Globales

Struggle – Nachrichten von der Klassenfront

Neues aus der Türkei, Brasilien, Griechenland und Serbien

TÜRKEI Überall ist Taksim – überall ist Widerstand

Die Aufhänger waren Bäume, der Auslöser waren sie nicht. Als am 31. Mai im Istanbuler Gezi-Park ein Polizeieinsatz beim Protest gegen dortige Abrissmaßnahmen gewaltsam eskalierte, entlud sich der Missmut gegen die konservative Regierung von Ministerpräsident Erdoğan in landesweiten Demonstrationen von zeitweise Hunderttausenden TeilnehmerInnen. Dabei kam es häufig zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei, die Tränengas und Wasserwerfer einsetzte: Bisher wurden über 8000 Menschen verletzt und ca. 3300 inhaftiert, und es gibt sogar Tote! Die Zahl schwankt zwischen vier und fünf. Das auf dem Symbolort des Protests, dem Istanbuler Taksim-Platz, errichtete Protestcamp wurde am 11. Juni von der Staatsgewalt brutal geräumt. Einigerorts erscheinen nun vereinzelt stille Protestierende, gegen die die Polizei nicht vorgehen kann. Die Unmutsliste gegen Erdoğan ist lang: Neben dem unpopulären Alkoholverbot steht da vor allem eine Rückbesinnung auf traditionelle Familienwerte, wie etwa, Zitat: „Jede türkische Familie möge mindestens drei, besser noch fünf Kinder haben“, ein geplantes Abtreibungsverbot oder die geplante Verfassungsänderung, die es Erdoğan ermöglichen soll, zusätzlich das Amt des Staatspräsidenten zu bekleiden. Die DemonstrantInnen diffamierte er indes als „Terroristen“, die nur die öffentliche Ordnung zu untergraben suchten. Ein größerer politischer, wenn auch kurzer Streik ereignete sich bereits am 5. Juni, die Gewerkschaft des öffentlichen Diensts behält sich aber weitere Maßnahmen vor. Auch in Deutschland kommt es vielerorts immer wieder zu teils großen Solidaritätsprotesten

BRASILIEN Große Spiele, aber kaum Geld für Brot

Vor der Kulisse des FIFA-Confed-Cups erlebt Brasilien die größten Proteste seit Ende der Militärdiktatur 1985 – bei einer Beteiligung in rund 438 Städten gingen bis zu 2 Mio. Menschen auf die Straße (20. Juni). Alles begann am 17. Juni in Folge einer Ticketpreiserhöhung für den Nahverkehr in São Paulo. Diese betrug zwar „nur“ 20 Centavos, reichte aber aus, um die Bevölkerung auf die Straße zu treiben. Dass es nicht um Ticketpreise allein geht, klärte sich spätestens, als die Proteste auch nach Rücknahme der Preissteigerung durch Staatspräsidentin Rousseff nicht abflauten. Bemängelt werden vor allem hohe Ausgaben für die WM ’14 und Olympia ’16 in Brasilien bei gleichzeitigen Einsparungen in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales. Brasilien ist, auch wegen vieler Privatisierungsmaßnahmen, ein Land mit den höchsten Lebenshaltungskosten weltweit – die Inflationsrate beträgt rund sechs Prozent! Nicht nur wegen internationaler Aufmerksamkeit, sondern auch wegen des Drucks, im nächsten Jahr wiedergewählt werden zu wollen, lenkte Präsidentin Rousseff ein weiteres Mal ein und versprach Investitionen in Bildung und Gesundheit

GRIECHENLAND Senderschließung bewirkt Regierungskrise – Tausende im Streik

Ganz plötzlich verkündete Samaras’ Regierung – ohne interne Absprache – am 11. Juni das sofortige Aus des staatlichen Rundfunksenders ERT und eine damit verbundene Entlassung von 2900 Angestellten. Tags darauf traten die JournalistInnen des Landes in einen Streik, am 13. Juni kam es dann zum landesweiten Generalstreik, der sich vor allem im öffentlich Nahverkehr, in Krankenhäusern und staatlichen Einrichtungen bemerkbar machte und Zehntausende auf die Straße zog. Die ERT-MitarbeiterInnen besetzten indes das Rundfunkgebäude und senden seither via Internetstream. Am 17. Juni verkündete dann ein Gericht, die Schließung sei illegal gewesen, allerdings stehe der Regierung eine Umstrukturierung (im Klartext: eine beliebige Verkleinerung) des Senders zu. Da Samaras’ Bestrebungen durch das Urteil also nicht wirklich gehemmt wurden, kam es zum Bruch mit der Demokratischen Linken, nun regieren Konservative und SozialdemokratInnen mit knapper Mehrheit weiter. KritikerInnen bemängeln nicht nur die abrupten Entlassungen, sondern werten die versuchte Schließung auch als erheblichen Eingriff in die Pressefreiheit

SERBIEN Sabotage in FIAT-Werk – Belegschaft beschädigt mehr als 30 Neuwagen

Kragujevac – In der Nacht vom 24. auf den 25. Mai wurden mit einem scharfen Gegenstand Sprüche gegen die Werkseigentümer in die Karosserie geritzt – der Schaden beläuft sich offenbar auf mehrere tausend Euro. Nach Informationen der serbischen IAA-Sektion, ASI ging die Sabotage von einer Gruppe Arbeiter aus, die gegen schlechte Löhne und fehlende Pausen protestieren. Neben strafrechtlicher Verfolgung des Vorfalls kam es auch zu einer Hatz durch die Medien – dabei liegen laut ASI nicht nur Arbeits-, sondern auch Menschenrechtsverletzungen in dem Werk vor, aus dem nur wenig nach außen dringt und das schon viele Regierungen als Erfolg verkaufen wollten: Beispielsweise müssten die Arbeiter Windeln tragen, da sie das Fließband während der Arbeitszeiten nicht verlassen dürften. Die ASI erklärte im Weiteren ihre volle Unterstützung.

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Die Redaktion der Direkten Aktion.

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