Es gibt Erfolge vor dem Landesarbeitsgericht, aber das Union-Busting geht weiter.
Die Gorillas-Beschäftigen erreichten am Dienstag einen juristischen Erfolg: Am 23. November wies das Berliner Arbeitsgericht auch in zweiter Instanz den Antrag auf eine einstweilige Verfügung des Lebensmittellieferkonzerns Gorillas zurück, mit dem dieser die Wahl eines Betriebsrates verbieten wollte. Zuvor hatte der Konzern eine der bekannten Methoden des Union-Busting angewandt und die 18 Berliner Warenlager, für die die Beschäftigten arbeiten, in eigenständige Unternehmen umgewandelt. Das Gericht folge dem Antrag des Managements nicht, weil Gorillas keine genauen Informationen zu den neuen Betriebsstrukturen vorlegte. Auch andere Beschwerden des Gorillas-Managements wies das Gericht zurück. Dazu gehört der Ausschluss einiger leitender Mitarbeiter*innen von der Wahl. Doch Gorillas bleibt die Möglichkeit, die Betriebsratswahl im Nachhinein anzufechten. Deshalb sollte man den großen Erfolg etwas relativieren, den der Anwalt des Wahlvorstandes Martin Bechert in der Entscheidung des Arbeitsgerichts sah. Zudem geht die Umstrukturierung des Unternehmens weiter. So kann es passieren, dass die Gorillas-Belegschaft im November 2021 den Betriebsrat für einen Betrieb wählt, den es dann schon nicht mehr gibt.
Mehr Hoffnung als die Betriebsratswahl machte dann auch die Demonstration, die am Abend des 16. November unter dem Motto ,,Gorillas-Worker under Attack“ durch den Stadtteil Berlin-Kreuzberg zog. Statt der angemeldeten 200 waren mindestens 600 Menschen gekommen. Los ging es vor einem der Gorillas-Warenlager, das in den letzten Wochen schon öfter im Mittelpunkt des Arbeitskampfes stand. Es gab dort mehrere Blockaden. Auch der Endpunkt war ein solches Warenlager. Auch nach mehr als 3 Stunden Demonstration hallten die Parolen „Classwar, Classwar“ durch den nebligen Herbstabend. Es wurde deutlich, dass die letzten Monate, die von vielen kurzen Streiks, Blockaden und Demonstrationen geprägt waren, viele der aktiven Rider*innen politisiert haben. Sie sehen sich als Teil des prekären Proletariats, wie in den zahlreichen Reden deutlich wurde, die oft in englischer oder spanischer Sprache gehalten wurden. Denn dieses Proletariat, das sich in Berlin versammelt hat, spricht eben in der Regel nicht mehr in erster Linie deutsch und es ist auch nicht mehr überwiegend männlich. Lange wurde diese transnationale Arbeiter*innenklasse mit diversen Geschlechtern oft theoretisch angerufen. Am 16. November war sie in Berlin auf der Straße. Das ist der größte Erfolg der Gorillas-Worker.
Ein weiterer Erfolg des Riders-Strikes besteht darin, dass er andere Belegschaften mobilisiert.
„Beschäftigte von Amazon, Taxifahrer und Angestellte verschiedener Lieferdienste wie Lieferando, Foodpanda, Wolt, Getir und Flaschenpost sowie sich im Warnstreik befindende GEW-Betriebsgruppen der Schule in der Kölnischen Heide schlossen sich den Protesten an. Für die Bio-Company-Arbeiterin Anai Paz und ihre Kollegen waren die Proteste der Gorillas-Beschäftigten inspirierend“,
heißt es in einer Demo-Reportage in der Zeitung Junge Welt. Dabei spielte es keine Rolle, in welcher Gewerkschaft die Beschäftigten organisiert sind. Die Kolleg*innen der Freien Arbeiter*innen Union (FAU) waren nicht zu übersehen. Aber auch Mitglieder verschiedener DGB-Gewerkschaften wie Verdi, NGG und GEW waren mit Transparenten und Schildern vertreten. Die AG Taxi bei Verdi-Berlin sprach in ihrer Grußadresse an die Gorillas-Belegschaft von den gemeinsamen Gegner*innen, deren einziges Ziel Profit auf Kosten der Belegschaft ist. „Wir werden angegriffen“, lautete die Überschrift über den Aufruf der Gorillas-Belegschaft zur Demonstration. Doch nicht nur vom Konzern, auch von den Staatsapparaten kommt diese Attacke. So deckten die Tageszeitungen taz und die Junge Welt auf, dass die Streikversammlungen der Rider*innen mindestens seit Juni 2021 von Beamt*innen des Berliner Verfassungsschutzes beobachtet werden. Den Staatsorganen ist wohl bewusst, dass dieser Arbeitskampf Ausstrahlungskraft bei den zahlreichen prekär Beschäftigten hat. Was der Staatsschutz fürchtet, sollte für Basisgewerkschafter*innen Grund zur Hoffnung sein.
Titelbild: © Umbruch Bildarchiv / https://umbruch-bildarchiv.org/gorilla-riders-united/
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