Der Wahlspruch Malaysias, einer in Südostasien gelegenen parlamentarischen Monarchie, lautet „Einheit ist Stärke“. Die wirtschaftliche Realität des Schwellenlandes sieht freilich anders aus: Dort gilt der Spruch „teile und herrsche“, in Form eines breiten Netzes von Subunternehmen für internationale Markenkonzerne.
Erzähl’ mal ’nen Schwank! August 2013 heuerte ein Mitglied der FAU Berlin bei einer hessischen Montagefirma an, Arbeitsplatz: Pekan in der Proving Pahang (Malaysia). Dort wollte der Kollege als Elektroingenieur in der Automobilindustrie arbeiten – die Einarbeitung vor Ort sollte durch einen deutschen Kollegen erfolgen. Am anderen Ende der Welt wurde unser Genosse aber zunächst als Lagerist, später dann als Elektriker – und nicht etwa als Elektroingenieur – eingesetzt und nie von besagtem Kollegen eingearbeitet. Vier Wochen später wurde ihm dann ein Änderungsvertrag mit einer Lohnkürzung von einem Drittel vorgelegt. Außerdem wurden Urlaubstage mit der „Rechtfertigung“ angerechnet, dass ein durch Monsun ausgelöstes Hochwasser ihm schließlich ein paar freie Tage beschert hätte – faktisch stand der Betrieb aufgrund der Havarie still. Das hessische Unternehmen ist eine Sub-Sub-Sub-Firma von Volkswagen (VW). Da Fertigimporte aufgrund staatlicher Regulierung (ja, das ist möglich!) sehr teuer sind, transportieren die Multis Einzelteile aus Indien und Mexiko nach Malaysia und lassen sie vor Ort viel günstiger montieren. Das läuft dann ungefähr so: Eine malaysische Firma kauft die Einzelteile von VW, schraubt die Autos zusammen und verkauft diese vor Ort wieder an VW. Profitabel ist das für die beteiligten Unternehmen auch, weil VW sich somit nicht mit arbeitsrechtlichen Mindeststandards beschäftigen muss – schließlich liegt die Verantwortung bei irgendwelchen Sub-Unternehmen. In Malaysia beläuft sich der gesetzliche Mindestlohn auf 950 MYR (rund 210 Euro), und das bei Lebenserhaltungskosten, die so hoch sind wie in Westeuropa. Ungelernte ArbeiterInnen werden vor allem aus Ländern wie Bangladesch angeworben und nach dem „hire and fire“-Prinzip komplett entrechtet – wer krank wird, verliert den Job. Die nächsten „billigen“ Arbeitskräfte warten schon vor den Toren des Automobilparks Pekan. Aber auch hier zeigen sich die Auswirkungen der aktuellen Wirtschaftskrise: Vor allem gelernte ArbeiterInnen werden auch aus den VW-Werken in Lissabon (Portugal) und Pamplona (Spanien/Baskenland) nach Malaysia „verschickt“. Hier, in der kapitalistischen Peripherie, zeigt sich übrigens auch, wie verschiedenste Großkonzerne als „Joint Venture“ an einem Strang ziehen: In Pekan stehen vier Automobilwerke auf einem Gelände; die gemeinsam betriebene Lackiererei in der Mitte der kreisförmigen Anlage verbindet alle Werke wie ein Herzstück. Der Genosse erhielt dann pünktlich vor Ende seiner sechsmonatigen Probezeit die Kündigung, ganz analog zum diesem Geschäftsmodell, das unter großer Ausbeutung seiner Angestellten das Minimum an Bezahlung geben möchte. Der Genosse ließ sich dies nicht gefallen, wandte sich an sein Syndikat in Berlin, das per Rechtsverfahren einen Vergleich vor Gericht für den Genossen mit aushandelte. Der Vergleich belief sich immerhin auf die sechsfache Summe der gängigen Kündigungsabfindung und sieht die Auszahlung von fünf unbezahlten Urlaubstagen vor – das ist inzwischen Realität. Strittig sind weiterhin drei Urlaubstage. Eine Fortsetzung folgt also in einer der nächsten DA-Ausgaben.