Neuigkeiten aus der Rubrik „Kontrolle, Überwachung, Einschüchterung“
Ein üblicher Vorgang der Polizei zur Überwachung (u.a.) politischer Aktivistinnen und Aktivisten ist die Ortung der Zielperson über das Handy. Auf Drängen und Antrag der Partei Die Linke veröffentlichte die Landesregierung Nordrhein-Westfalen erstmals Zahlen. Demnach wurden im Jahr 2010 genau 2644 Menschen per Handy-Ortung überwacht. Rund 250.000 Ortungsimpulse wurden in Form einer SMS verschickt, um die Zielperson aufzuspüren. Im Jahr 2009 sollen es sogar 320.000 Impulse gewesen sein.
Zu verwechseln ist die Handy-Ortung per Impuls nicht mit der Funkzellenauswertung, wie sie beim Naziaufmarsch in Dresden angewendet wurde (die DA berichtete). Während in Dresden in erster Linie auf breiter Fläche Daten gesammelt wurden, wird mit der Ortung zielgerichtet vor allen Dingen der Ort, an dem sich die betreffende Person gerade aufhält, ausgemacht. Durch das kontinuierliche Versenden von SMS lässt sich der Observierte sogar in quasi Echtzeit verfolgen.
Die Mobilfunk-Ortung hat für den Überwachungsapparat den Vorteil, juristisch nicht gegen das Recht auf Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis zu verstoßen, da es sich nicht um einen Akt der Kommunikation handelt. Voraussetzung zur möglichen Ortung laut Behörden ist allerdings der Umstand, dass das Handy eingeschaltet ist.
Die deutsch-britische Spitzelausleihe gehört zu den aktivsten innerhalb der EU. Allein beim G8-Gipfel in Heiligendamm infiltrierten 13 Spitzel aus Großbritannien die Bewegung. Aktuell prominentester Fall ist der Brite Mark Kennedy, der unter dem Namen „Mark Stone“ auch in Berlin Straftaten begangen hat. 2007 wurde gegen ihn wegen Brandstiftung ermittelt. Das Verfahren wurde jedoch eingestellt. Weshalb es eingestellt wurde, ist nicht klar. Beobachter vermuten einen Deal zwischen Staatanwaltschaft und Kennedy, der weitere politisch Aktive denunziert haben könnte.
Die Taktik von Spitzeln wie Kennedy ist perfide: Zuerst stiften sie die politisch Aktiven zu einer strafbaren Tat an, dann geben sie ihren Vorgesetzten den entscheidenden Hinweis, um die in die Falle getappten auf frischer Tat dingfest machen zu können. Kennedy scheute auch nicht davor zurück, sich selber einer Anklage auszuliefern, um weiter an seiner „Legende“ stricken zu können. Von einer Verurteilung hatte Kennedy auch deshalb nichts zu befürchten, da diese unter falschen Namen stattgefunden hätte. Noch unter Eid behalten viele Schnüffler ihre falsche Identität bei und schaffen es dadurch sogar noch, die Verteidigungsstrategien der Juristinnen und Juristen auszuforschen, die sich der Sache der politisch Aktiven angenommen haben.
In ihrem „Transparency Report“ legte die Internetplattform Google jüngst Daten vor, die einen deutlichen Anstieg von Anfragen nach Nutzerdaten durch deutsche Behörden dokumentieren. Laut des Berichts sind 1800 Google-Accounts betroffen. Allein im ersten Halbjahr 2011 wurden mehr als tausendmal Nutzerdaten durch die deutschen Behörden abgefragt. Darunter seien auch Profildaten von Nutzern der Google-Videoplattform YouTube gewesen.
Google veröffentlichte auch Statistiken über juristische Versuche aus Deutschland, Inhalte im Internet zu entfernen. Demnach gab es 125 Anfragen, insgesamt 2405 Inhalte zu löschen.
Im Zuge der Entwicklung der deutschen Variante einer staatlichen „Schnüffelsoftware“ gab es laut Spiegel Online eine Anfrage deutscher Behörden beim FBI. Die Ermittlungsbehörde aus den USA hatte bis dorthin erfolgreich mit einem Programm namens CIPAV operiert. Deutsche Behörden zeigten offenbar Interesse an einem Austausch von Überwachungstechnologie mit den US-Amerikanern, speziell der Technologie der CIPAV-Software. Das belegt eine öffentlich gewordene Mail eines US-Ermittlungsangestellten, wie Spiegel Online berichtete.
CIPAV kann über präparierte Websites in fremde Rechner eindringen und dort unbemerkt nicht nur die Kommunikation der Zielperson auskundschaften, sondern auch auf sämtliche andere Daten Zugriff bekommen. Dabei werden Sicherheitslücken im Webbrowser der ausgekundschafteten Person genutzt.
Nachdem Google+ auf die Bühne der sozialen Netzwerke getreten ist und Facebook ordentlich Konkurrenz macht, nicht zuletzt dadurch, dass sie ordentlich bei ihrem Konkurrenten kopiert haben, hat Facebook-Gründer Mark Zuckerberg mit einigen Neuerungen nachgezogen, die unter dem Aspekt „big brother is watching you“ nicht ganz unerheblich sind. Mit der neuen Funktion Timeline protokolliert Facebook minutiös alles, was der User auf Facebook macht, in chronologischer Reihenfolge. Dein Leben auf einem Blick. Freunde, Kommentare, Profilbilder, Vorlieben und Interessen – bei Facebook werden sie für die Nachwelt archiviert. Willigt der Nutzer bloß ein, wird beispielsweise das Abspielen eines Liedes oder das Verlinken einer Nachricht in der Timeline vermerkt. Das Ganze kommt einem Museum gleich, das der User noch zu Lebzeiten von sich selbst einrichtet. Doch will man das? Und wenn man das jetzt will, will man das auch noch in zehn Jahren? Und nehmen wir dem Verfassungsschutz nicht alle Arbeit ab, wenn wir sämtliche Informationen über uns selbsttätig und freiwillig öffentlich im Internet für alle einsehbar zur Verfügung stellen?
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