Globales

Struggle – Nachrichten von der Klassenfront

Neues aus Kolumbien, Südafrika, Ägypten, Portugal und der Türkei

Kolumbien – Ein Land in Aufruhr – Proteste, Streiks und Repressionen

Seit Mitte August breitet sich in Kolumbien eine Protestwelle aus: Großdemonstrationen, Blockaden wichtiger Transportstraßen durch Campesin(a)s, einhergehend mit landesweiten Streiks, nicht nur im Agrarsektor, sondern auch im Transport- und Gesundheitswesen. Ein Bündnis von rund 2000 Organisationen geht gegen die bisherige elitäre Klientelpolitik in Stellung. Die Regierung zeigt jedoch alles andere als Entgegenkommen: Man wolle nicht unter Druck verhandeln. Ebenso wird das politische Ausmaß der Proteste verkannt: man wolle – wenn – nur branchenweise ins Gespräch kommen, so Innenminister Carillo. Der Staat setzt stattdessen auf massive Polizeipräsenz. Zwischenzeitlich ist von über 50 Verletzten und fast 200 Festnahmen die Rede. Kolumbiens Medien berichten dabei kaum über die Proteste oder das teils brutale Vorgehen der Sicherheitskräfte.

Südafrika – Alle Reifen stehen still

Am 19. August streikten Gewerkschaftsangaben zufolge landesweit rund 31000 Automobil-ArbeiterInnen und legten die komplette Branche lahm. BMW, Nissan, Mercedes, VW, General Motors, Toyota – die Liste der betroffenen Werke ist lang. Der Konflikt ist vordergründig auf Grund zweier Faktoren entfacht: Einerseits geht es um unbezahlte Ausfallstunden, andererseits um eine echte Lohnerhöhung. Zwar werden von Arbeitgeberseite sechs bis acht Prozent in Aussicht gestellt, doch reichen diese gerade mal für einen Inflationsausgleich. Die im Konflikt federführende Metallgewerkschaft NUMSA fordert daher 14 Prozent mehr. Ein Sprecher sagte, die Streiks würden fortgesetzt, bis endlich ein besseres Angebot vorliege. Das Land am Kap ist Afrikas größter Autohersteller, jeder Streiktag kostet die Branche umgerechnet rund 45 Mio. Euro.

Ägypten – Gewerkschaften als Handlanger? – Gegenwehr aus der Textilbranche

Gewerkschaften hatten es in Ägypten noch nie leicht. Daran änderte weder die Regierung noch der Sturz der Muslimbrüder etwas. Auch von der vom Militär initiierten Interimsregierung wird ein neoliberaler Kurs fortgesetzt, Gewerkschaften werden zum politischen Spielball. So unterstützten alle drei großen Gewerkschaftsverbände (ETUF, EDLC und EFITU) die Protestaufrufe des Militärs, welche die Legitimität des Putsches unterstreichen sollten. Zudem wurde der Vorsitzende des unabhängigen Gewerkschaftsverbands EFITU, Kamal Abu Eita, als Arbeitsminister in die Regierung berufen und drängt seither auf Produktionssteigerungen – was einem Appell zum Stillhalten gleichkommt. Allerdings ist die Positionierung der Gewerkschaften intern umstritten. Eine Oppositionelle im Exekutivkomitee der EFITU, Fatma Ramadan, mahnt die ArbeiterInnen, es nicht zu akzeptieren, dass die religiöse Diktatur schlicht durch eine militärische ersetzt würde. Schon Anfang August kam es in vielen Textilbetrieben landesweit zu mehrtägigen Streiks, angefangen bei der Nasr Spinning and Weaving Company in der Textilhochburg Mahalla. Von den Gewerkschaften enttäuscht, fühlen sich die Streikenden keiner Organisation angehörig.

Türkei – Unberührter Stoff

12000 ArbeiterInnen in über 30 Textilfirmen traten am 15. August in einen mehrtägigen Streik. Für viele Unternehmen war es das erste Mal, dass sie überhaupt mit so einer Situation konfrontiert waren. Die Belegschaften fordern eine Lohnerhöhung von 15 Prozent, da das Durchschnittseinkommen von 450 Euro für den Lebensunterhalt nicht ausreicht. Der Mindestlohn liegt bei gerade mal 380 Euro. Die Unternehmensseite bietet so lediglich drei Prozent Erhöhung, und das unter Vorbehalt, als Begründung dienen hierbei wirtschaftliche Krisenzeiten. Dass Arbeits- und Lohnbedingungen in der wirtschaftlich wichtigsten Branche des Lande nicht angemessen sind, beweist auch die Fluktuationsrate der Fachkräfte von 37 Prozent. Die globale Gewerkschaftsvereinigung IndustriAll unterstützt den Konflikt, den sie als wegweisend für die weltweite Textilbranche einschätzt.

Portugal – Soliaktionen beim Supermarkt Minipreço

Am Abend des 25. Juli kam es in den Städten Porto, Lissabon und Faro zu Solidaritätsaktionen für vier Beschäftigte, die im Zuge ihrer Beteiligung am Generalstreik vom 27. Juni in andere Filialen strafversetzt wurden. Unter Beteiligung der anarchosyndikalistischen AIT-SP wurden Hunderte Flugblätter an KundInnen, PassantInnen und Beschäftigte anderer Betriebe verteilt. Auf ihnen wurde zum Boykott der Supermarktkette aufgerufen und die sofortige Rückversetzung der betroffenen ArbeiterInnen gefordert. In Porto gelang sogar die zweistündige Blockade der Kassen einer Filiale.

Redaktion

Die Redaktion der Direkten Aktion.

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