Seit dem Ende der griechischen Militärdiktatur 1974 und der Demokratisierung des Landes gibt es offiziell eine freie und pluralistische Presse. Die griechische Verfassung jedenfalls garantiert seit 1975 die Meinungs- und Pressefreiheit. Die Kontrolle der Fernseh- und Rundfunkanstalten durch das Ministerium für Information und Presse zählt allerdings bis heute noch zum Aufgabenbereich des Staates. Auch die Printmedien gehören in der Regel großen Konzernen oder Reedereien und sind entsprechend hoch subventioniert. Griechenland verfügt im europäischen Vergleich über eine der höchsten Anzahlen an Zeitungen im Verhältnis zum Markt und hat daher gleichzeitig eine der niedrigsten Auflagenzahlen.
Die linke Tageszeitung Eleftherotypia erschien ebenfalls erstmals 1975. Sie war aus einem großen Journalistenstreik hervorgegangen und gehörte damals den JournalistInnen, die sie produzierten. Der Redaktion ging es damals in erster Linie um den Wiederaufbau der Gesellschaft nach der Diktatur in Griechenland. Mit der Zeit entwickelte sich Eleftherotypia, zu deutsch „Pressefreiheit“, zur größten linksliberalen Tageszeitung, die allerdings auch keine kollektiven oder genossenschaftlichen Ansätze mehr verfolgte, sondern im Besitz der Brüder Tegopoulos war.
Im Zuge der Wirtschaftskrise sanken nicht nur die Verkaufszahlen der Zeitungen, sondern auch die Werbeeinnahmen aller Medien. Die Folge war eine landesweite Pleitewelle, die Zeitungen, Verlage und sogar Fernsehsender erfasste.
Im Sommer 2011 zeichnete sich die Insolvenz von Eleftherotypia erstmals ab. Ende Dezember 2011 erschien die vorerst letzte Ausgabe der Tageszeitung. RedakteurInnen, LayouterInnen und VerlagsmitarbeiterInnen traten daraufhin in den Streik. Die 850 MitarbeiterInnen hatten bereits seit dem Sommer keinen Lohn mehr für ihre Arbeit bekommen. Obwohl die streikende Belegschaft aus den Räumen des Verlages ausgeschlossen wurde, trafen sich eine Handvoll Engagierte weiterhin und produzierten ein Streikblatt, das unregelmäßig herausgebracht wurde.
Die Streikzeitung wurde unter dem Namen „Die Arbeitenden“, mit Typografie der Eleftherotypia, produziert und in Athen verkauft. An den Kiosken der Stadt waren die ersten Ausgaben angeblich in nur wenigen Stunden ausverkauft.
Im Februar 2012 entsteht zunächst die Idee Eleftherotypia als Wochenzeitung in Selbstverwaltung herauszugeben. Ein Modell, das es in dieser Form in Griechenland bisher nicht gab. Nach langen Diskussionen und Planungsphasen konnte das Ergebnis acht Monate später betrachtet werden.
Seit November letzten Jahres ist die Medienlandschaft Griechenlands reicher um eine weitere Tageszeitung. Die „Zeitung der Redakteure“ (Efimerida ton Syntakton), wie die MacherInnen ihr Produkt so sinnstiftend genannt haben, wird in Athen gemacht und hat Korrespondenten in ganz Europa. Die neue Belegschaft hat pro Kopf 1000 Euro Startkapital in die Genossenschaft eingezahlt und sich verpflichtet, die ersten beiden Monate unentgeltlich zu arbeiten. Danach soll das neue Projekt für alle den gesetzlichen Mindestlohn von 586 Euro brutto im Monat abwerfen, vorausgesetzt die neue Zeitung kann sich auf dem umkämpften griechischen Zeitungsmarkt behaupten. Zwar klingt das nicht gerade wie eine Heilsversprechung, allerdings ist es ein Hoffnungsschimmer in Anbetracht der hohen Arbeitslosenzahl bei JournalistInnen. Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ schätzt, dass in Athen ein Viertel aller JournalistInnen keine Arbeit mehr haben.
Mit ihrer neuen Zeitung wollen die MacherInnen von Efimerida ton Syntakton „das gesamte Spektrum von Zentrumslinker bis Linker kritisch begleiten“ und dabei fortschrittliche Ansätze unterstützen.
Was genau das bedeuten soll, bleibt abzuwarten. Die grundsätzliche Skepsis gegenüber den politischen Parteien Griechenlands und ihre kritische Position gegenüber dem Staat lassen jedoch auf ein undogmatisches, linkes Medium hoffen.
Ihren zukünftigen LeserInnen versprechen sie mit „unabhängiger und vielstimmiger Berichterstattung, umfassender Erforschung jeder Seite der Realität und vor allem harter, aber ehrlicher Kritik an den Herrschenden und allen, die es werden wollen“, zur Überwindung der Krise beizutragen.