Am Aktionstag „Umfairteilen“ haben sich am 29. September in über 40 Städten in Deutschland nach Veranstalterangaben ca. 40.000 Menschen beteiligt. Die Forderungen beschränkten sich im Wesentlichen darauf, Vermögende in Deutschland etwas stärker am Steueraufkommen zu beteiligen. Konkret geht es um eine einmalige Vermögensabgabe und um die Einführung einer Reichensteuer. Im Vorfeld hatten Aktive ihre Vorstellung eines fairen Kapitalismus mit dem symbolischen Umschichten von Goldbarren, Münzen und Geldsäcken zugunsten gesellschaftlicher Bereiche wie Bildung, Pflege und Energiewende deutlich gemacht.
Die Veranstalter sehen den Aktionstag erwartungsgemäß als vollen Erfolg, so in einer Pressemitteilung von Attac. Ulrich Schneider vom Paritätischen Wohlfahrtsverband spricht von einem Durchbruch in der Gerechtigkeitsdebatte. Doch jenseits solcher Erklärungen waren auch aus Teilen des Aufruferkreises deutlich kritischere Stellungnahmen zu hören. So warnte Pedram Shahyar auf dem Attac-Blog im Vorfeld des Aktionstages vor einer Unterordnung der Proteststrategie unter rot-grüne Wahlkampfszenarien: „Attac darf nicht Teil einer Re-Legitimierung von SPD und Grünen werden und ihnen helfen, ihre Oberfläche sozial zu polieren. Deshalb ist es nötig, die Vereinnahmungsversuche von SPD und Grünen zu widerstehen und in der Öffentlichkeit, die wir mit unserer Kampagne gewinnen, noch sehr viel deutlicher auf die Rolle der rot-grünen Regierung als neoliberaler Rammbock der letzten 20 Jahre hinzuweisen. Ansonsten bekommen wir die Rechnung in einer neuen ‚Agenda 2020’“. Tatsächlich aber wurde im Aufruf zum Aktionstag Umfairverteilen die Schuldenbremse ebenso wenig erwähnt wie die Agenda 2010.
Kritik von innen, kaum von außen
Zum Aktionstag hatten auch die Vorstände verschiedener Einzelgewerkschaften aufgerufen. DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach sprach auf der Abschlusskundgebung von Umfairteilen in Bochum. Doch lediglich von der GEW und von Verdi hatte man im Vorfeld eine eigenständige Mobilisierung wahrgenommen. Auch die DGB-Gewerkschaftsbasis sparte nicht mit Kritik an den eigenen Vorständen: „Zumindest in Hamburg haben sozialdemokratische ver.di-Funktionäre keinerlei Probleme damit, einerseits wortgewaltig eine Vermögenssteuer zu fordern und gleichzeitig als SPD-Bürgerschaftsabgeordnete still und leise die Schuldenbremse zu beschließen oder mal eben den massiven Kürzungen z.B. in der Kinder- und Jugendhilfe zuzustimmen“, brachte Heiko Laning die Realität nicht nur in der Hansestadt auf den Punkt. Er bezeichnet den Umfairteilen-Aktionstag als von Bewegungsfunktionären aufgesetzte Kampagne, die den aktiven Basisinitiativen kaum nutzt.
Die meisten Einzelgewerkschaften beschränkten ihre Unterstützung für Umfairteilen auf eine Unterschrift und eine Presseerklärung. „Teile des gewerkschaftlichen Funktionärskörpers (und hier vor allem die Führungen) sind inzwischen nicht mehr bereit, eine starke Mobilisierung und erfolgversprechende Kampfmaßnahmen bis zur vollständigen Durchsetzung von politischen Forderungen auch nur in Betracht zu ziehen. Unter diesen Voraussetzungen ist zu befürchten, dass die gewerkschaftlichen Herbstaktionen wieder einmal nur zum ‚Dampf ablassen’ genutzt werden sollen“, schrieb Christiaan Boissevain von der Münchner Gewerkschaftslinken. Die Hamburger Gewerkschaftslinke stellte die richtigen Fragen: „Fairer Lohn, gerechter Lohn, geht alles nicht, es gibt nur erkämpften Lohn. Und faire Leiharbeit wie sie die IGM fordert – was soll das eigentlich sein?“
Bei so viel Kritik auch der DGB-Basis an der Kampagne und an den eigenen Vorständen müssten eigentlich die Stimmen linker Basisinitiativen auf offene Ohren stoßen. Doch sie waren auf dem Aktionstag nur schwach zu vernehmen. In Berlin beteiligten sich, neben einem kleinen antikapitalistischen Block, auch Aktivisten der Interventionistischen Linken mit der Aktion „Kapitalismus Fairsenken“. Gar nichts zu hören war hingegen vom M31-Bündnis, das mit der Mobilisierung zum antikapitalistischen europaweiten Aktionstag am 31. März eigentlich die Grundlage für eine längerfristige antikapitalistische Organisierung legen wollte.