Einen gewerkschaftlichen Feminismus entwickeln

Die unbezahlte Haus- und Sorgearbeit von Frauen, die im Durchschnitt schlechter bezahlte berufliche Arbeit von Frauen und Transpersonen, sowie die gesellschaftliche Unterdrückung allgemein sollten in jeder Gewerkschaft zu einer besonderen Beschäftigung mit Geschlechterverhältnissen führen. In der FAU wird an verschiedenen Stellen versucht, eine gewerkschaftlich-feministische Strategie zu entwickeln.

Seit 2016 besteht bei der FAU Berlin eine offene Beratungsstelle zu Sexismus am Arbeitsplatz. Sie bietet Unterstützung in Fällen sexueller Belästigung sowie bei sexuellen Übergriffen an und hat mehrere, vor allem migrantische Arbeiter*innen dahingehend beraten.[1]Die Beratungsstelle befindet sich derzeit in einer Umstrukturierungsphase, weswegen das Angebot vorübergehend ausfällt. Seit 2017 gibt es in der FAU Dresden die AG Feministische Kämpfe, die u.a. die Frauenkampftagsdemonstration zur Frauen-JVA Chemnitz unterstützt hat und im Moment Bildungsangebote zum Themenkomplex „Gewerkschaft und Feminismus“ erarbeitet. Zuletzt hat das Internationale Komitee der FAU über den feministischen Generalstreik in Spanien berichtet und angeregt, diesen auch in Deutschland zu etablieren.

Um diese und andere Initiativen zu bündeln, hat sich Mitte 2017 die FAU-weite feministische Vernetzung fem*fau[2]Kontakt: femfau-kontakt@fau.org gebildet. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, Frauen und LGBT innerhalb der FAU zu vernetzen und eine gewerkschaftlich-feministische Strategie für die Praxis zu entwickeln.

Gewerkschaftliche Solidarität mit Sexarbeiter*innen in Sachsen

Wie sinnvoll die Auseinandersetzung mit Geschlechterverhältnissen für syndikalistische Gewerkschaften sein kann, zeigt die Arbeit der Initiative Sex Workers Solidarity Dresden, an der die FAU Dresden maßgeblich beteiligt ist. Diese Initiative besteht aus Sexarbeiter*innen und Menschen, die diese solidarisch unterstützen. Sie hat sich gegründet, um gegen die Einführung des sogenannten Prostituierten„schutz“gesetztes zu protestieren. Dieses Gesetz führt, anders als der Name vermuten lässt, zu stärkerer Überwachung, Diskriminierung und Illegalisierung von Sexarbeiter*innen.[3]Mit der im Internet erhältlichen Broschüre „Vorgeblicher Schutz, vergebliche Maßnahmen – Überblick über das Prostituiertenschuztgesetz (ProstSchG)“ des ICRSE (International Comittee on the Rights of Sex Workers in Europe) gibt es eine sehr lesenswerte Zusammenfassung der Kritik am Prostituiertenschutzgesetz.

Im Widerstand gegen das Gesetz hat Sex Workers Solidarity einiges erreicht. Die Initiative hat erfolgreich in den Gesetzgebungsprozess in Sachsen eingegriffen, sodass dieses noch immer nicht beschlossen ist. Außerdem werden auf der facebook-Seite der Initiative regelmäßig Informationen über den Gesetzgebungsprozess in Sachsen und die Rechte von Sexarbeiter*innen veröffentlicht, um der weit verbreiteten Unsicherheit unter den Betroffenen etwas entgegenzusetzen. Vor allem aber geht es Sex Workers Solidarity um Selbstorganisation. Die Initiative soll als Plattform dienen, über die sich Sexarbeiter*innen in und um Dresden vernetzen und Ressourcen teilen können, um gegen das Gesetz und gegen miese Arbeitsbedingungen vorzugehen. Deswegen haben Chef*innen in der Initiative nichts zu suchen.

Die gewerkschaftliche Herangehensweise ist gerade auch in der Sexarbeitsbranche dringend notwendig. Die Arbeit in der Branche ist prekär, häufig gibt es wenig Wissen über die eigenen Rechte. Die Vereinzelung erschwert es, gute Arbeitsbedingungen einzufordern. Das wird durch das neue Gesetz nur noch verschärft. Außerdem gibt es in der Gesellschaft viele Vorurteile und Unwissen über die Arbeit von Sexarbeiter*innen. Eine gewerkschaftliche Organisierung führt dazu, dass Sexarbeiter*innen mit eigener Stimme sprechen können, während sonst meist nur über sie gesprochen wird.

Kontakt zu Sex Workers Solidarity: facebook.com/sexworkerssolidarity 

 

Beitragsbild: „Unser Feminismus ist antirassistisch – Reclaim feminism“, strassenstriche.net, 2016, CC BY-NC 2.0,

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