Zum Kongress der Kurdischen Linken in Hamburg
Es war ein VIP gespicktes Polit-Lineup: Occupy-„Gründer“ und Feuilletonanarchist David Graeber, Bookchin-Biographin Janet Biehl oder der neomarxistische Politologe John Holloway unterstrichen den Anspruch der OrganisatorInnen, dass der Kongress „Network for an alternative quest: Die Kapitalistische Moderne herausfordern II“ – orientiert an der PKK nahen kurdischen Bewegung – neue Impulse für eine globale anti-kapitalistische Bewegung geben sollte. Jedes der vielen Podien, die die Universität Hamburg über das Osterwochenende beherbergte, spiegelte fast die gesamte Bandbreite linker Bewegungen und Ansätze wieder. Indische Grassroots-Aktivistinnen waren genauso zugegen wie ein venezolanischer Regierungsberater, langjährig inhaftierte türkische Kommunistinnen ebenso wie britische Uniprofessoren, syrisch-kurdische YPJ-Kämpferinnen trafen auf Politiker der deutschen Partei „Die Linke“. Proklamiertes Ziel der Konferenz war die „Sezierung“ der kapitalistischen Moderne, also die sich zuspitzenden globalen Krisen in einen Bezug zur kapitalistischen Produktionsweise zu setzten.
Die Diskussion der diversen globalen Krisen führte immer wieder zu der Feststellung, dass die kapitalistische Moderne ihre Versprechungen, Rassismus, Fundamentalismus und Patriachalismus zu überwinden, nicht einlösen kann: In vielen Teilen der Welt sind ethnische, religiöse und frauenfeindliche Gewalt auf dem brutalsten Niveau seit Jahrhunderten. Das Gesellschaftsprojekt in Rojava wurde gegen diese Zustände in Stellung gebracht, da hier ein friedliches Zusammenleben verschiedener Ethnien und Religionen möglich werden könne und die Frauenbewegung ein wichtiger Faktor ist. Der isolierten und marginalisierten linken kurdischen Bewegung scheint zumindest in den kleinen Kantonen Rojavas in der Hölle des syrischen Bürgerkrieges etwas zu gelingen, was militärischen Großmächten wie der Türkei oder den USA unmöglich ist. Allein, wie diese notdürftige Linderung der syrischen Katastrophe schon eine „Alternative“ zum globalen Kapitalismus bietet – wie es in den Publikationen der Hamburger Konferenz ja den Anschein erweckte – blieb äußerst vage. Vielmehr kam zum Ausdruck, dass es im Konzept des Demokratischen Konföderalismus nach PKK Gründer Abdullah Öcalan zu allererst um Toleranz und Akzeptanz, um Demokratie und Austausch geht. Diese Werte müssen mit Blick auf Rojava als eine an der Realität des Nahen und Mittleren Ostens orientierte Praxis ernst genommen werden, einen Ausweg aus der sich seit Jahrzehnten zuspitzenden Barbarei zu finden. Genau dies aber taten einige deutsche TeilnehmerInnen der Konferenz nicht: Beharrlich wurde die Etablierung eines „alternativen Bankensystems“ in Rojava gefordert, wurde gejubelt, dass das isolierte, ökonomisch in weiten Teilen am Boden liegende Rojava nicht durch das Finanzsystem „neokolonialisiert“ sei – unerträgliche Euphemismen für die verzweifelte Lage z.B. im komplett zerstörten Kobani.
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