Der Konflikt mit der Heinrich-Böll-Stiftung ist längst ein Langstreckenlauf
Seit anderthalb Jahren kämpft die FAU Berlin für die Übernahme und tarifliche Entlohnung von KollegInnen, die in der grünen Heinrich-Böll-Stiftung über eine externe Firma unter prekären Bedingungen bei Veranstaltungen Umbau und Catering erledigten. Da die FAU dabei versteckte unerlaubte Leiharbeit vermutete, wurde bald eine erste Klage auf Übernahme eingereicht. Seitdem sucht die FAU vergeblich das Gespräch mit der Geschäftsführung der Stiftung, die die FAU nicht als im Betrieb vertretene Gewerkschaft akzeptiert. So übte sie Druck auf den Betriebsrat aus, damit dieser die FAU von einer Betriebsversammlung fernhält.
Vor einem Jahr beauftragte die Geschäftsführung dann eine neue Firma mit Leiharbeits-Lizenz und verdrängte so zugleich alle kämpferischen KollegInnen aus dem Betrieb. Als die FAU die Öffentlichkeit zunehmend auf den Konflikt aufmerksam machte und auch Bündnis ʼ90/Die Grünen wegen ihrer Mindestlohnkampagne zur Bundestagswahl in die Verantwortung nahm, gingen VertreterInnen der Stiftung und der Partei teilweise geradezu aggressiv gegen ihre Aktionen vor: In Halle etwa rief Steffi Lemke, Grünen-Funktionärin und Aufsichtsratsmitglied der Böll-Stiftung, die Polizei, als die FAU nahe ihres Wahlkampfstands Flyer verteilte. Die Beamten informierten sie allerdings, dass die Aktion durch das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt sei. In der heißen Phase des Wahlkampfes nahm die Stiftung dann das Gesprächsangebot der FAU an, die wie versprochen alle Aktionen einstellte, doch nach der Wahl teilte die Stiftung nur lapidar mit, dass sie doch nicht mit der FAU verhandeln werde.
Inzwischen war aber etwas anderes passiert: Wie vorhergesagt entschied das Gericht im Pilotprozess, dass die Beschäftigungsverhältnisse im Konferenzzentrum illegale Leiharbeit dargestellt hatten und die Böll-Stiftung den Kollegen übernehmen muss. Wegen der erhöhten öffentlichen Aufmerksamkeit durch die zahlreichen Aktionen der FAU fühlte sich die Geschäftsführung im Vorfeld der Wahl offenbar nicht geneigt, in Berufung zu gehen. Es folgte ein gutes Dutzend weiterer Klagen, denn anders als die Geschäftsführung meinte, hatte es sich nie um eine Auseinandersetzung mit einem einzelnen Beschäftigten gehandelt. Offenbar haben die Aktionen sogar zum Kampf gegen Prekarisierung als Geschäftsmodell beigetragen: Die ursprüngliche Dienstleistungsfirma wird demnächst aufgelöst, da inzwischen auch ihre Beschäftigten bei ihrem Hauptauftraggeber, dem Jüdischen Museum Berlin, gegen die schlechten Arbeitsbedingungen vorgegangen sind.
Nun aber hat die Böll-Stiftung offenbar ihre bisherige Taktik des Verweigerns und Verzögerns
verschärft: Der erste Kollege, der sich eingeklagt hatte, wurde zunächst einmal lange nicht bezahlt. Ihm wurden abstrus niedrige Arbeitszeiten und damit niedrige Einkünfte zugeteilt. Statt ihn wieder als Umbauer einzusetzen, versetzte man ihn in eine Außenstelle der Stiftung, wo er noch immer an jedem Donnerstagmorgen gut zwei Stunden ohne sinnvolle Tätigkeit herumsitzt. Er bekam auch keinen Zugriff auf das EDV-System und schreibt darum von Hand Briefe an die Geschäftsführung und den Betriebsrat. Ende März fiel dann endlich das Urteil über seine Arbeitszeit und Lohnhöhe: Wie von uns gefordert, muss der Kollege zehn Stunden pro Woche beschäftigt werden, allerdings soll er auch den niedrigsten Lohn des angewandten Tarifvertrages bekommen. Damit hätte die Stiftung eigentlich zufrieden sein können, doch diesmal legte sie Berufung ein, riskiert damit weitere Prozesskosten in vierstelliger Höhe und bezahlt lieber parallel weiterhin die neue Leiharbeitsfirma. Sie zögert damit eine Klärung noch weiter hinaus und setzt offenbar darauf, dass die kämpferischen KollegInnen sich den Kampf nicht mehr lange leisten können. Mittlerweile erteilt sie sogar vermehrt Abmahnungen – zum Beispiel, wenn der Kollege sich für seine zwei Stunden des Herumsitzens zu spät krank meldet. Letztlich liegt es aber in unser aller Interesse, dass es nicht gelingt, mit solchen Schikanen GewerkschaftsaktivistInnen loszuwerden. Denn wenn wir sie durch unsere Solidarität schützen, dann schaffen wir damit jedes Mal auch bessere Bedingungen für alle anderen Konflikte.
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