Ohne Frage, wir befinden uns inmitten einer Zeitenwende. Das Wirtschaftssystem wackelt, und an einigen Ecken droht es gar zu kollabieren. Mit den aktuellen Entwicklungen etwa in Spanien und Griechenland (siehe Spanische Revolution? und Schlaglichter aus Griechenland) besteht sogar eine kleine Hoffnung, dass der revolutionäre Funke von Nordafrika auf Europa überspringen könnte – gleichwohl die Situationen dies- und jenseits des Mittelmeers nur schwer zu vergleichen sind. Inwieweit sich diese Tendenzen fortsetzen und ob sich mit ihnen auch eine reaktionäre Gegenbewegung aufschwingen wird, lässt sich zurzeit schwer sagen.
Sicher aber ist schon jetzt, dass das Jahr 2011 bleibende Spuren hinterlässt. Ob das auch auf Deutschland zutreffen wird, bleibt jedoch fraglich. Eine erstaunliche Friedhofsruhe herrscht hierzulande. Warum sich hier keine andere Entwicklung zeigt und warum in einem Land wie Ungarn in der Krise sogar die faschistische Reaktion marschiert (siehe Der imaginierte Fisch), wird in nächster Zeit verstärkt zu diskutieren sein, wenn wir nicht weiter von den Entwicklungen überrascht oder überrollt werden wollen.
Um das Stellen von Weichen ging es denn auch auf dem alljährlichen FAU-Kongress, der wie gewohnt zu Pfingsten tagte. Von Bedeutung dürfte hier die Neuausrichtung der Kampagne „Finger weg vom Streikrecht!“ sein. Nachdem die Initiative zur gesetzlichen Wiederherstellung der Tarifeinheit – auch durch einen Wirbel gewerkschaftlicher Solidarität über Organisationsgrenzen hinweg – vorläufig gescheitert scheint (siehe Kleinlautes Abrücken von der BDA), gilt es nun, offensiv für eine Ausweitung des bisher kläglichen Streikrechts in der BRD einzutreten. Zugleich wird man auch mögliche weitere Angriffe auf das Streikrecht im Blick haben müssen. Denn solche liegen derzeit in der EU voll im Trend (siehe Streikrecht im Brennpunkt). Von Interesse ist daher sicherlich auch, welche betrieblichen Freiräume bereits in der Gegenwart möglich sind. Die FAU zumindest wird nun auch die Möglichkeiten libertär-ökonomischer Strukturen im Rahmen ihrer Gewerkschaftsstrategie ausloten (siehe Die guten Unternehmen).
Im Mittelpunkt dieser Ausgabe steht aber ein eher kurioses Thema. Sommerlaune und Bewegungsdrang haben uns darauf eingestimmt, einmal den Blick auf die sportive Seite der Gesellschaft zu richten. Das bunte Treiben auf den Sportplätzen ist schon lange nicht mehr nur ein schöner Zeitvertreib, es ist inzwischen Teil einer beachtlichen Ökonomie, die ganze sozioökomische Umfelder prägt und in der sich ebenso Interessenkonflikte abspielen. Dass dies auch größere politische Dimensionen hat, zeigt schon der Blick in die Geschichte, etwa auf die historische Arbeitersportbewegung oder die Gegenolympiade in Barcelona zu den Spielen im nationalsozialistischen Berlin 1936. Vieles Interessantes über die andere, weniger unterhaltsame Seite des Sports haben wir euch deshalb mit dieser Ausgabe zusammengestellt.
Viel Spaß beim Lesen! Auch wenn es sich nicht immer um erfreuliche Dinge handelt.
Holger Marcks (Redaktion Globales)
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