Das Verhältnis der Menschheit zur Natur hat sich in den letzten zwei Jahrhunderten enorm verändert, insbesondere aufgrund des Fordismus und der Massenproduktion. Die Ausbeutung der Natur erreicht einen Punkt, an dem es kein Zurück mehr gibt und an dem ernsthafte Konsequenzen für das Leben der Menschen auftreten.
Das kapitalistische System in dem wir uns befinden, ist nicht nur in der Lage unsere Umwelt auf drastische und schnelle Weise zu verändern, sondern macht uns gleichzeitig immer abhängiger von sich und daher sind wir anfälliger für die immer breiteren und launischeren Schwankungen. Im Grunde bezieht sich das gegenwärtige Konzept der natürlichen Umwelt (in den westlichen Ländern) auf einen utilitaristischen Begriff, der die Natur an die Grenzen der Ausbeutung durch den Menschen bringt, ohne deren Folgen zu berücksichtigen.
Daher ist zu erwarten, dass jede Änderungsentscheidung von den wirtschaftlichen und auch monetären Vor- und Nachteilen der Wende abhängt. Es ist im Grunde ein Ausbalancieren, bei welchem die Auswirkungen auf das Leben in unseren Gesellschaften abgewägt werden. Die Auswirkungen des kapitalistischen Produktionssystems treten kurz-, mittel- und langfristig auf. Die erste Auswirkung entsteht im Bereich der Arbeit, da ohne Arbeit die Miete nicht gezahlt werden kann und auch keine Kleidung und kein Essen gekauft werden können.
Unmittelbare und abstrakte Folgen des kapitalistischen Produktionssystems
Aber das ultimative Problem im Kapitalismus ist nicht die Arbeit, sondern das Geld, oder, besser gesagt, der Geldmangel. Dieser wird von einem Mangel der bezahlten Arbeit abgeleitet. Der Geldmangel, als Maß des Druckes, den das Kapital ausübt, ergibt sich sehr schnell und konkret. Es dauert nur wenige Monate oder ein bis zwei Jahre (wenn man Arbeitslosengeld bekommt), um in eine verzweifelte Situation zu geraten. Jede*r kann die Unmittelbarkeit der tragischen Folgen deutlich sehen und spüren. Die auf den Klimawandel bezogenen Umweltauswirkungen sind abstrakter und es können Jahrzehnte vergehen, ehe das gleiche Gefühl der unmittelbaren Verzweiflung auftritt, wie in der Situation des Geldmangels.
So könnten, auf eine vereinfachte Weise, die Konflikte zwischen der Umweltbewegung und den Beschäftigten, egal ob sie einer Gewerkschaft angehören oder nicht und auch die zwischen den Einwohnern erklärt werden. Die Gemeinden befänden sich aufgrund ihrer größeren Interessenvielfalt auf halbem Weg zwischen der Umweltbewegung und den Gewerkschaften. Dies ist nichts Neues, da in der alten Arbeiterbewegung dieser Widerspruch zwischen kurz- und langfristigen Zielen schon sehr umstritten war. Arbeitnehmer*innen mögen ein gewisses Umweltbewusstsein haben, aber sie werden nicht bereit sein, sich und ihre Familien auf dem abstrakten Altar des Planetenguts zu opfern und noch weniger innerhalb einer sozialen Struktur, in der sie kaum Entscheidungsfähigkeiten haben, insbesondere aufgrund der tiefen Einpflanzung einer Konkurrenzkultur und des unsolidarischen Individualismus. Andererseits scheint der autoritäre und liberale Sektor der Umweltbewegung kein ausreichendes Interesse daran zu zeigen, sie vor dem Opfer für ein „größeres“ Gut zu retten.
Wenn große Gewerkschaften auf reformistische Wege setzen, bleiben auch die großen grünen Institutionen (Bündnis 90/DIE GRÜNEN, Greenpeace, BUND, WWF, usw.) in ihrer reformistischen und liberalen Sicht innerhalb des Prozesses der nachhaltigen Ausbeutung nicht zurück. Im besten Fall glauben sie immer noch, dass der Kapitalismus gegenüber der Umwelt „humaner“ und respektvoller gestaltet oder reformiert werden kann. Sie haben noch nicht erkannt, dass das politische Erdbeben, das Europa zu bereisen beginnt und das den Ausstieg aus dem Sozialstaat und das Wetten auf restriktivere Wirtschaftsmodelle beinhaltet, autoritäre oder totalitäre politische Maßnahmen erfordert.
New Age oder grüner Malthusianismus?
Diese reformistische Sicht auf die Umwelt, manchmal sogar New Age genannt, ist in der Tat leicht integrierbar, nicht nur durch die Fähigkeit, sich als Ausrede für ein neues malthusianisches Modell zu zeigen. Im schlimmsten Fall wäre dieser grüne Malthusianismus die Verteidigung des sozialen Status quo und würde die Versuche zur Verteilung des Reichtums auf der Grundlage eines „es ist nicht genug für alle da“ oder eines „wir sind zu viele“ verhindern und entschuldigen. Weiterhin kann so die Anti-Immigranten-Stimmung mit einem „hier passen wir nicht alle“ bevorzugt werden. Es würde Klassizismus und Rassismus mit einem „die Armen/Ausländer haben zu viele Kinder“ äußern und es würde die Autogestión[1]Der Begriff bezeichnet die Kontrolle von Projekten und Betrieben durch basis- oder räte-demokratisch organisierte Gruppen. Der Begriff deckt sich weder ganz mit dem der „Selbstverwaltung“ noch mit dem der „Partizipation“. auf der Suche nach einem technokratischen „die Experten werden das Chaos verwalten“ verwerfen. Die Umwelt ist ein weiteres Produkt, das gekauft und verkauft, privatisiert und exklusiv gemacht wird. Es wird für die Auserwählten, die Besten, die Elite zurück behalten.
Andererseits dürfen wir nicht vergessen, dass sich hinter dem Aufstieg des Nationalsozialismus im 20. Jahrhundert eine mächtige naturalistische Ideologie versteckt hat, die auf dem Sozialdarwinismus und der Ökologie von Ernst Haeckel (1834-1919) beruhte, der wiederum von Thomas Malthus (1766-1834) stark beeinflusst wurde. Auch bei der Gründung des bekannten Club of Rome im Jahr 1972 kann der Einfluss des Malthusianismus beobachtet werden.[2]„Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit, 1972.“.
Tatsächlich halten sich rechtsextreme Tier- und Umweltschutzgruppen[3]Nicht nur bekannte rechtsextreme Parteien wie NPD oder Le Front National, sondern auch Tierschutzgruppen wie Offensiva Animalista in der Schweiz, Patriotas Españoles contra la Tortura Animal (PECTA) in Spanien, Fronte Animalista in Italien, Mouvement écologiste indépendant (MEI) in Frankreich, usw. an diese reaktionäre Linie: Der Mensch ist eine Pest, lebt auf Kosten der Natur, ist ein dekadentes Wesen, Solidarität existiert nicht, gegenseitige Hilfe ist eine Illusion, die Starken werden durch Konkurrenz ausgewählt, das ist die geistige und natürliche Ordnung der Dinge. Glücklicherweise können wir Kropotkin[4]Kropotkin, Peter: „Gegenseitige Hilfe in der Tier- und Pflanzenwelt.“noch lesen, um bestimmten Argumenten entgegenzuwirken.
Verfehlte Debatten – Das Beispiel Hambacher Forst
Alle diese Elemente lassen sich mehr oder weniger im Kampf um den Hambacher Forst beobachten. Ein kleiner tausendjähriger Wald nahe der Stadt Düren, der seit sieben Jahren von Aktivist*innen besetzt worden ist und von dem großen internationalen Konzern RWE mit Zustimmung der Parteien und Gewerkschaften gerodet werden soll. Der Umweltaktivismus zeigt hier eine Stärke wie selten in den letzten Jahren. Er führt die Fähigkeit zur Mobilisierung und zum Widerstand vor, aber er zeigt gleichermaßen auch die Unfähigkeit dazu, sich über sich selbst hinaus zu erweitern, vielleicht aus dem Mangel einer strategischen Sichtweise heraus. Ich werde mich sorgfältiger ausdrücken, um diesen Schluss zu begründen.
Seit sieben Jahren und vor allem seit der letzten Ankündigung der Räumung der Besetzung im Hambacher Forst haben die Aktivistengruppen eine große Organisationsfähigkeit unter Beweis gestellt. Sie haben unterschiedliche Maßnahmen des Widerstands durchgesetzt, ihren Forderungen Gehör zu verschaffen und eine öffentliche Debatte zu eröffnen. Sicher bewundernswert. Dies führte dazu, dass das wahre Gesicht gewisser Typen[5]„Der Hambacher Forst ist nicht zu retten, egal was die Kohlekommission entscheidet.“ RWE-Vorstandschef Rolf Martin Schmitz. offensichtlich enttarnt wurde, die Fassaden nicht mehr erhalten werden konnten.
Es zeigte sich auch, dass die Gewerkschaften nicht in der Lage waren, ihre Gemeinden vor Umweltzerstörung zu schützen und ihre eigenen Klasseninteressen zu verteidigen. Denn ohne Umweltaktivismus gäbe es heute weder eine Debatte über die Vor- und Nachteile der Kohleindustrie in der Region, noch eine Diskussion über einen unentrinnbaren Produktionswandel. Die Unbeweglichkeit dieser Gewerkschaften und die mangelnde Selbstkritik angesichts eines Abgrunds vor ihren Augen sind sicherlich kurzsichtig[6]„Von einer vernünftig organisierten Energiewende wird abhängen, ob diese Unternehmen Deutschland auch zukünftig als attraktiven Standort wahrnehmen. Davon hängt auch ab, ob wir auch in Zukunft eine wettbewerbsfähige Innovations- und Produktionspipeline im eigenen Land haben.“ Michael Vassiliadis, IG BCE Vorsitzende. und gefährlich[7]„Hambi weg und Grothus raus“. Demo von Gewerkschaftsmitgliedern der IG BCE vor Waldschützerin Haus (ca. 100 Teilnehmer).. Darüber hinaus werden die IG BCE-Mitglieder von RWE[8]„Ich kann dafür nicht fast 5.000 Arbeitsplätze aufs Spiel setzen. Das kann und will ich als Konzernchef nicht verantworten, um mein Image zu verbessern. Das geht nicht.“ Drohungen des RWE-Chefs Rolf Martin Schmitz am 27.09.2018 in der Presse., anderen großen Unternehmen[9]“Monsanto-Deal ist gut für Bayer und für die Welt“ Michael Vassiliadis, IG BCE Vorsitzende, der Regierung[10]„Klimaziel erreichen und Industrieland bleiben: Das ist die Aufgabe unserer Generation.“ Armin Laschet, Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident bei der Demo vom 24.10.2018 und ihren eigenen Spitzen[11] In Bezug auf die Erhöhung des Mindestlohnes: „(…) einen solchen Sprung in der Bezahlung muss der Arbeitsmarkt erst einmal verkraften.“ Michael Vassiliadis, IG BCE Vorsitzende. beeinflusst, anstatt zu versuchen, die Kontrolle über ihre Arbeit und ihre Zukunft in die Hand zu nehmen. Auf diese Weise könnten sie einen Wandel fördern, der geschehen wird, ihren Interessen entsprechend, und dagegen kämpfen, Geiseln eines großen Unternehmens wie RWE zu werden.
Ein bestimmter Sektor des Umweltschutzbewegung konnte eine autonome Strömung schaffen, die, aufgrund ihrer Fähigkeit den Konflikt am Leben zu erhalten und nicht Teil des politischen Spiels des Parlaments zu werden, das politische Element unter Druck setzen könnte, ohne seine Forderungen zu delegieren. Und das trotz des großen Einsatzes[12]Polizeiensatz fast 380 000 Stunden und Millionenkosten nach bisher größtem Einsatz in NRW (von 13.09.2018 bis zum 8. Oktober). des Staates und des Konzerns, um den Protest zu beenden, hunderten Gefangenen, Angeklagten, Verletzten und sogar einen Toten[13]Journalist Steffen M. (27)..
Der Aktivismus im Hambacher Forst hat wirksam dazu beigetragen, die falsche Konsensdebatte des Parlaments zu verschärfen, in der die verschiedenen Fraktionen oberflächlich diskutieren, ohne an die Wurzel des Problems zu gehen, sprich, die Macht- und Wirtschaftsstruktur.
Strategische Neuorientierung des Aktivismus?
Und genau dort verfehlte auch der Aktivismus das konkrete Lesen und Analysieren des Kontextes im Kampf gegen dieses Produktionssystem, innerhalb der Kräfte, die hinter der parlamentarischen Fassade zum Vorschein kommen und in den von der Wirtschaftsstruktur geführten sozialen Beziehungen, auf denen die Kohleförderung sitzt. Er folgt einer unvollständigen Strategie.
RWE und die Regierung andererseits haben eine sehr klare Strategie, da sie noch nicht einmal eine Einigung über die Zukunft des Sektors erzielen wollten. Sie wollten der Kohlekommission einfach nur ihre Interessen aufzwingen, deshalb entschieden sie sich für Druck und Sabotage[14]„Dass das jetzt, während die Kommission intensiv arbeitet, durchgeführt werden muss, kann ich nicht anders sehen als Affront gegen die Kommission.“ Kommissionsmitglied Reiner Priggen.,[15]„Aber solange diese Kommission jetzt tagt, ist es ja nicht sehr ratsam, dass man Fakten schafft und sagt, wir als Konzern machen das so, weil wir denken, das ist die richtige Antwort. Das ist eine unnötige Provokation auch in dieser Kohlekommission, die dazu führen kann, dass diese Kommission platzt. Wenn das das Ziel ist, halte ich es für höchst bedenklich, dass man diese Strategie verfolgt. Ich hätte mir das anders gewünscht. Ich hätte mir gewünscht, man würde erst mal reden und dann roden, um dann entsprechend zu sehen, welchen Tagebau brauchen wir tatsächlich.“ DIW-Energieexpertin Claudia Kemfert.. Da der Aktivismus nicht mit Polizeigewalt gestoppt werden konnte, werden Gemeinden und Aktivismus gegeneinander ausgespielt, um den Widerstand zu schwächen. Da der Polizei-Einsatz Sympathien hervorrief, wie die Demo am 06.10.2018 mit ca. 50.000 Teilnehmer*innen zeigte, entschied sich die NRW-Regierung dafür, zu anderen Taktiken überzugehen: Diffamierung, Spaltung und innere Konfrontation.
Die Erfahrung des Kampfes in anderen Bergbauregionen beweist uns, dass nur eine starke und vereinigte Gemeinschaft solchen Unternehmensmonstern und den Staaten, die sie verteidigen, entgegenstehen kann. Und sogar in diesen Fällen ist der Puls der Auseinandersetzung sehr hart und ausdauernd[16]Wackersdorf ist ein gutes Beispiel sowohl für die Vereinigung verschiedener Interessen als auch für die Einmischung des Öko-Faschismus: Hubert Weinzierl. Mehr Infos über Hubert Weinzierl im folgenden Artikel von Peter Bierl in: Schwarzer Faden 2/93: „Feindbild Mensch: Ökofaschismus und New Age.“,[17]In Cajamarca (Kolumbien) lehnte die Gemeinde im März 2017 einen Goldbergbau-Megaprojekt namens La Colosa durch ein lokales Referendum, nach zehnjährigen Kampf, trotz aller Hindernisse der Regierung und des südafrikanischen Konzerns Anglo Gold Ashanti, massiv ab.. Normalerweise besteht die erste Strategie des Unternehmens darin, den Zusammenhalt des Blockes aus der Umweltschutz-, Einwohner- und Arbeiterbewegung zu brechen, so wie sie versuchen Streiks zu brechen, oder die Beschäftigten aufzuteilen. Dies setzen sie durch die Förderungen entgegengesetzter Interessen durch, oder durch den Gegensatz verschiedener Gruppierungen in der Gewerkschaft oder durch versteckte Unterdrückung mit öffentlichen oder privaten Truppen.
RWE fördert aber gerade die entgegengesetzten Interessen. Der Sozialpakt der Region zeigte sich vor allem am 24.10.2018 in der Mobilisierung von ca. 30.000 Menschen deutlich zugunsten von RWE und zugunsten der Sicherung von Arbeitsplätzen und in einer Ablehnung der Strategie, die den Aktivist*innen unterstellt wurde. Die meisten Beteiligten waren Arbeiter*innen und Nachbarn*innen, die von Unsicherheit geprägt waren.
Wenn dabei der Glaube entsteht, dass diese Menschen manipulierbare Zombies mit unbegründeten Ängste sind, dann wird vergessen, was Politiker*innen für eine Handvoll Stimmen angesichts der bevorstehenden Wahlen opfern können und was für eine tatsächliche Macht ein Unternehmen wie RWE auf dem Territorium und auf die Menschen, die dort leben, ausüben kann. Anders gesagt, der Arbeitsmarkt und seine Machtverhältnisse wurden unterschätzt, wenn nicht komplett ignoriert. Eine Macht, die auf der Abhängigkeit durch Enteignung beruht. Diese Abhängigkeit ist nicht zufällig und, ohne andere vorhandene ideologische Elemente ignorieren zu wollen, die grundlegende Triebkraft dieser Demo.
Beschäftigungsverhältnisse als Entwicklungsmerkmale
Ein Blick auf bestimmte Daten, die sich aus den aktuellen Arbeitsbeziehungen ergeben, kann uns helfen, das Problem teilweise zu erklären. Die Arbeitslosenquote (einschließlich der Quote der Unterbeschäftigten[18]In der Unterbeschäftigung werden zusätzlich zu den registrierten Arbeitslosen auch die Personen erfasst, die nicht als arbeitslos im Sinne des Sozialgesetzbuches (SGB) gelten, weil sie Teilnehmer*innen an einer Maßnahme der Arbeitsförderung oder kurzfristig erkrankt sind.) in den an die Mine angrenzenden Gebieten[19]Nach der Gebietsaufteilung der Bundesagentur für Arbeit: Aachen-Düren, Brühl und Mönchengladbach.variiert etwa zwischen 7% und 10%[20]Quelle: Bundesagentur für Arbeit.. Die Stille Reserve[21]Als Stille Reserve werden Personen bezeichnet, die unter bestimmten Bedingungen bereit wären, eine Arbeit aufzunehmen, sich aber bei der Arbeitsverwaltung nicht als arbeitslos melden. und die Teilzeitquote[22]Teilzeitbeschäftigung entsteht, wenn die regelmäßige Wochenarbeitszeit kürzer ist als die einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung. Laut dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) liegt die Teilzeitsquote in Westdeutschland bei 48,7% unter Frauen und bei 10,7% unter Männer. sind in der Statistik nicht berücksichtigt.
Und dies obwohl sie ausschlaggebende Faktoren für diese Entwicklung sind, die in den letzten Jahren in Deutschland ständig zugenommen haben und die auf eine größere Schwierigkeit hindeuten, einen Arbeitsplatz zu finden, der menschenwürdige Lebensbedingungen ermöglicht. Es wird geschätzt, dass die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden pro Jahr seit 1991 um 12,9%[23]Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sind die geleisteten Arbeitsstunden je erwerbstätiger Person von 1.545 im Jahr 1991 auf 1.354 im Jahr 2017 gesunken. zurückgegangen ist (hätten stattdessen die Arbeitsstunden zugenommen, hätte dies die Arbeitslosenquote erhöht) und dass die Zahl der Personen mit einer „atypischen Beschäftigung“[24]Dazu werden Leiharbeit/Zeitarbeit, geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, Teilzeitbeschäftigung und befristete Beschäftigungsverhältnisse gezählt. seit dem Jahr 2003 in diesen Regionen ununterbrochen gewachsen ist. Laut dem WSI ist die folgende Zunahme zu verzeichnen: im Rhein-Kreis Neuss von 28,6% auf 36,8%; in der Stadtregion Aachen von 35,3% auf 44,4%; im Kreis Düren von 35,3% auf 46,9%; und im Rhein-Erft-Kreis von 31,7% auf 41%. Dabei üben Frauen den größten Teil der gesamten „atypischen Beschäftigung“ aus, der zwischen 67,9% und 75,9% liegt.
Diese Daten zeigen deutlich, dass die Veränderungen im Kohle-Abbau auch bedeutende soziale Auswirkungen auf die Region haben werden. Die Debatten werden sich daher darum drehen, wie diese Auswirkungen verteilt sind und wer diese aufteilt. Das Fehlen eines neuen Sozialpakts über das „Wer und Wie“ dieser Auswirkungen, zusammen mit den Missverständnissen und dem gegenseitigem Misstrauen der Akteur*innen hat zu einer zunehmenden Polarisierung zwischen Umwelt-, Nachbarschafts- und Arbeiter*innenorganisationen geführt. Hinzu kommt noch die bereits bekannten Dualität von Stadt-Dorf und Heimwelt-Fremdwelt, die in bestimmten Situationen schon aufgetaucht ist, in denen die lokale Bevölkerung die Aktivist*innen aus den umliegenden Städten als eine Art von Eindringlingen zu sehen beginnt.
Polarisierung der Akteur*innen
Diese Polarisierung gegen die Umweltbewegung, die sich sowohl in der Oktober-Demo als auch in anderen vorangegangenen[25]„Wir Buirer sagen: wir haben die Schnauze voll. Wir leben hier! Und Ihr?“. Protestzug durch Buir am 17.10.2018 (ca. 100 Teilnehmer).,[26]„Die Kollegen haben Angst um ihre Zukunft und Arbeitsplätze”. Protest der IG BCE am 15.10.2018 (ca. 4.000 Teilnehmer).,[27]„Wir Bergleute sind keine Nazis“. Demo der RWE-Bergarbeiter am 12.10.2018 vor Landtag (ca. 150 Teilnehmer). und nachfolgenden[28]„Manheim ist unsere Heimat – eure nicht. Ruhe und Frieden. Gegen Öko-Terror.“ Demo am 30.10.18 gegen Aktivisten in Manheim (800-1.000 Teilnehmer).,[29]„Ich bin unbeteiligter Dritter und habe jetzt den Schaden. Ich habe weder was mit Wald noch mit RWE zu tun. Es war gerade alles frisch gesät. Meine ganze Saat ist jetzt kaputt“ „Ende Gelände“-Sprecherin Karolina Drzewo zum EXPRESS: „Der Landwirt kann gerne auf uns zukommen. Wir kommen gerne für den Schaden auf. Unsere Aktionen sollen auf keinen Fall negative Auswirkungen auf die Landwirte haben.“,[30]„Ohne gute Arbeit, kein gutes Klima! Wir sind laut für unsere Jobs!“ Demo am 14.11.2018 von rund 1.000 RWE-Mitarbeiter. Ereignissen gezeigt hat, hatte einen Mangel an einer neuen strategischen Sicht der Umweltaktivist*innen zur Folge. Eine Sicht, die wenn sie weder anarchistisch noch autonom ist, wenigstens basis-demokratisch sein kann, in dem die Stimmen von Arbeiter*innen und Nachbar*innen die Grundlage des Wandels werden. Eine gewaltsame Eskalation des Konflikts würde zu einer Isolation des Kampfes durch seine Kriminalisierung[31]Einige Journalisten verfolgen dieses Ziel. “Das habe dazu geführt, dass die vielen Demokraten sich auch räumlich nicht von den wenigen Extremisten distanzierten. Und dies wiederum habe zur Folge gehabt, dass zahlreiche Gewaltdelikte begangen und nicht aufgeklärt werden konnten.“ Journalist Till-Reimer Stoldt in welt.de,[32]Selbstverständlich auch die Polizei durch diffamierenden Berichte, z. B. in Bezug auf den Todesfall: „Wir waren fassungslos und wütend, dass die Personen im Baumhaus in Anbetracht dieser Situation den Abgestürzten und die Retter derart verhöhnten. Auf unsere Ansprache an die Personen, dass ihr Verhalten unfassbar sei, reagierten die Personen nicht.“,[33]„Mir geht es ja gar nicht um diejenigen, die sich da als Aktivisten um ein Anliegen kümmern, sondern mir geht es um die Kriminellen, die im Wald sind, die die Gewalttäter sind, die Straftäter, die andere Menschen angreifen, die Unsicherheit verbreiten.“ NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) führen und fast jede Einflussmöglichkeit beenden. Es fehlte pädagogische Arbeit mit den Arbeiter*innen und Bewohner*innen der betroffenen Gemeinden und den Gewerkschaften. Bisher fehlte eine systematische politische Bildung und die Bewusstseinsarbeit. Die Ursache war nicht der Mangel an Aktivität. Der Aktivismus hat hart und intensiv zur Verteidigung des Hambacher Forstes beigetragen. Tatsächlich gab es seit 2012 rund 700-800[34]Quellen: Hambacher Forst offizielle Netzwerke (Blog, usw.) Veranstaltungen, Aktivitäten, Aktionen usw.. Die große Mehrheit hat sich jedoch an der Mobilisierung des rein aktivistischen Sektors beteiligt, was wichtig, aber nicht das Wichtigste ist und auch nicht das Grundsätzliche. Deshalb fanden die meisten dieser Aktivität in den üblichen Bereichen des politischen Aktivismus statt. Fast alle Infoveranstaltungen wurden in deutschen Großstädten (meistens in Köln) und sogar in Nachbarländern organisiert. Im Grunde sind sie die Blasen des ideologischen Komforts. Darin schließt sich die wirklich soziale Debatte enorm ab.
Dies erklärt, woher der Aktivismus im Hambacher Forst kommt, denn dieser ist meist städtisch. Die Maßnahmen, die auf die Herstellung von Kontakten zu der betroffenen Arbeiter- und Nachbarschaftsorganisationen abzielen, sind jedoch sehr gering, es sind etwa 20, von denen die große Mehrheit auf die Vorführung von Filmen und Dokumentationen beschränkt ist. Die wenigen Ereignisse, deren Ziel es war, die Probleme der lokalen Bevölkerung[35]Ein super Beispiel ist das Netzwerk Bergbaugeschädigter e.V.: „Ziel des Netzwerks Bergbaugeschädigter ist die Verbesserung von der bisher allein in der Hand von der RWE Power AG befindlichen Prüfung, Feststellung und Regulierung von Bergschäden im Stadtgebiet und Umfeld von Mönchengladbach, den Kreisen Erft, Düren, Neuss, Heinsberg, Aachen sowie angrenzenden Regionen.“anzugehen, können an einer Hand abgezählt werden. Veranstaltungen mit Fokus auf Arbeiter*innen und Gewerkschaften waren fast nicht vorhanden und wenn, sind sie zu spät[36]z.B. der offene Brief an die Angestellten von RWE und die IG BCE vom 06.09.2018 oder die Aktionsgruppe Marximale Verwirrung. gekommen.
Obwohl einige lokale Nachbarschaftssektoren ihre Unterstützung zeigen, ist das Unverständnis zwischen ihnen und den Arbeiter*innenorganisationen vor Ort zu groß, so dass es zum aktuellen Zeitpunkt unmöglich ist, Maßnahmen zwischen Arbeiter*innen und Umweltschützer*innen zu koordinieren. Auf diese Weise kann dem Diskurs der Medien, der Parteien und der Gewerkschaftsführung nichts entgegengesetzt werden.
Es ist nicht so, dass eine solche pädagogische Arbeit sehr einfach wäre oder die Lösung für alle Probleme gewesen wäre, sondern dass dieser Ideenkampf auβerhalb der Aktivistenkreisen nicht einmal ernsthaft in Betracht gezogen wurde. Wie ist es möglich, dass nach sieben Jahren Aktivismus in der Region, auf diesen Weg nicht nachdrücklich gesetzt wurde?
Wege zu einer pädagogischen Kultur
Der Mangel an pädagogischen Konzepten ist noch weniger nachvollziehbar, da es zusätzlich gewisse Sympathien in der Bevölkerung für den Kampf gegen RWE gibt und lokale Organisationen (Umweltschutz- und Nachbarschaftsorganisationen), welche als Katalysatoren für einen möglichen Dialog hätten dienen können, schon vorhanden sind. Es ist aber auch nicht so, dass diese lokalen Organisationen intensiver daran gearbeitet hätten, die politische Bildung und die Bewusstseinsarbeit voranzutreiben, als es die Aktivist*innen taten, da nur einige von den Dutzenden von Veranstaltungen, die von ihnen durchgeführt wurden, sich auf offene Diskussionen konzentrierten.
Tatsächlich waren nur wenige Aktivitäten der Initiative „Buirer für Buir“[37]„Die „Initiative Buirer für Buir“ existiert seit Mitte 2006 als Zusammenschluss engagierter Bürgerinnen und Bürger und wurde am 21.12.2007 als Verein mit einer seinen Zielen entsprechenden Satzung gegründet. (…) Buir ist durch seine Randlage am Tagebau Hambach besonderen natur- und umweltschädigenden Belastungen ausgesetzt. Dies führt zu Einschränkungen der Lebensqualität der Menschen.“ oder des BUND-Kreisverbandes Düren auf ein öffentliches Gespräch mit den Nachbarn*innen[38]Ein gutes Beispiel dafür ist das “Listening Project – Unser Dorf redet” in Buir vom 11.11. bis zum 17.11.2018 ausgerichtet und hatten sogar ein paar mal Vertreter der betroffenen Gewerkschaften[39]Als Beispiel: Forum „Wie gehts weiter ohne Braunkohle?“ am 24.09.2016. Organisation: BUND Kreisverband Düren. Teilnahme: IG BCE, BUND, verschiedenen Bürgerinitiativen, Verbände, Unternehmen, Ende Gelände, Klima Allianz. dabei. Das ist eindeutig unzureichend, da die in solchen Debatten vorhandenen Perspektiven innerhalb des bereits vereinbarten liberalen Rahmens diskutiert werden. Das heißt, Diskussionen über den Wandel von oben mit wenig oder keiner wirklichen Beteiligung von unten. Es geht nicht darum, mit der Gewerkschaftsführung zu diskutieren. Die Parteien sind auch nicht die Strukturen, die das Problem wirklich lösen können. Warum haben also die Aktivisten nicht diese lokale Unterstützung gegen RWE intensiver genutzt, um diese Debatten außerhalb ihrer Komfortzonen zu fördern, zu gestalten, an ihnen teilzunehmen und ihre Argumentation jenseits von Liberalismus und Sozialdemokratie offenzulegen?
Dies ist einfach ein Mangel an einer Kultur der Pädagogik und der Bewusstseinsarbeit, und dies scheint eher das Ergebnis einer übermäßigen Kultur der Avantgarde und einer Vorliebe für den gemütlichen Isolationismus zu sein, der meiner Meinung nach keine Zukunft hat. Darüber hinaus ist dies verwurzelt in einer intellektuellen Umweltethik mit leichten Anflügen von Klassismus in ihren sektiererischsten Formen[40]Nur so kann man den Ton eines solchen Schreibens an die Mitgliedschaft der IG BCE, voller Befehle, Beleidigungen und Paternalismus verstehen: „Farbe und Steine gegen die IGBCE.“.
Wenn der Aktivismus und die Umweltbewegung allgemein in Firmen, Betrieben und Gemeinden pädagogisch tätig sein möchten, ist es notwendig, dass sie in den Arbeitskämpfen mitwirken. Sie müssen wissen, wie sie funktionieren und wie sie gewonnen werden können. Es darf nicht vergessen werden, dass der Wandel eines Wirtschaftssektors zu Arbeitskonflikten führen wird, die sich aus der neuen wirtschaftlichen und nicht nur monetären Umverteilung ergeben. Solche Umverteilungen bringen zwangsläufig einen politischen und sozialen Konflikt hervor. Das mangelnde Interesse des Umweltaktivismus an Arbeitskämpfen zeitigt seine Folgen im Hambacher Forst in seiner ganzen Härte. Genau das ist es, was der Kampf im Hambacher Forst auf den Tisch bringt: Umweltprobleme, die die möglichen Sozial- und Arbeitsbedingungen beanspruchen. Am Ende geht es darum, die sozialen Beziehungen zu ändern, die ein von der Natur und den Menschen zerstörerisches Produktionssystem zum Wohle einiger weniger aufrechterhalten. Wenn die RWE-Beschäftigten weder in Parteien noch in ihre Gewerkschaftsführung vertrauen, warum sollten sie dies stattdessen gegenüber grünen Institutionen tun, die sich innerhalb des gleichen liberalen wirtschaftlichen Rahmens bewegen?
Es ist traurig zu sehen, dass a priori natürlich Verbündete gespalten und sogar miteinander konfrontiert sind. Sicherlich haben sie kurzfristig gemeinsame Ziele. Zum einen ist den Beschäftigten bewusst, dass die Kohleindustrie nicht langfristig dauern wird und sie eher früher als später mit einer wirtschaftlichen Umstrukturierung (Entlassungen) des Unternehmens konfrontiert werden, wenn RWE nicht die gewünschte Rentabilität erzielt. Es wäre naiv eine anständige Behandlung von RWE zu erwarten. Die Beschäftigten sind für RWE nur Zahlen.
Daher ist die Diskussion nicht so sehr, ob dieser Wandel stattfinden wird, sondern wann und wie er abläuft und wer ihn leiten wird. Auf der anderen Seite sind nicht wenige Bewohner*innen (viele auch Beschäftigte) sich der Nachteile der Kohleindustrie bewusst: Auswirkungen auf ihre Häuser (Schäden, Erdbewegungen, Abwertung ihrer Häuser und Wohnungen), Auswirkungen auf ihre Umgebung (Landschaft, Wasser, Luft, etc.), Reduzierung von Anbaugebieten, usw. Dem widerspricht natürlich das Geld, das von RWE in die Gemeinden fließt, die Abhängigkeit der Gemeinschaft und Gesellschaft vom Konzern. Wie kann die Region von RWE unabhängig werden? Und wie könnte der Aktivismus den Gemeinden in ihrer Unabhängigkeit helfen, so dass sich ihre Ziele überschneiden und sich nicht widersprechen?
In den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, einer Zeit mächtiger und kämpfender Gewerkschaften, wurde eine einfache, aber genaue Pädagogik aufgestellt, die sich in drei Fragen zusammenfassen lässt, denen sich die Arbeiter*innen stellen sollten:
- Wie arbeiten wir? (in Bezug auf die Arbeitsbedingungen – Arbeitsstunden, Arbeitssicherheit, usw.)
- Für wen arbeiten wir? (in Bezug darauf, wer von unserer Arbeit profitiert – wie viel Geld fliesst und wohin, usw.)
- Was machen wir? (in Bezug darauf, welche Waren oder Dienstleistungen wir produzieren, wie nützlich diese sind, warum wir diese und keine anderen herstellen, was für Folgen sie haben, usw.)
Wenn diese Fragen in den Gewerkschaften selbst nicht mehr gestellt werden, sollten sie vielleicht von außen gestellt und zu einer aufrichtigen Reflexion aufgefordert werden. Einer Reflexion, aus der die Umweltbewegung klüger werden würde und gestärkt hervortreten könnte. Tatsächlich wissen die Beschäftigten am besten, wie ihr Sektor funktioniert. Wie kann ein solcher Wandel erfolgen, damit normale Menschen nicht zu Opfern werden? Sind erneuerbare Energien selbst eine Alternative zum kapitalistischen Produktivismus? Wenn es den Gewerkschaften immer noch an Umweltbewusstsein mangelt, fehlt es den Umweltschutzorganisationen dann nicht auch an sozialem Bewusstsein? Es wird keinen ökologischen Wandel geben, wenn es keinen sozialen Wandel gibt und umgekehrt, weil sie nur zusammen gedacht werden können. Und sie müssen Hand in Hand gehen.
Der Bruch einer Stütze ist der Bruch des Widerstandes selbst
Es ist sehr wahrscheinlich, dass RWE diese Situation ausnutzt, um den Konflikt eskalieren zu lassen. Wie schon gesagt, RWE wird mit einer Umstrukturierung des Unternehmens drohen, um seinen Aktiengewinn zu erhalten, und Druck auf den Aktivismus und die Umweltschutzbewegung auszuüben. Ebenso ist es nicht töricht zu glauben, dass der mögliche Gewinnrückgang bei Protestaktionen oder sogar durch die frühere Schließung der Aktivität durch Subventionen oder finanzielle Unterstützung durch Steuern oder durch die Gewährung einer privilegierten Position in der sogenannte Energiewende stattfinden wird. Die Regierung in NRW, egal welche Fraktion an der Macht ist, wird das gewährleisten. Der gewählte Euphemismus dafür wird keine Rolle spielen. RWE und der Staat könnten auf ein noch schmutzigeres Spiel wetten, die Polizei zu einem groβen Teil vor Ort abziehen und Auseinandersetzungen zwischen den Aktivismus und den Gewerkschaften provozieren. Den Docht zwischen dem einen und dem anderen anzuzünden, scheint plausibler als noch vor einigen Monaten. Der Aktivismus und die Umweltschutzorganisationen können diesen Kampf alleine nicht gewinnen, sie brauchen die Unterstützung der Arbeiter- und Nachbarschaftsorganisationen. Der Bruch einer der drei Stützen von Aktivist*innen, Arbeiter*innen und Nachbar*innen, ist der Bruch des Widerstands selbst.
Sind wir nicht alle diese Stützen gleichzeitig? Wenn sich die Polarisierung verkapselt, ist es wahrscheinlich, dass die Basis von konservativen und rechten Parteien in der Region kurzfristig zunehmen wird[41]„Grüne müssen sich von Öko-Extremismus distanzieren.“ Stellvertretender Innenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Martin Hess. . Aus einer von-unten-nach-oben Perspektive scheint es nicht vernünftig zu sein, den legalistischen Weg zu wählen, der hauptsächlich von grünen Institutionen und Parteien durchgeführt wird, da sowohl der legalistische Weg als auch die grünen Institutionen und Parteien aller Couleur am Ende eine von-oben-nach-unten Perspektive verfolgen.
Aber auch eine autonome „externe“ Aktion außerhalb der Gesellschaft, die sich nicht als Teil dessen fühlt, scheint keine vernünftige Option zu sein. Ob die Umweltschutzbewegung den Kohleabbau im Hambacher Frost kurzfristig stoppen kann oder nicht, wenn es keine Kultur der Pädagogik und der Bewusstseinsarbeit gibt, muss man vor der Realität einer Niederlage sehen: einer stärkeren Distanzierung der Forderungen der befreienden Umweltschutzbewegung gegenüber den Forderungen der Arbeitswelt und der Gemeinden. Was mittel- und langfristig nicht belanglos ist, denn dies hat die Öffnung eines Raumes für Öko-Konservatismus, oder sogar für Öko-Faschismus, zur Folge und wird den Übergang zu einer gerechteren und freien Gesellschaft noch schwieriger machen.
Im wesentlichen stimme ich mit den Inhalten des Artikels überein, auch wenn mich das Ausrichten auf die „pädagogische Arbeit“ einfach nur noch nervt.. ist diese – für mich „überheblichkeit“ – denn auch ein grosses Problem innerhalb des angesprochenen Komplexs — nämlich die Sozialisation der Aktivist*innen hier des Hambacher Waldes… von Uniprofessoren als die neue „intellektuelle elite deutschlands“ gefeiert, haben diese überhaupt keinen Zugang zu den realen Situationen hier der arbeiter*innen bzw.lohnabhängigen.. gepusht von einer links-liberalen (systemimmanenten) bürgerlichen öffentlichkeit… wenn – nun doch – „pädagogische Arbeit“ und „politische bildung“dann doch eher bei denen (um in deren sprache zu sprechen: mit dem kulturellen und sozialen Kapital)