Neue Managementkonzepte erhalten durch Corona neuen Schub.
„Jetzt in der Corona-Krise arbeitet Ihr Unternehmen agil. Führen Sie den Schwung weiter!“, fordert Axel Korge vom Frauenhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation. [1]Fraunhofer IAO Agile Steuerung oder agile Führung sind neue Schlagworte in den Betrieben. Viele Arbeitsprozesse sind heute nicht mehr mit einer zentral durchdachten Steuerung regelbar. Unternehmen suchen nach neuen Strategien, um die Digitalisierung im Betrieb umzusetzen. Zunehmend soll agile Führung die Lösung sein.
Agile Arbeitsmethoden sind seit Jahren in der Softwareentwicklung verbreitet. Inzwischen nutzen immer mehr Unternehmen dieses Wissen zu agiler Unternehmenssteuerung. „Agilität entstand als Reaktion auf langsame, bürokratische Organisationen“, so begründet Richard Pascale, Vordenker der Unternehmensberatung McKinsey, das Konzept. [2]siehe: www.onpulson.de/lexikon/agilitaet
Der Duden übersetzt „Agilität“ mit „von großer Beweglichkeit zeugend; regsam und wendig“. Aus dem Englischen lässt sich „agile“ mit „behände“ oder „gewandt“ übersetzen und entspricht somit der Bedeutung des deutschen Worts „agil“. Agilität beschreibt – kurz zusammengefasst – die Fähigkeit von Menschen, rasch und effektiv auf Veränderungen zu reagieren.
Die Digitalisierung „leitet einen epochalen Wandel unserer wirtschaftlichen Systeme ein“, sagt Wilhelm Bauer vom Fraunhofer-Institut. „Jenseits aller Unsicherheit und Zukunftsfragen bieten die transformativen Entwicklungen auch viele Chancen – aber nur für diejenigen, die sich dem Wandel proaktiv stellen und selbst vorangehen wollen“. Bauer ist Leiter des Fraunhofer-IAO, das für viele Unternehmensführungen erster Ansprechpartner bei Fragen der Digitalisierung, es hat für die Bundesregierung die Studie „Produktionsarbeit der Zukunft – Industrie 4.0“ erstellt. „Denn Veränderung ist zum Dauerprozess in Unternehmen und Organisationen geworden. Hier spielt die Agilität von Unternehmen, also die dauerhafte und permanent herzustellende Fähigkeit, schnell und flexibel auf Veränderungen zu reagieren oder diese sogar im Markt bewusst herzustellen, eine große Rolle“, sagt Jens Bergstein, Verfasser einer Kienbaum-Studie. [3]www.pr-journal.de/lese-tipps/studien/16203-studie-
Am Beispiel eines Softwareprojekts kann die „agile Denkweise“ dargestellt werden. Nach dem klassischen Verständnis wurde zunächst mit großen Zeitaufwand bis ins letzte Detail ein Pflichtenheft erarbeitet und daraus eine komplexe Softwarearchitektur erstellt, die dann genau so programmiert und getestet wurde.
„Wenn der Kunde dann merkte, dass er eigentlich etwas anderes gewollt hätte oder wenn sich die Marktbedingungen in der Zwischenzeit geändert hatten, konnte man kaum noch etwas ändern“, spitzt Tim Riedel, Geschäftsführer der Beratungsfirma Interpool, die Problematik zu. „Um dem entgegenzuwirken, läuft die agile Programmierung in kleinen Entwicklungsschleifen ab, in denen konstant und fast gleichzeitig geplant, entwickelt, getestet und mit dem Kunden abgeglichen wird.“ Grundlage für die Arbeit sei nicht das Pflichtenheft mit der Frage „Wie soll die Software im Einzelnen funktionieren?“, sondern eine „User Story“: „Was soll die Software erreichen und ermöglichen?“. [4]www.haufe.de/personal/hr-management/agile-personalauswahl-leitfaden/agile-personalauswahl-definition-der-methode_80_419888.html
Die Umsetzung „agiler Steuerung“ in den Betrieben kann sehr unterschiedlich erfolgen.
Die agile Arbeitsweise kann über selbstorganisierte Teams eingeführt werden. Dabei wird oft von „agilen Teams“ gesprochen. Bestimmte Koordinierungs- oder Führungsaufgaben werden vom Team übernommen. Jedoch entfällt dabei oftmals nicht die Führungskraft. Die Führungskraft hat dabei zunehmend moderierende Aufgaben, ist für die Strategieentwicklung, die Rahmenbedingungen oder die Weiterentwicklung der Teammitglieder verantwortlich.
Die Stadt Laatzen gründete „19 Teams, die als sich weitgehend selbststeuernde Arbeitseinheiten tätig sind“ (Arne Schneider, Kreative Kommune). Diese Teams verfügen über einen eigen Teilhaushalt.
Oftmals wird bei Projekten die Methode „Scrum“ eingesetzt. Der Begriff stammt aus dem Rugby und heißt übersetzt „Gedränge“. Scrum kann zur Ausgestaltung von Projekten genutzt werden. Ein wichtiger Aspekt ist die gemeinsame Planung der Arbeitsaufgaben im Team. Den Beschäftigten werden keine Anweisungen für einzelne Arbeitsschritte gemacht – vielmehr erfolgt die Steuerung indirekt, in dem diese Teams etwa eine Software programmieren oder in eigener Verantwortung innerhalb der Vorgaben direkt dem Kunden gegenüber am Markt aktiv werden müssen. In den Scrum-Teams, sollen maximal zehn Personen tätig sein, damit die Kommunikation einfach und direkt bleibt.
Einen vorgegebenen Weg, eine Beschreibung einzelner Projektschritte im Vorfeld gibt es nicht. Vielmehr soll sich das Team selbst organisieren. Für den ersten „Zwischenschritt“, den „Sprint“ werden 30 Tage Zeit gegeben. Es finden tägliche Scrum-Meetings statt, welche maximal 15 Minuten dauern dürfen. Um es auch tatsächlich kurz zu halten, bleiben die Teammitglieder meistens stehen. „Führungsaufgaben“ übernehmen drei Rollen: Product-Owner, den Scrum-Master und das Team.
Der Scrum-Master ist der Scrum-Manager. Er coacht den Product-Owner und das Team in den wesentlichen Scrum-Methoden und versucht die Organisationskultur des Unternehmens mit der Arbeit des Scrum-Teams zu harmonisieren. Er gibt einzelnen Team-Mitgliedern keine Arbeitsanweisungen. Weder beurteilt er sie, noch hat er disziplinarische Möglichkeiten. Gleichzeitig haben die Teammitglieder aber disziplinarische Vorgesetzte, die sie in ihren Abteilungen weiter zeitlich einplanen. Der Scrum-Master ist als Coach für den Prozess und die Beseitigung von Hindernissen verantwortlich.
Dies kann in der Praxis zu erheblichen Konflikten führen. „Der Scrum Master darf vor der Führungskraft nicht einknicken. Er muss deutlich sagen, wenn die agilen Methoden nicht so laufen, wie sie laufen“, warnt Bernd Klumpp von der Telekom. [5]siehe: https://hr-pioneers.com/wp-content/uploads/2015/07/managerSeminare-0815.pdf
Die agile Arbeitsweise grenzt sich von klassischen Vorgehensweisen ab, die eine feste Abfolge bei der Konstruktion oder Umsetzung vorsieht. Das Softwareprojekt wird in kurze Intervalle gegliedert, die zu lauffähigen Teilstücken führen. Diese Teilstücke werden dann sofort getestet. „Es entsteht ein sogenannter iterativ-inkrementeller Prozess mit kurzen Rückkopplungsschleifen.
Iterativ-inkrementeller Prozess bedeutet:
Im Team wird gemeinsam über das Vorgehen gesprochen, es erfolgt ein Austausch über Probleme im Planungsprozess. Um den Aufwand einzelner Aufgaben jedes Arbeitsschrittes einschätzen zu können, verwendet man beim „Planning Poker“ Spielkarten mit Zahlen. Auf ein Kommando hin halten alle die Zahl hoch, die als Zeitaufwand geschätzt wird. Die Product-Owner sind für die fachlichen Aufgaben und die für das Projekt notwendigen Ressourcen zuständig. Sie fassen die gemeinsam erarbeiteten Softwareanforderungen in einem Product-Backlog zusammen und machen diesen allen Teammitgliedern jederzeit verfügbar. Sie priorisieren Aufgaben und bewerten, ob die Aufgaben erreicht wurden.
Manche Unternehmen orientieren sich bei der betriebsorganisatorischen Ausrichtung an agilen Konzepten. Beim Musik-Streamingdienst Spotify wurden agile Methoden zu einem Organisationsmodell weiterentwickelt. Beim „Spotify-Modell“ sind Squads, Tribes und Guilds bedeutsam.
Bei agiler Steuerung finde „dezentrale Organisationsentwicklung statt, die einen evolutionären Charakter besitzt“, findet Carsten Schermuly. „Ein Mitarbeiter kann verschiedene Rollen übernehmen. Wenn eine Rolle zu komplex wird, dann bildet sich eine neue“, so der Ansatz. „Die Mitarbeiter entkommen der Hierarchie und den peniblen Kontrollmechanismen klassischer Unternehmensstrukturen. Das bringt mehr Selbstbestimmung und Einfluss“. [8]Schermuly, „New Work – Gute Arbeit gestalten“, Haufe-Verlag, Seite 144 Deutlich benennt Schermuly den Veränderungsbedarf bei dem Personenkreis der „ehemaligen Führungskräfte“. Denn diese „müssen normale Rolleninhaber werden oder das Unternehmen verlassen“. Wer mit dieser Härte gegenüber Vorgesetzten agiert, wird Arbeitnehmer, die weniger flexibel sind, auch nicht humaner umgehen. So erscheint „agile Steuerung“ gar nicht mehr so modern – sondern vielmehr als anderer Begriff für das amerikanische „Hire and fire“.
Wissenschaftler*innen sahen in den agilen Methoden anfangs „Emanzipationspotenziale für die Beschäftigten“. Denn im Team wird gemeinsam über das Vorgehen gesprochen, es erfolgt ein Austausch über Probleme im Planungsprozess. „Der Schätzprozess soll die Arbeitsplanung des Teams demokratisieren. So soll es vor Überlastung durch das Management geschützt werden“, erläutert Stefan Sauer vom ISF München. [9]Computer und Arbeit 2/2014, S. 17–19 Die Praxis zeigt jedoch eine andere Entwicklung. Allein die Vorgabe, den „Zwischenschritt“, den „Sprint“, innerhalb von 30 Tagen abgeschlossen zu haben, verdeutlicht, welcher Zeitdruck vom Unternehmen aufgebaut wird.
Scrum ist für hochqualifizierte Beschäftigte „ein Verlustgeschäft; sie werden dann in einem durchgetakteten Arbeitsprozess eingebunden, der sie einem hohen Zeit- und Rechtfertigungsdruck aussetzt, ihnen keine Möglichkeiten bietet, über die Verausgabung ihrer Arbeitskraft mit zu verfügen. Wissensarbeit wird dann am »digitalen Fließband« organisiert“, betont Andreas Boes vom ISF München. [10]Schröder/Urban, Gute Arbeit 2016, Seite 232 Ernormer Druck entsteht einerseits wegen „der hohen Transparenzanforderungen“, denn im Planungsstadium müssen die Programmierer ihre Arbeitsweise offen legen. Vor allem die Einschätzung, wie viel Zeit für einzelne Programmierschritte benötigt wird, setzt die Arbeitenden bei der Umsetzung unter Zeitdruck. Über Scrum werden detailliert Arbeitspakete erfasst, die der Planung dienen sollen. Andererseits entsteht sozialer Druck innerhalb der Teams, denn es wird gemeinsam über das Vorgehen gesprochen, entsprechend erwarten Teammitglieder die Umsetzung. „Vor möglichen Unterauslastungen des Teams schützt neben der potenziell möglichen späteren Kontrolle durch Vorgesetzte schlichtweg der soziale Druck im Team“, so Sauer.
Die Programmieraufgaben galten bisher als vergleichsweise wenig standardisiert. Durch Scrum wird jetzt zunehmend Druck auf die Beschäftigten ausgeübt. „Das ist mein Fließband“, erläutert ein Programmierer seine Erfahrungen mit Scrum [11]Schröder/Urban, Gute Arbeit 2016, Seite 232. „Der SAP-Betriebsrat Ralf Kronig beklagt, dass eine ursprünglich ganzheitliche Arbeit bei SAP immer mehr in kleine standardisierte Module zerlegt und damit die Arbeit extrem verdichtet wird. Kronig spricht expliziert von einer Re-Taylorisierung“, betont der Bremer Arbeitsforscher Wolfgang Hien. [12]siehe: www.verein-agl.de/eroeffnungsrede
Der Arbeitsdruck wird durch agile Steuerung noch mehr gesteigert. Was aus Beschäftigten-Sicht zu tun ist, zeigen Befragungen zur Arbeitszeit. „Viele würden gerne kürzertreten“, zeigt eine Auswertung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. [13]siehe: www.boeckler.de/117713_117731.htm Denn die gewünschte Arbeitszeit der Beschäftigten liegt im Schnitt vier Stunden unter der tatsächlichen. „Bei einer Unternehmensberatung in Bielefeld dauert der Arbeitstag seit einem Jahr nur noch fünf Stunden“, meldet dagegen die Handelsblatt-Gruppe. Die Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnkürzung erfolgt auf Initiative des Firmengründers Lasse Rheingans: „Keiner kann acht Stunden am Stück konzentriert arbeiten“. Das Fazit eines Beschäftigten nach der Testphase lautet: „Das klappt auf jeden Fall, man muss sich nur trauen“. [14]siehe: https://orange.handelsblatt.com/artikel/52446
Wie akut die Probleme sind, zeigen aktuelle Untersuchungen: „Die aktuellen Befunde des DGB-Index Gute Arbeit zeigen: Der Arbeitsstress bleibt auf einem besorgniserregend hohen Niveau“, sagt der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann. [15]siehe: https://www.dgb.de/themen/++co++9a9cbe24-173d-11ea-93f3-52540088cada Mehr als die Hälfte der Befragten (53%) berichten, dass sie sich bei der Arbeit sehr häufig oder oft gehetzt fühlen. Insgesamt berichtet mehr als ein Viertel der Beschäftigten (26%), dass sie sehr häufig oder oft die Arbeitsmenge, die sie eigentlich erledigen müssten, nicht in der vorgesehenen Arbeitszeit schaffen können, weil sie die Unternehmen auch durch agile Steuerung zunehmend steigern.
Ob die Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung durch Verkürzung wöchentlicher Arbeitszeit oder ein mehr an Urlaubstagen, müssen die Tarifkommissionen diskutieren – die Forderungen „50 Tage Urlaub für alle“ klingt auf alle Fälle eingängig!
Gleichzeit muss es aber auch um die Arbeitsmenge gehen. Eine spannende Tarifbewegung findet derzeit unter den Stichwort „Tarifvertrag zur Entlastung“ im Gesundheitswesen statt. Thema sind die Arbeitsbedingungen. Es geht um eine Personalplanung im Sinne der Beschäftigten und eine ausreichende Personalausstattung. Die Beschäftigten der Charité in Berlin haben als erste Belegschaft einen vorbildlichen Tarifvertrag dazu erkämpft. Es gelten tarifliche Mindestbesetzungsstandards, so soll mehr Personal eingestellt werden, es gibt Schlüssel für die Besetzung einzelner Schichten. Unter dem Motto: „Mehr von uns ist besser für alle“ wurde deutlich, dass auch Patient*innen Vorteile durch den Tarifabschluss haben. Die Verknüpfung tarifpolitischer Ziele mit gesamtgesellschaftlichen Themen stärkte den Arbeitskampf: So wurde eine hohe Streikfähigkeit erreicht, um so wirtschaftlichen Druck auszuüben.
Seitdem wurden Abschlüsse an Unikliniken in Baden-Württemberg, Essen und Düsseldorf, Augsburg oder im Saarland erkämpft. Zukunftsweisend scheint die tarifvertragliche Regelung am Uniklinikum Jena. Beschäftigte erhalten bereits ab der sechsten Schicht, die sie unterbesetzt arbeiten, eine Freischicht. Das erhöht den Druck auf das Krankenhaus. [16]siehe: Die Tarifverträge Entlastung werden immer besser
Werden die Erfahrungen aus den Krankenhäusern bei Gewerkschaftstagen von IG Metall oder Ver.di ausgewertet und auf andere Branchen übertragen? Nein, bundesweite Tarifverträge zur „Entlastungen“, zu Personalplanungen und Digitalisierung werden derzeit auf Ebene der Gewerkschaftsvorstände gar nicht diskutiert.
Bei den Kämpfen zu den Tarifverträgen zur Entlastung wurden Organizing-Ansätze weiterentwickelt. Gewerkschaftsmitglieder übernahmen die Funktion der Tarifberatung, die den regelmäßigen Kontakt zwischen einzelnen Beschäftigten in Stationen und der Tarifkommission pflegt. So bestanden kurze Informationswege zwischen denen die verhandeln und denen, um deren Arbeitsbedingungen es geht. Auch diese Möglichkeiten sollten gewerkschaftsübergreifend ausgewertet werden.
IG-Metall-Vorstandsmitglied Felix Stumpf kritisiert, die Digitalisierung sei „weniger von technischen Möglichkeiten oder Humanisierungsideen getrieben als von Rentabilitätserwägungen“. Ein Teil der Rationalisierungsgewinne aber, so seine Forderung, müsse für die Schaffung einer bildungsförderlichen Arbeitsumgebung ausgegeben werden. [17]siehe: https://50jahre.iab.de/wissenschaft-trifft-praxis-tagungsbericht-zur-konferenz-berufe-in-der-digitalisierten-arbeitswelt-am-21-und-22-juni-2017-in-amberg
Das liegt nicht zuletzt an den Gewerkschaften. Tarifvertragliche Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung und Entlastung können zur Gegenwehr genutzt werden.
Titelbild: cc by Hovfot
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Kommentare
Danke für den Artikel. Ist auf jeden Fall sehr informativ und zeigt Risiken von agilen Methoden auf.
Leider wird dabei der Fokus zu sehr auf das Negative gelegt. Ich persönlich empfinde das Einführen agiler Methoden in unserem Unternehmen als Entlastung (aus den im Text genannten Gründen) und einige meiner Kollegen auch.
Zwei Kritikpunkte hätte ich dann noch an dem Text:
1) Ich hatte beim Lesen das Gefühl, dass versucht wurde, unbedingt das Kritikwürdige zu suchen, selbst da wo es gar nicht zutreffend ist.
2) Dieses Beispiel vom 5-Stunden-Tag, das gebracht wird, müsste genauso kritisch betrachtet werden wie die agilen Methoden. Denn das Prinzip ist dasselbe: "Wenn ihr die Arbeit in 5 Stunden schafft, dann macht sie in 5 Stunden." Der Druck auf die Kolleg*innen wächst enorm und am Ende wird vermutlich in den 5 Stunden mehr Arbeit erledigt als normalerweise in 8. Aus Unternehmersicht geht es hier genauso darum, die Arbeit zu verdichten und die Mitarbeiter sich selbst und gegenseitig kontrollieren zu lassen. Spart Geld und Führungskräfte.
Der Arbeitsdruck in den Betrieben nimmt zu. Mehr als die Hälfte der Arbeitnehmer steht sehr häufig unter Zeitdruck. Das zeigt die aktuelle Untersuchung des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) im „Index Gute Arbeit“. Das ist auch eine Folge der zunehmen- den Digitalisierung, die bereits weit fortgeschritten ist. Bei 82 Prozent aller Arbeitnehmer wird die Arbeit durch Digitalisierungsprozesse beeinflusst, bei 60 Prozent sogar in hohem oder sehr hohem Maße. Häufig werden diese verschlechterten Arbeitsbedingungen ausschließlich auf die neue digitale Technik zurückgeführt – es wird übersehen, welchen Einfluss Managementstrategien dabei haben. In vielen Betrieben zeigt sich ein Trend, der mit den Begriffen „Agilität“, „agile Unternehmensführung“ oder „agile Personalauswahl“ verbunden ist. Unternehmen versuchen mit diesen Strategien die Digitalisierung in ihrem Sinne zu gestalten.
Gut dazu die inzwischen kostenlos erhältliche Broschüre des isw in München:
https://www.isw-muenchen.de/produkt/wirtschaftsinfo-52/