Die Drogeriekette Schlecker ist pleite. Zur Diskussion steht auch die Umwandlung in eine Genossenschaft
Die Schlecker-Pleite ist ein Medienthema. In der Regel geht es dabei um das Vermögen, das die Familie Schlecker verloren habe. Die Beschäftigten kommen in der Berichterstattung kaum vor. Sie aber haben das Vermögen der Familie Schlecker jahrzehntelang durch ihre Arbeitskraft vermehrt. Und diese mussten sie bei dem Discounter besonders billig verkaufen. Denn zum System Schlecker gehörten Niedriglohn, Bespitzelung und Mobbing der Beschäftigten, meistens Frauen, und der Versuch, die Läden gewerkschaftsfrei zu halten. Mit der Schlecker-Kampagne wurde das System Schlecker bundesweit zu einem Inbegriff für Niedriglohn und Ausbeutung.
Dennoch versuchte das Management bis in die Gegenwart, ihre Mitarbeiterinnen möglichst billig auszubeuten. So wurden noch 2010 viele Schlecker-Läden geschlossen und die Mitarbeiterinnen entlassen. Sie sollten bei den neu zu errichtenden „XXL-Läden“ zu wesentlich schlechteren Arbeitsbedingungen wieder angestellt werden. Aber zu Schlecker gehört auch der jahrzehntelange Widerstand der Verkäuferinnen, die die Schlecker-Kampagne ebenso getragen haben, wie die erfolgreiche Abwehr der XXL-Niedriglohnsphäre.
Von dem Selbstbewusstsein der Mitarbeiterinnen zeugt auch die Erklärung vieler Kolleginnen: „Wir sind nicht Schlecker – wir arbeiten nur dort“. Damit setzen sie sich von einer Identifikation mit der Firma ab, die bei MitarbeiterInnen in Krisenzeiten oft zu vernehmen ist. Dieses Selbstbewusstsein zeigt sich auch in der gegenwärtigen Diskussion, Schlecker als Genossenschaft der Belegschaft weiterzuführen. „Wir können es besser, denn wir wissen, was die KundInnen in den Läden wirklich nachfragen“, ist etwa als Argument zu hören. Soviel Selbstbewusstsein ist der Hauptverwaltung von ver.di aber nicht genehm. „Die Diskussion über eine Genossenschaft spielt bei uns keine Rolle“, erklärte eine Pressesprecherin. Damit ignoriert sie die Debatten, die es durchaus auch in Unterbereichen der Gewerkschaft, etwa bei ver.di-Stuttgart, gibt, wo die Diskussionsanregung der Verkäuferinnen nicht komplett ignoriert wird.
Allerdings kann eine Umwandlung in eine Genossenschaft nicht unproblematisch sein. Der Berliner Arbeitsrechtler Benedikt Hopmann macht zu Recht darauf aufmerksam, dass den Verkäuferinnen nicht zuzumuten ist, aus ihren Löhnen Angespartes in die Genossenschaft zu legen, um ihre Arbeitsplätze zu retten. Die Verkäuferinnen haben deshalb einen anderen Vorschlag. Sie fordern einen „Wulff-Kredit“. Ihre Begründung: Wenn der Spitzenpolitiker für seinen Hausbau zinsgünstige Kredite erhalten hat, warum dann nicht auch die Genossenschaft? Dass man ohne Druck nichts erreichen wird, wissen die Kolleginnen aber auch.
Eine Genossenschaft der Beschäftigten kann auch nicht in das deutsche Vereinsrecht gepresst werden. Sie muss aus der Belegschaft und solidarischen UnterstützerInnen aus dem Bereich den KundInnen und den BewohnerInnen der Nachbarschaften entstehen. Das Projekt Strike Bike – zumindest zu Beginn – könnte hierfür ein kleines Vorbild sein. Auch dabei standen von Anfang an UnterstützerInnen mit Rat und Tat zur Seite. Auch die KollegInnen von Schlecker sollten nicht der Kapitallogik unterworfen werden, nach der sie bei einer Insolvenz möglichst widerspruchsfrei weiterarbeiten sollen, damit ein Kapitalist an der Vernutzung ihrer Arbeitskraft Interesse findet.
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