Überwachungsgesetz vertagt +++ Pressefreiheit +++ International Day for Privacy +++ Bundestrojaner +++ Überwachung ehemaliger Sicherungsverwahrter
Die Regierungskoalition hat ihr umstrittenes Vorhaben zur Erneuerung des ArbeitnehmerInnendatenschutzes aufgegeben. Union und FDP hatten Ende Januar die im Bundestag geplante Verabschiedung des Gesetzes von der Tagesordnung genommen. Vorangegangen war heftiger Protest von Opposition und Gewerkschaften. Das Gesetz sollte die Überwachung am Arbeitsplatz konkretisieren. So war im Entwurf vorgesehen, dass verdeckte Videoüberwachung von MitarbeiterInnen weiterhin verboten bleiben solle, allerdings die offene Videoüberwachung nun eine gesetzliche Grundlage erhält. Ganz vom Tisch wird dieses Vorhaben nun nicht sein, da der Gesetzesvorschlag mit der Prämisse vom Tisch genommen wurde, es in der nächsten Legislaturperiode zusammen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften neu zu verhandeln. Hans-Peter Uhl (CSU) dazu: „Wir haben das Thema endgültig zurückgestellt. Eine Lösung muss in der nächsten Legislaturperiode gefunden werden.”
Am Mittwoch dem 6. Februar klingelte es in aller Frühe bei Christian Mang, der als freier Journalist für die taz und andere Auftraggeber arbeitet. 12 Polizisten standen vor der Tür, unter anderem von den Landeskriminalämtern Hessen und Berlin. Direkt vorgeworfen wird Mang nichts, die Beamten suchten nach Fotos, die Mang am 31. März vergangenen Jahres in Frankfurt am Main gemacht haben soll. An diesem Tag gab es einige Aktionen im Rahmen des Europaweiten Aktionstages gegen die Krisenpolitik der Europäischen Staaten. Das Interesse der Behörden an den Bildern dürfte darin liegen, linke Strukturen zu durchleuchten. Vier Stunden lang dauerte die Durchsuchung seiner Wohnung. Vor allem interessierten die Beamten die Festplatten seines Computers und seines Laptops. Als sie dort eine verschlüsselte Datei fanden, holten sie auch noch Verstärkung des BKA. Am selben Tag gab es noch weitere Durchsuchungen, unter anderem gegen den Fotojournalisten Björn Kietzmann. Beide gaben an, rechtlich gegen die Durchsuchungen vorgehen zu wollen. Insgesamt wurden zeitgleich zehn Wohnungen von Pressefotografen in Frankfurt, Berlin, NRW, Baden-Württemberg und Brandenburg durchsucht. An mehrere Journalisten wurde das Material nun zurückgeschickt. Man sei zuvor nicht davon ausgegangen, dass es sich bei den Durchsuchten um tatsächliche Journalisten handele.
Dieses Jahr fand erstmalig am 23. Februar der International Day for Privacy statt. Weltweit gingen die Menschen auf die Straße um gegen die immer weiter zunehmende Überwachung zu protestieren: Die AktivistInnen erklärten, moderne, zur Überwachung geeignete Technik würde sich immer mehr in das alltägliche Leben einschleichen. Vor allem möchte man sein Augenmerk auf nationale und internationale Überwachungstechnologien legen. Dabei stünden INDECT, SOPA, CETA und die Vorratsdatenspeicherung an vorderster Stelle. Die Aktionen fanden in Deutschland in über 40 Städten statt.
Zwar kamen in der Vergangenheit Bundestrojaner schon zum Einsatz, aber ohne klare gesetzliche Regelungen, und auch ohne das notwendige technische Know-how. Dies soll sich nun ändern: Staatsanwälte wollen zur Aufklärung von Straftaten auch Computer infiltrieren dürfen, um Internet-Telefonie und E-Mail-Verkehr zu überwachen. Auch in der Schweiz verabschiedete nun der Bundesrat eine gesetzliche Regelung zur Anwendung der Spitzeltechnologie. Es sollen dort ähnlich schwammige Kriterien eingeführt werden wie in Deutschland. Demnach sind Online-Durchsuchungen möglich wenn es um eine bestimmte Schwere der Tat geht. In Deutschland baue derzeit das BKA eine Fachgruppe zum Entwickeln einer eigenen Software auf. Dies ging aus einer kleinen Anfrage der SPD-Bundestagsfraktion an die Regierung hervor. Für das Vorhaben müsse die Behörde zunächst einmal geeignetes Personal gewinnen. Laut <i>bundestag.de</i> rechnet die Regierung daher damit, dass die Software erst Ende des Jahres 2014 fertig sein wird. Das BKA hatte schon im Jahre 2011 ein Kompetenzzentrum eingerichtet um staatliche Spähsoftware zu entwickeln. Im September 2012 erschien dann ein Stellenangebot des BKA welches eine/n Softwaredesigner/in „zur Konzeption und Entwicklung technischer Überwachungsmethoden bei Straftaten im Zusammenhang mit Computernetzwerken“ suchte.
Die Überwachung von entlassenen Sicherungsverwahrten folgt keiner einheitlichen Regelung, sie wurde bis jetzt über die so genannten Polizeigesetze zur Abwehr von Gefahren auf Landesebene geregelt. Im Dezember 2012 empfahl das Bundesverfassungsgericht der Landespolitik eine spezielle Regelung der Dauerüberwachung im Polizeigesetz. Nun will Baden-Württembergs Regierung eine klare Regelung schaffen, da schon im Herbst 2011 der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Mannheim erste Zweifel an der rechtlichen Grundlage der Dauerobservation geäußert hatte. Anfang Februar erklärte der VGH in einem Fall aus Lörrach dann ausdrücklich, dass im Land eine Rechtsgrundlage fehle. Der VGH hatte allerdings vor allem damit argumentiert, dass im konkreten Fall keine Gefährdung durch den Mann nachgewiesen sei. Die Gesetzesvorschläge werden sich nun also darum drehen, wie die Gefährlichkeit von Ex-Häftlingen beurteilt werden könne und dann auch eine Dauerüberwachung möglich sei.
AR
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