Eigentlich kam es bereits Mitte Dezember 2014 zu Tarifabschlüssen zwischen dem Arbeitgeberverband der Metallindustrie der Türkei (MESS) auf der einen und zwei Metall-Gewerkschaften auf der anderen Seite. Nur handelte es sich bei diesen Gewerkschaften um Çelik-Is und Türk-Metal. Die eine verortet sich in der Nähe der regierenden AKP, die andere sogar im Umfeld der rechtsextremen Grauen Wölfe. Die der sozialdemokratischen Gewerkschaftsföderation angehörende Birlesik Metal-Is (BMI) wollte sich allerdings nicht mit diesen ausgehandelten Tarifen zufrieden geben. Die unteren Gehaltsgruppen machen 70 Prozent des Branchenpersonals aus. Um sich gegen die weitere faktische Zementierung des Niedriglohnsektors zu wenden, traten so am 29. Januar an 22 Standorten mehrere tausend Beschäftigte in einen Streik. Doch wurde dieser schon am Tag darauf unterbunden: Präsident Erdogan griff unter Zustimmung der Regierung auf ein noch unter der Militärjunta geschaffenes Instrument zurück und verbot den Streik „einfach“ kurzerhand für die folgenden 60 Tage, unter Berufung auf eine vermeintliche Gefährdung der nationalen Sicherheit. In der Folge kam es sporadisch zu Betriebsbesetzungen, die allerdings nur wenige Stunden anhielten. Der Streik wurde nur mancherorts unvermindert weitergeführt. Offiziell ruft die BMI nun deswegen ihre Mitglieder unter anderem zum „Bummelstreik“ auf. Dieses einmal mehr skandalöse Vorgehen Erdoğans rief eine breite Welle von Solidarisierung auf den Plan, auch international.
Im südindischen Bangalore gingen am 12. Februar 100.000 Erzieherinnen und ihre Unterstützerinnen auf die Straße. Eine der größten Arbeiterinnendemonstrationen in der Geschichte Indiens! Grund für die Massenmobilisierung ist die Absicht des hinduistisch-konservativen Präsidenten, die staatlichen Kinderkrippen zu privatisieren. Dies hätte nicht nur negative Auswirkung für die Betreuung der Kinder, die nicht selten gesundheitliche Fürsorge beinhaltet, sondern auch auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Deswegen hielten die Gewerkschaftsföderationen AITUC und CITU ihre Mitglieder bereits seit dem 2. Februar zum Streik an. Nun sicherte auch die Provinzregierung Karnatakas den Arbeiterinnen zu, sie gegenüber der Zentralregierung in ihren Interessen zu vertreten. Neben einer Ablehnung der Privatisierung beinhalten die Forderungen der Betreuerinnen Lohnerhöhungen, eine Lebensversicherung von 50.000 Rupien pro Arbeiterin und die Schaffung einer Krankenversicherung für alle Angestellten. Dieser in seine Größe außergewöhnliche „weibliche“ Widerstand erlangte bedauerlicherweise in vielen Medien wenig Beachtung.
Seit Anfang Februar befinden sich 5000 Ölarbeiter an neun Standorten in landesweiten Streiks – zum ersten Mal seit 35 Jahren. Betroffen sind vor allem Raffinerien des BP-Konzerns. Die Gewerkschaft United Steelworkers of America (USW), die landesweit etwa 30.000 Arbeiter in verschiedenen Berufen der Ölindustrie vertritt, rief zu den Arbeitsniederlegungen auf. Dies führte zu einem fünfzehnprozentigen Einbruch der landesweit raffinierten Menge und bewirkte schlagartig, dass der Preis für Nordseeöl der Sorte Brent beispielsweise von ca. 49 Euro je Barrel auf etwas über 55 Euro stieg – nicht gerade ein Nachteil für die Ölunternehmen. Doch die Arbeiter haben eigene triftige Gründe für den Ausstand: Statt höherer Löhne fordern sie vor allem bessere, sicherere Arbeitsbedingungen und eine geregelte Abrechnung von Überstunden, da vielerorts erhebliche personelle Unterbesetzung herrscht und es durch den erhöhten Arbeitsdruck gehäuft zu Unfällen kommt: 43 Mal im Jahr wird in US-Raffinerien Brandalarm gemeldet, im Jahr 2011 starben 112 Arbeiter. (Für die Folgejahre existieren noch keine ausgearbeiteten Statistiken.) USW-Funktionär Tom Conway ließ verlauten: „Diese Branche ist die reichste der Welt. Sie kann es sich leisten, die geforderten Veränderungen vorzunehmen.“ Aus der Bevölkerung gab es bisher ungewohnt viele Solidaritätsbekundungen.
Skandalös: Der 51-jährige Aktivist Tony Cox, Mitglied des Scottish Unemployed Workers Network, wurde Anfang Februar wegen angeblich „bedrohlichen Verhaltens“ von der Polizei festgenommen. Sie bezieht sich dabei auf eine Ruhestörung, die sich ein paar Tage zuvor in einem Jobcenter ereignet hatte. Zwar war der betroffene Aktivist „schnell“ wieder frei, doch das unverhältnismäßige Vorgehen der Polizei mobilisierte einige Dutzend UnterstützerInnen in der ostschottischen Region Tayside. In den Redebeiträgen wurde betont, wie „normal“ Schikane von Amtswegen mittlerweile geworden sei und welche Schande sie oft für die Betroffenen ist. Auch überregional soll es Unterstützungsaktionen gegeben haben.
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