Die Kämpfe und die bewusste Positionierung von SexarbeiterInnen haben in den letzten Jahren zugenommen. Auch die DA verfolgt die Entwicklungen seit längerer Zeit. Nun kommt neue Bewegung in die Sache: Mitte April fand in Frankfurt am Main ein Koordinierungstreffen für die Gründung eines SexarbeiterInnen-Verbands statt. Das Treffen mit über 50 TeilnehmerInnen diente auch zur Vorbereitung der im November stattfindenden „2. Frankfurter Prostitutionstage“. Ziel des Verbands in Gründung sei eigenen Angaben zufolge, dass SexarbeiterInnen endlich für sich selbst sprechen und ihre Stimme erheben, da es in Deutschland zurzeit keine Interessenorganisation von SexarbeiterInnen gebe. Die Organisation sei daher nur für SexarbeiterInnen und auf politisches Handeln ausgerichtet. Im Vordergrund stehe die Arbeit in Bezug auf die hiesige Gesetzgebung, aber es bestehe auch eine internationale Vernetzung.
In Deutschland ist Prostitution mit Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes im Jahr 2002 als legale Erwerbstätigkeit anerkannt. Zuvor galt sie seit 1927 zwar als zulässig, aber sittenwidrig. SexarbeiterInnen können seit 2002 Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherungen abschließen, ihren Lohn gerichtlich einklagen und haben ein Recht auf Umschulung. Prostituiertenverbände beklagen allerdings, dass es an der Umsetzung der Maßnahmen hapert: so sei Sexarbeit unter anderem noch nicht formal als freier Beruf anerkannt und es gebe Probleme bei der Gewerbeanmeldung. Zudem erschwerten die Verordnung von Sperrbezirken – wie in Dortmund – und Razzien die Arbeit. Weiterhin werde davon ausgegangen, dass Prostituierte vor allem Opfer seien, Sexarbeit werde in der Debatte fast immer mit Zwangsprostitution und Menschenhandel gleichgesetzt. Auch diese Probleme waren Anlass für die Organisierungsbemühungen.
Beim zweiten Treffen im Oktober in Köln will man die offizielle Form der Organisation definieren. Es gehe nicht nur um berufsfachliche Fragen, sondern vor allem um politische Anliegen wie die Entkriminalisierung von Sexarbeit und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
Konkret wird die bisherige Umsetzung des Prostitutionsgesetzes und seine zur Diskussion stehende Verschärfung kritisiert. Sperrgebietsverordnungen und Schließungen von Straßenstrichen würden Prostituierte an den Rand drängen und deren Arbeitsbedingungen häufig nur verschlechtern. Die geplanten strengeren Auflagen für die Konzessionierung bordellartiger Betriebe nutze vor allem Großbordellen, die Meldepflicht schade Prostituierten, die sich aus Angst vor Ausgrenzung lieber unter einem anderen Beruf anmelden.
Obwohl es seit Ende der sechziger Jahre eine politische Bewegung von SexarbeiterInnen gibt, Kämpfe um Rechte und Anerkennung, Kongresse und Verbandsgründungen bis hin zu einzelnen Gewerkschaften, ist die Organisation von SexarbeiterInnen, die den Beruf „freiwillig“ gewählt haben, – insoweit eine Freiwilligkeit beim Verkauf der Arbeitskraft innerhalb des Kapitalismus eben möglich ist – immer noch schwierig. Denn auch nach einer Entkriminalisierung oder gar Legalisierung bleibt fast immer das soziale Stigma bestehen. Auch dem möchte der Verband in Gründung entgegenwirken.
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