Neues aus Argentinien, der Türkei, Paraguay und Griechenland
Am 11. April kam es zu einem landesweiten eintägigen Generalstreik. Aufrufende Gewerkschaften waren unter anderem Abspaltungen der CGT, die CTA und ein im Parlament vertretenes marxistisches Bündnis. Nicht an dem Streik beteiligten sich die staatsnahen Zentralgewerkschaften CGT und CTA-oficial. Die Streikenden forderten freie Tarifverhandlungen zwischen ArbeitgeberInnen- und ArbeitnehmerInnenseite und eine Rentenerhöhung. Auch äußerten sie mit dem Ausstand ihren Unmut über die von der Regierung künstlich verhängte Inflation, die in Argentinien nun bei 30 Prozent liegt. Darüber, wie umfassend der Streik letztlich tatsächlich war, existieren keine genauen Angaben. Zumindest in der Megastadt Buenos Aires kam es zu einem vollständigen Stillstand des Nahverkehrs, obwohl Kabinettschef Jorge Capitanich streikenden Verkehrsunternehmen mit einer Streichung staatlicher Unterstützung gedroht hatte – auch der Flugverkehr war beeinträchtigt: mindestens eine Fluggesellschaft (LAN) musste den Betrieb komplett einfrieren. Der Generalsekretär der nicht am Streik beteiligten CTA-oficial, Hugo Yasky, brachte kein Verständnis für den Ausstand auf. Seiner Ansicht nach war es ein Streik „gegen die Interessen der Arbeiterklasse“ und „gegen eine demokratische Volksregierung, die große Fortschritte für die Arbeiterbewegung“ erreicht habe.
Neuigkeiten bei Verpackungshersteller „Greif“! Wie schon in der letzten Ausgabe berichtet wurde, hielt die Belegschaft die Istanbuler Fabrik seit dem 10. Februar 2014 besetzt. Nun wurde die Fabrik am 10. April von der Polizei geräumt – jedoch erst nach dem massiven Einsatz von Schlagstöcken und Tränengas. Die ArbeiterInnen hatten den Sicherheitskräften im Vorfeld das Eindringen mit Barrikaden erschwert. Vorausgegangen war das Auslaufen einer gesetzlichen Frist, in der die TarifpartnerInnen zu einer Einigung gelangen sollten. Nach Angaben der Jungen Welt hatten Vorsitzende der verhandlungsführenden Gewerkschaften gegenüber der Unternehmensführung einer vertraglichen Beendigung der Besetzung hinterrücks zugestimmt. Im Zuge der Räumung kam es zu 80 Festnahmen, wobei nach letztem Stand rund 60 Prozent schnell wieder aus der Haft entlassen wurden. Während der Polizeiaktion gelang es elf ArbeiterInnen, sich auf dem Dach des Gebäudes zu verschanzen. Sie gaben an, solange dort ausharren zu wollen, bis ihre Forderungen erfüllt seien. Darüber, wie lange sie dort ausharrten oder ob sie es sogar immer noch tun, liegen uns keine Informationen vor. – Neben der Forderung, die rund 1.000 LeiharbeiterInnen der 1.500-köpfigen Belegschaft als Stammpersonal einzugliedern, geht es bei dem Konflikt auch um die Erhöhung des derzeitigen Monatslohns von umgerechnet 283 Euro, um Schichtzulagen und die Einhaltung regulärer Arbeitszeiten. Ungewiss ist noch, welche möglichen weiteren Repressionen nun den (aktiven) ArbeiterInnen drohen.
Am 26. März kam es in Paraguay landesweit zum größten Generalstreik seit 20 Jahren. Er fiel terminlich genau mit dem jährlich stattfindenden „Marsch der armen Landbevölkerung“ zusammen. Neben ihnen trieb es auch Beschäftigte vieler anderer Branchen und Studierende auf die Straße. Ein Polizeiaufgebot von 26.000 Beamten sollte staatliche Einrichtungen schützen. Die Forderungen der Streikenden waren unter anderem: Eine Erhöhung des Mindestlohns um 15 bis 25 Prozent, Preiskontrollen über die Grundnahrungsmittel und kein weiterer Preisanstieg im öffentlichen Verkehr. Die Studierenden im Speziellen forderten eine Bildungsreform, die LandarbeiterInnen eine Abschaffung des Großgrundbesitzes als Bewirtschaftungsmodell, zusätzlich die Freilassung von zehn inhaftierten BäuerInnen, die im Zuge des Massakers von Curuguaty festgenommen worden waren – und von denen sich derzeit fünf im Hungerstreik befinden. Im Juni 2012 starben bei besagtem Massaker elf Landlose und sechs PolizistInnen im Zuge einer Räumung besetzter Landflächen. Die rechtsgerichtete Parlamentsmehrheit hatte dies zum Vorwand genommen, den damaligen Präsidenten Fernando Lugo zu stürzen. Der jetzige konservative Präsident und Ex-Unternehmer Horacio Cartes gilt als reichster Mann des Landes und betreibt vor allem mit dem vor Kurzem verabschiedeten Gesetz der öffentlich-privaten Allianz (span. kurz: APP) eine harsche Liberalisierung der Wirtschaftspolitik.
Im Vorfeld des Staatsbesuchs von Angela Merkel kam es am 9. April zu einem Generalausstand – eine Vielzahl von Gewerkschaften hatte hierzu aufgerufen. Erfasst hatte der Streik vor allem Schulen, Behörden und Bankfilialen, auch Tageszeitungen erschienen nicht. Apotheken und Krankenhäuser arbeiteten lediglich im Notbetrieb, ebenfalls fielen sämtliche Zug- und Fährverbindungen aus. Die Rundfunkmedien streikten einen Tag zuvor, um selbst am Streiktag Bericht erstatten zu können. Bis auf wenige Beiträge von einigen StreikbrecherInnen gab es an diesem 8. April keinerlei Nachrichten in Fernsehen und Radio zu vernehmen. Der Streik war eine wiederholte Reaktion auf das von IWF, EZB und EU getragene Sparpaket und den damit verbundenen sozialen Kahlschlag. So wurden unter anderem Mindestlöhne auf monatlich 486 Euro netto gesenkt, Mindestrenten auf 368 Euro, auch einige landesweit geltende Tarifverträge wurden im Zuge dessen außer Kraft gesetzt – hinzu kommt der anhaltende, drastische Abbau des Sozialstaates.
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