Ein Bericht zur aktuellen Lage der Flüchtling in Verbindung mit der Mafia
Gerade geht in Rom und in seiner Umgebung unglaubliches vor. Fast wie zu Beginn der 1990er Jahre kommt ein System zum Vorschein, bei dem Gedacht worden war, den Sumpf aus Verquickung von mafiösen Strukturen und der öffentlichen Hand in Italien trocken gelegt zu haben. Dies war natürlich weit gefehlt – nicht erst Berlusconi und andere Politiker erlebten auch nach den zahlreichen Gerichtsprozessen vor 20 Jahren rätselhafte Aufstiege – nein auch die beständige Verbindung zwischen diesen Strukturen und der Politik endete nie. Zwar wurde die gesamte italienische Parteienlandschaft zur Zeit des „Manipulite“ und „Tangentopoli“ komplett umgepflügt – das Übel bekam nun meistens aber einfach einen neuen Namen. Und auch die organisierte Kriminalität änderte sich, sie wanderte viel mehr vom einfachen Drogenschmuggel oder der Schutzgelderpressung in die höhere Wirtschaft, dort wo es sie wie in anderen Ländern auch in Italien vielen Bereichen im höheren Finanzwesen gibt.
In den jetzigen Enthüllungen hat sich die Mafia ein besonderes neues Tätigkeitsfeld gewählt: Die Unterbringung der von Afrika kommenden Bootsflüchtlinge in Auffanglagern. Zunächst wurde dabei im Dezember letzten Jahres aufgedeckt, dass die insbesondere in Kooperation des rechtsextremen Politikers Massimo Carminati und des aus der „linken“ Ecke kommenden Salvatore Buzzi, der Chef eines Genossenschaftskonsortiums war, ein Netzwerk entstand, welches auf dem Rücken der Flüchtlinge eine wahre Geldmaschine wurde. So wurden von den 35 Euro, welche täglich vom italienischen Staat pro Flüchtling für seine Unterbringung an eine Organisation gezahlt werden, ein Großteil selbst eingestrichen sowie für das Schmieren weiterer öffentlicher Verwaltungsmitarbeiter und Politiker bezahlt. Dafür boten die Unterkünfte nur miserabelste Bedingungen für die Flüchtlinge um damit den größtmöglichen Gewinn zu erwirtschaften. Unter diesem perfiden System fielen auch weitere Geschäfte aus öffentlichen Vergaben.Im letzten Monat kamen nun weitere Details ans Licht – zudem stieg die Zahl der Verhaftungen auf mittlerweile um die 80 Festnahmen. Einige dieser Festgenommenen entstammen den hohen Machtzirkeln der Stadt Rom und seiner Umgebung – deshalb „mafia capitale“. Buzzi und Carminati kennen sich bereits seit den achtziger Jahren aus dem Gefängnis – damals saß Buzzi wegen Todschlags dort, Carminati bereits wegen illegalen Geschäften innerhalb der alten Mafia Roms. Ihr System der Flüchtlingsunterbringung ging dabei weit über Rom hinaus: Bereits die erste Station von aus Afrika stammende Asylsuchende, die Unterbringungsstation in Mineo auf Sizilien, gehörte zum System von Buzzi, Carminati und Konsorten. Dabei kam in abgehörten Telefonaten heraus, wie sehr sie ihr neues Geschäft mit den Flüchtlingen bejubelten, da es „viel mehr Geld einbringen würde, als das Geschäft mit Drogen“.Unter diesen Bedingungen, bei denen unklar ist, ob es unter staatlicher Aufsicht tatsächlich möglich ist die Bereicherung an Flüchtlingen zu stoppen – denn Politiker aller Parteien sind in „mafia capital“ involviert – sind dann auch die Ereignisse der letzten Wochen zu verstehen. Mitte Juni versuchten über 100 Flüchtlinge mit dem Zug von Italien nach Frankreich zu gelangen und wurden an der Grenze im ligurischen Ventimiglia gestoppt. Die Grenzbeamten auf Französischer Seite verweigerten ihnen die Einreise und es kam in der Folge zu dramatischen Ereignissen: Die Flüchtlinge begannen einen Hungerstreik, wurden von der italienischen Polizei später aus dem Bahnhof gezwungen und wiederum zurück nach Italien in Unterkünfte gebracht. Trotz Schengen besteht der französische Staat in diesem Fall auf die Grenzkontrollen, welche durch das Dublin II-Abkommen möglich werden. Venitmiglia bleibt auch in den letzten Tagen ein Hotspot für anreisende Flüchtlinge, die Italien verlassen wollen, aber immer wieder daran gehindert werden. Über dies wird jedoch hierzulande, wie auch in anderen europäischen Ländern, kaum berichtet. Des Weiteren werden die meisten Flüchtlinge in Italien von den staatlichen Strukturen weitgehend alleine gelassen, beziehungsweise enden sie im Kapitalakkumulierungssystem Auffanglager.
Interview mit Torsten Bewernitz und Gabriel Kuhn.
Der revolutionäre Syndikalismus, wie wir ihn kennen, gehört vielleicht der Vergangenheit an. Damit er überleben…
Rezension zum Buch der Sanktionsfrei e.V. Gründerinnen über Bürgergeld, Armut und Reichtum.
Arbeits- und Klimakämpfe verbinden - zum neuen Buch von Simon Schaupp und dem Film Verkehrswendestadt…
Alter Chauvinismus oder die Kehrtwende in eine neue Fürsorglichkeit.
Rezension zu „Die kleinen Holzdiebe und das Rätsel des Juggernaut“
Leave a Comment