Betrieb & Gesellschaft

Kollektiver als kollektiv

Das Premium-Cola-Kollektiv berichtet über sein Kollektivverständnis. Eine Replik auf eine syndikalistische Kritik

In der letzten DA gab es einen kritischen Artikel zum Premium-Kollektiv. Wir, die Redaktion von Betrieb und Gesellschaft, haben uns dazu entschieden, im Rahmen einer kontroversen Diskussion dem Premium-Kollektiv einen Gastbeitrag zu ermöglichen. Unsere LeserInnen wollen wir ermutigen, sich kritisch über den Begriff des Kollektivs, wie er auch in der DA häufig Platz fand, auseinanderzusetzen. Im Sine einer weiterführenden Debatte empfehlen wir insbesondere den Hintergrundbeitrag zur Auseinandersetzung mit dem Konsensprinzip.

Ein Artikel von Uwe aus dem Premium-Kollektiv, dessen Beitrag mit allen im Konsens abgestimmt wurde.

Das Premium-Cola-Kollektiv trifft seit über elf Jahren Entscheidungen per Konsensdemokratie, bildet aber formal kein Kollektiv. Inhaber ist eine Einzelperson – Hää?

Wir organisieren und verkaufen Premium-Cola, -Bier und -Kaffees, mit dem Anspruch, Wirtschaft in besser (stabiler, menschlicher, nachhaltiger) vorzumachen. So kommen wir mit kollektiv geführten Lokalen in Kontakt, die uns dann z.B. mitteilen, dass sie „beim Einkauf primär auf wirtschaftliche Kriterien achten“ müssten, und sich „keine falsche Rücksichtnahme leisten“ könnten. Wir sollen also günstiger anbieten (und zugleich anständige Löhne zahlen) oder fliegen raus. Der Unterschied zwischen kollektiven und „normalen“ Betrieben? Für uns nicht erkennbar. Die Abgrenzung von „Kollektiv“ und „die Anderen“ greift viel zu kurz in unserer hochgradig vernetzten Wirtschaftswelt; alles was mensch darin tut oder nicht tut, wirkt sich irgendwo aus. Niemand ist extern. Also brauchen wir eine andere Form, in der irgendwie alle mitbestimmen können, egal ob sie formal zu etwas gehören oder nicht.

Das ist die Grundidee. Alle Beteiligten (LieferantInnen, HerstellerInnen, DienstleisterInnen und HändlerInnen) arbeiten frei in Ort und Umfang, eine Kontrolle von Arbeitszeiten findet nicht statt, nur die Ergebnisse werden gemeinsam beurteilt. Dabei gibt es weder Verträge noch weisungsgebundene Angestellte, sodass jedeR jederzeit gehen könnte, die oder der unfair behandelt würde. Das ist aber kaum möglich, da alle Beteiligten potenziell zum Kollektiv gehören und gleiche Mitbestimmungs- und Vetorechte haben, auch die KonsumentInnen.

Die formale Macht eines Inhabers (oder Inhaberkollektivs) wird so weitgehend aufgehoben. Zwar könnte er sich jederzeit darüber hinwegsetzen – nur würden dann große Teile des Kollektivs aussteigen, und das Projekt braucht sie letztlich doch alle. So kann Wirtschaft in besser funktionieren, ohne ein „wir intern“ und „die da extern“ – kollektiver als kollektiv.

Unsere Struktur ist nicht perfekt, formal wie operativ; keine ist das. Auch wir brauchten zwei Mal Not-Entscheidungen, weil kein Konsens möglich war: Kunst auf den Etiketten-Rückseiten, ein Satz auf den Vorderseiten. Alles andere haben wir hinbekommen, nie einen Rechtsstreit gehabt, das soll mal jemand nachmachen. Wir bitten sogar darum, und freuen uns über weiteren Austausch.

Redaktion

Die Redaktion der Direkten Aktion.

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