Nachrichten über Kämpfe in der Türkei, Italien, Bangladesch, Botswana und Mexico
Nachdem die türkische Transportarbeitergewerkschaft Tumtis mit dem Versuch begonnen hatte die ArbeiterInnen der türkischen Niederlassung des Transportunternehmens DHL zu organisieren, antwortete die Geschäftsleitung prompt mit der Entlassung von 24 Gewerkschaftsmitgliedern. Nachdem die Entlassenen begannen vor den Werkstoren gegen das Vorgehen der Geschäftsleitung zu protestieren, ging diese sogar so weit, den übrigen Beschäftigten ebenfalls mit Entlassung zu drohen, sollten sie nicht aus der Gewerkschaft austreten. Um dem Kurier-Multi mit seinen weltweit 470.000 Beschäftigten etwas entgegenzusetzen, unterstützt mittlerweile auch die Internationale Transportarbeiterföderation mit ihren insgesamt 4,5 Millionen Mitgliedern in 153 Ländern den Protest der Kollegen.
Im süditalienischen Taranto kam es Anfang August zu eher ungewöhnlichen Protesten im Zusammenhang mit der potentiellen Schließung des örtlichen Werkes des italienischen Stahlmultis RIVA. Die örtliche Staatsanwaltschaft hatte wegen Verstößen gegen Umweltauflagen bereits bedeutende Teile des Werkes vorübergehend stillgelegt. Groß angelegt sollte ein Gipfeltreffen aus Politik, Gewerkschaften und Unternehmern über die Zukunft des Werkes beraten. Hierzu riefen die großen Gewerkschaften CGIL, CISL, UIL zu Protesten und sogar zu einem Streik auf. Nichts Ungewöhnliches mag man sich zunächst denken. In Schieflage geriet die Inszenierung allerdings, als durchsickerte, dass die ohnehin für den Schmusekurs zur Werksleitung bekannten großen Gewerkschaften sich die Busse zu den Kundgebungen hatten von der Werksleitung sponsern lassen. Flugs gründete sich ein unabhängiges Komitee aus BasisgewerkschafterInnen, BasisaktivistInnen aus der Belegschaft und AnwohnerInnen, das zwar für den Erhalt der Arbeitsplätze, jedoch gegen die inszenierten Proteste von Unternehmen und großen Gewerkschaften und vor allem gegen gesundheitsschädliche Arbeitsbedingungen und Umweltverschmutzungen durch das Werk mobilisierten. Wegen der Umweltverschmutzung waren zeitweise sogar acht Führungskräfte, inklusive RIVA-Geschäftsführer und dessen Sohn unter Hausarrest gestellt. Während lokale Medien vor dem Einmarsch des black block warnten, gelang es der zahlenmäßig beinahe gleich großen Gegendemonstration die Abschlusskundgebung zu erobern und ihre Anliegen einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln. Augenzeugen berichteten, die urprünglichen Chefunterhändler hätten derweil fluchtartig die Kundgebung verlassen. Eine Schließung des Werkes hätte nicht nur den Verlust von gut 14.600 Jobs in der strukturschwachen Region Apulien zur Folge, sondern würde sich möglicherweise auch auf die deutschen RIVA-Werke Henningsdorf und Brandenburg an der Havel auswirken.
Aus Protest gegen Rückstände bei der Lohnzahlung blockierten Mitte August die TextilarbeiterInnen von Ready-Made Garment (RMG) die Autobahn zwischen Dhakar und Sylhet und hielten den gesamten Verkehr auf. Unterstützung erhielten sie von den ArbeiterInnen von Harvest Rich Garment, die aus Protest einen Demonstrationszug durch ihre Fabrik organisierten. Die Straßenblockade endete in einem Katz-und-Maus-Spiel zwischen ArbeiterInnen und Polizei, während die ArbeiterInnen von Harvest Rich die Gelegenheit nutzten, die Sache selbst in die Hand nahmen und ihre Fabrik plünderten. Laut örtlicher Polizei reagierte die Betriebsleitung mit Anzeigen gegen 400-500 Personen, darunter viele Unbeteiligte.
Im Zuge eines Lehrerstreiks dekretierte der botswanische Arbeitsminister kuzerhand, den Lehrerberuf als Teil der „Daseinsversorgung“ zu zählen und somit den Streik zu untersagen. Einen Streik in Bereichen der sog. „Daseinsversorgung“ (d.h. medizinische und pflegerische Leistungen, Energie- und Wasserversorgung, Feuerwehr und Müllbeseitigung, Militär und Polizei, Verkehr, Erziehung und Betreuung, Kommunikationsinfrastruktur und schließlich die „Versorgung mit Bargeld und Zahlungsverkehr“) grundsätzlich zu verbieten, wurde im März dieses Jahres diskutiert. In Botswana klagten jedoch die beiden Lehrergewerkschaften Botswana Secondary Teachers Union (BOSETU) und die Botswana Teachers’ Union (BTU) vor dem Verfassungsgericht und gewannen. Das Dekret wurde für ungültig erklärt und alle wegen des Streiks entlassenen LehrerInnen wieder eingestellt.
In dem nordmexikanischen Dorf La Sierrita, im Bundesstaat Durango, 40 Minuten nördlich der Stadt Gomez Palacio, gelang es den 50 ortsansässigen Familien die Produktion des größten Silberproduzenten Mexikos lahmzulegen. Die Silbermine der kanadischen Firma Excellon Resources wurde zwar mit Genehmigung der Regierung, jedoch ohne Konsultation der Dorfgemeinschaft auf deren gemeinschaftlichen Grund (dem sog. Ejido) errichtet. Streitpunkt in dem Konflikt waren Pachtzahlungen, das bevorzugte Anheuern lokaler ArbeiterInnen und die Arbeitsbedingungen in der Miene. Entgegen der Erwartungen der Firmenleitung löste die Regierung in diesem Fall den Konflikt nicht wie üblich zu ihren Gunsten. Mit ihrer Blockade erreichten die EinwohnerInnen La Sierritas, dass die Regierung ihre Vergabe der Lizenzen revidierte und Excellon Resources zu „konstruktiven Verhandlungen“ drängte. In der Vergangenheit hatten Menschenrechtsorganisationen mehrfach die Missachtung von Menschenrechten in der Ausbeutung von Bodenschätzen durch multinationale Großkonzerne kritisiert. La Sierrita stellt somit einen Präzedenzfall dar.
Interview mit Torsten Bewernitz und Gabriel Kuhn.
Der revolutionäre Syndikalismus, wie wir ihn kennen, gehört vielleicht der Vergangenheit an. Damit er überleben…
Rezension zum Buch der Sanktionsfrei e.V. Gründerinnen über Bürgergeld, Armut und Reichtum.
Arbeits- und Klimakämpfe verbinden - zum neuen Buch von Simon Schaupp und dem Film Verkehrswendestadt…
Alter Chauvinismus oder die Kehrtwende in eine neue Fürsorglichkeit.
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