Gianni, in welche Richtung geht die Krise?
Es deutet vieles darauf hin, dass es ab September zu einer weiteren Beschleunigung der Krisendynamik kommt. Dabei könnte es sehr wohl der sich abzeichnende Staatsbankrott Griechenlands sein, der als Katalysator für eine ganze Reihe von Brandherden dient. Schon jetzt gibt es nicht mehr genug Daumen, um all die Löcher zu stopfen, die sich aus Sicht des globalen Kapitals und der Regierungen ständig im morschen Gebälk auftun. Und das nicht nur in der Euro-Zone sondern weltweit.
Welche kurzfristigen wirtschaftspolitischen Maßnahmen wären aus gewerkschaftlicher Perspektive wünschenswert?
Keine. Welches Interesse sollten wir daran haben, dem maroden System mit Vorschlägen zur Seite zu springen, wie es sich retten könnte? Die Rezepte der europäischen Regierungen haben diese durch die EZB im August verkünden lassen: Deutliche Lohnabsenkung zunächst in der europäischen Peripherie, Minimierung der Arbeitslosenunterstützung, Aushebelung von Kündigungsschutz. Bei diesem Folterkasten für die ArbeiterInnen der südlichen EU-Länder würde es nicht bleiben. Staat und Bosse würden diese als Keule benutzen, um uns alle anzugreifen. Das ist die Logik des Kapitals. Da gibt es keine Vermittlung. Dieses System muss beseitigt werden, oder es stürzt uns alle in die Barbarei.
Und welche Perspektiven für die Gewerkschaftsarbeit ergeben sich in der Krise?
Auf der einen Seite werden wir alle Hände voll damit zu tun haben, die Angriffe abzuwehren, durch die Staat und Bosse versuchen, die Krisenkosten auf uns abzuwälzen. Gleichzeitig aber müssen wir unsere Bemühungen potenzieren, Netze zu schaffen, die es uns ermöglichen, diese Angriffe gegen das System zu wenden und libertäre Alternativen zur herrschenden Misere zu entwickeln und sichtbar zu machen. Wenn uns das nicht gelingt, besteht ein ernstzunehmendes Risiko, dass wir mit in den Strudel der sozialen Verrohung gezogen werden, die einem möglichen Crash folgen könnte.