskonzerns EADS, und zwar über den Umweg der bundeseigenen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. All dies, so das MDR-Magazin, ohne rechtliche Grundlage.
Hintergrund ist der Aufbau umfassender Überwachungssysteme entlang der Grenzen des autokratischen Wüstenstaats, für den EADS 2009 den Zuschlag erhielt. Das Projekt zählt neben den Airbus-Aufträgen zu den größten „Programmen“ des Konzerns, an dem u.a. die Daimler AG einen Großteil der Aktien hält. Das saudische Königreich kennt kein Recht auf Streik. Besonders prekär ist die Lage von Millionen ausländischer ArbeiterInnen, v.a. aus dem asiatischen Raum: Wer sich wehrt wird „zurückgeführt“. Dennoch soll es im April zu massiven Streikbewegungen gekommen sein. Ob davon auch EADS betroffen ist, wurde nicht bekannt. (AE)