Die Ökonomisierung der Krankenversorgung am Beispiel der Klinikum Region Hannover GmbH
2004 wurden die diagnosebezogenen Fallgruppen (G-DRG = German Diagnosis Related Groups) eingeführt, was bedeutet, dass ein stationärer Klinikaufenthalt nach der zugehörigen Diagnose mit einer Pauschale abgegolten wird. Bereits im Jahr 2001 haben die Krankenkassenspitzenverbände das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus gGmbH (InEK) gegründet, das jährlich die Fallpauschalen neu berechnet. Es gibt etwa 1100 solcher Fallgruppen, jedoch können selbst mit sehr detaillierten Pauschalen die Kosten für die Behandlung von schwer kranken oder schwer verletzen PatientInnen (Extremkostenfälle) nicht abgedeckt werden. Auch werden aktuelle Kostenentwicklungen wie steigende Personalkosten nicht einbezogen. Die Krankenhäuser müssen also seit dem Jahr 2004 kontinuierlich mit weniger Personal auskommen.
Während im Jahr 2012 fast jedes zweite Krankenhaus in Deutschland Verluste gemacht hat, und es im Jahr 2013 ähnlich aussehen wird, sollen die Krankenkassen bis 2012 insgesamt ca. 28 Milliarden Euro Rücklagen angehäuft haben. Obwohl Geld vorhanden ist, droht vielen Krankenhäusern bereits kurzfristig die Insolvenz und somit die Schließung. Auch bei der Klinikum Region Hannover GmbH (KRH) kann nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Häuser aus angeblichem Geldmangel geschlossen werden müssen.
Auch eine betroffene Genossin leidet wie ihre KollegInnen unter der angespannten Personalsituation am Klinikum: „Wir sind chronisch unterbesetzt, für 29 PatientInnen sind werktags drei Examinierte und zwei Auszubildende eingesetzt, am Wochenende ist die Personalsituation noch schlechter. Die Arbeit ist kaum zu schaffen und von ausreichend Zeit für eine qualitativ hochwertige Betreuung der PatientInnen kann überhaupt nicht mehr die Rede sein.“
Das KRH besteht aus 13 Kliniken im Großraum Hannover, die im Jahr 2005 zusammengelegt worden sind. Die KRH GmbH, die damit einhergehend gegründet wurde, gehört der Region Hannover. Bei der Klinikgruppe handelt es sich also um ein Zwischenmodell aus staatlichem und privatem Betrieb, in dem Effizienz und Wirtschaftlichkeit an erster Stelle stehen. In den Jahren seit der Zusammenlegung hat es am KRH viele Umstrukturierungen gegeben: So sind in einigen Häusern die Küchen, Labore, Fahr- und Reinigungsdienste geschlossen und die Aufträge an Fremdunternehmen abgegeben worden, die Psychiatrie Langenhagen und die Psychiatrie Wunstorf sind als hundertprozentige Tochtergesellschaft ausgelagert worden, eines der Krankenhäuser wird grundlegend um- und ausgebaut und der Umbau wird neben Kosten in Millionenhöhe einschließlich bereits bekannter Fehlkalkulationen und Unterschlagungen wahrscheinlich Schließungen anderer Häuser und damit weitere Entlassungen nach sich ziehen.
Das KRH hat zurzeit ca. 8500 Beschäftigte, davon sind etwa 600 Auszubildende. In den letzten Jahren wurden jeweils 70 Auszubildende nach der Ausbildung übernommen. Auch 2014 sollen es nach Protesten wieder 70 sein. Insgesamt sollen jedoch 400 Vollzeitstellen abgebaut werden, im Jahr 2014 allein 170. Allerdings soll es keine betriebsbedingten Kündigungen geben, sondern die Stellen sollen ‚sozial verträglich‘ durch ‚natürliche‘ Fluktuation entfallen, das heißt: Befristete Verträge werden nicht verlängert, oder Beschäftigte, die in Rente gehen, nicht ersetzt.
Interessant bei den Sparmaßnahmen ist, dass sie vor allem das Pflegepersonal, Verwaltung und medizinisch-technische Beschäftigte trifft, während in den letzten Jahren laut Statistik mehr ärztliches Personal eingestellt wurde. Es sind die Pflegekräfte und schließlich die ganze Bevölkerung, die unter dieser Ökonomisierung der Krankenversorgung und diesem Sparwahn von Staat und Krankenkassen leiden.
Gesundheit wird in dieser Hinsicht zu Ware. Die Liste der Forderungen geht über Lohnerhöhung und Übernahme von Auszubildenden hinaus. Eine Rücknahme der Krankenhausführung unter privatwirtschaftlichen Gesichtspunkten steht ganz oben. Die Fallpauschalen sollen abgeschafft oder gerecht umstrukturiert werden, so dass die Krankenhäuser und damit die Behandlung von PatientInnen ausreichend finanziert werden. Genug Personal und eine gute Ausbildung sollen sichergestellt und der Abbau von Bürokratie (wie ausufernde Dokumentation im Namen von Qualitätsmanagement) vorangetrieben werden.
In der FAU Hannover hat sich eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit dem Thema auseinandersetzt, informiert und mit einer Kampagne gegen die Ökonomisierung unserer Gesundheit Widerstand leisten will. Interessierte, die gemeinsam etwas bewegen wollen, können sich gern anschließen.
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