Das Leistungsschutzrecht soll die Gewinnverteilung aus Presse-erzeugnissen im Web regeln. Die UrheberInnen haben das Nachsehen
In der Debatte um ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage streiten sich Bundesregierung und Opposition auch um das Maß politischer Regulierung eines neuen wie rechtlich schwammigen, virtuellen Marktes. Streitpunkt im Fall „Presseerzeugnisse“ ist die Verteilung des produzierten Mehrwerts aus Inhalten (Contents) im web unter den Verwertern, News-Aggregatoren und Presseverlagen. News-Aggretatoren, also Suchmaschinen wie Google News oder Yahoo Nachrichten, verlinken Contents und „teasern“ diese in Textkurzform, den sog. „Snippets“, auf ihren Seiten an. Das schnelle Finden von gesuchten Inhalten und die Übersicht über aktuelle Ereignisse ist für User eine attraktive Möglichkeit, sich im ansonsten unüberschaubaren web zu orientieren. Für Google und Co. ist es ein ausgesprochen gutes Geschäft.
Den verlinkten Seiten der Presseverlage wie spiegel-online oder bild.de verschaffen den News-Aggregatoren einen regen Zulauf an Usern und jede Menge Klicks und damit ebenfalls einen gesteigerten Profit aus dem Geschäft u.a. mit AnzeigenkundInnen. Eine win-win-Situation, könnte man meinen. Doch viele Presseverlage fühlen sich um ihren Zusatzprofit betrogen. Die News-Aggregatoren würden Umsätze mit Leistungen machen, die sie selber nicht erbracht haben. Sie fordern mit Unterstützung der Regierungsparteien die Lizensierung der Snippets, so dass Google und Co. zukünftig Gebühren für die Verlinkung ihrer Inhalte an die Verlage zu entrichten hätten. Die Presseverleger würden so doppelt profitieren: Durch die vermehrten Klicks auf ihren Seiten, die ihnen die Suchmaschinen ermöglichen und den daraus resultierenden, erhöhten Einnahmen aus Anzeigen sowie durch die direkten Lizenzeinnahmen von den News-Aggregatoren. Denn um nichts anderes geht es. Würden die Presseverlage sich wirklich daran stören, dass sie auf anderen Seiten verlinkt sind, könnten sie dem einfache, technische Abhilfe schaffen: Durch das Anlegen der Datei robots.txt auf den eigenen webserver läßt sich genau festlegen, was im Netz „Verschlagwortet“ werden soll und was nicht. Die FAZ beispielsweise wendet diese Technik an.
Geht es aber nach der schwarz-gelben Bundesregierung, soll das sog. „Leistungsschutzrecht“ die Handhabung von Informationsinhalten regeln. Parteien wie die Piraten sehen darin allerdings die „Freiheit des Netzes“ bedroht – was auch immer sie sich darunter vorstellen – und fürchten eine wirtschaftliche „Innovationsbremse“, der dem Standort Deutschland schaden könnte. Andere sehen den „freien Wettbewerb“ bedroht und verfallen in überholte, liberale Marktideologie. Google fürchtet vor allen Dingen den Präzedenzfall. Denn wenn in Deutschland Verlage den Vorreiter in Sachen Gewinnbeteiligung machen, könnten andere Länder mit ähnlichen Gesetzen nachziehen. Ein Dammbruch mit enormen, anfallenden Kosten für Google wäre möglich.
Die Debatte scheint zuweilen verworren. Sie ist aber im Wesentlichen eines: Borniert. Denn was unter dem Namen „Leistungsschutzrecht“ zirkuliert, schützt keine Leistungen, sondern verlängert im maßgeblich die Ausbeutung der Produzenten dieser Leistungen. Nicht die Verleger haben etwas erbracht, was nun zu „schützen“ wäre. Sie haben sich lediglich fremde Leistungen, sei es die der AutorInnen, oder der Onlineredakteure im Verlag selber, angeeignet, um aus diesen Profit zu schlagen. Während sich also Presseverleger und Suchmaschinenbetreiber um die Anteile am Kuchen fremder Bäcker bekriegen, stehen die UrheberInnen der Arbeit im Schatten der Diskussion. Der Vorwurf der Presseverlage, andere dürften sich nicht an den Leistungen anderer vergreifen, ist eigentlich ein Boomerang. Denn die Verlage tun nichts anderes.
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