Standortnationalismus und sozialpartnerschaftliche Routine überwinden - Statement zur Make Amazon Pay-Kampagne in Berlin.
Das System Amazon ist pervers: Die Arbeiter*innen in den großen Logistikzentren des Weltkonzerns sind einer kraftraubenden Arbeitsverdichtung und Arbeitshetze ausgesetzt, die krank macht. Während die Kolleg*innen tagtäglich Kilometer zurücklegen, werden sie durch das digitale Waren-Tracking rund um die Uhr überwacht. Nach jedem Umweg, jeder Verschnaufpause müssen die Arbeiter*innen damit rechnen, in Feedbackgesprächen vom Management zurechtgewiesen zu werden, das mit Bonussystem und Konkurrenzdruck eine ständige Effizienssteigerung forciert. Der Konzern kann er bei seinem aggressiven Kampf um Monopolstellungen auf Sonderwirtschaftszonen und Steuererleichterungen zählen. Es überrascht daher nicht, dass Amazon alles tut, um gewerkschaftliche Organisierung, Tarifregelungen und betriebliche Mitbestimmung zurückzudrängen. Das System Amazon zeigt mehr als deutlich, dass wir als Arbeiter*innen neue Formen des Widerstands gegen Ausbeutung und Überwachung erproben müssen.
Es ist daher zu begrüßen, dass mit der Kampagne „Make Amazon Pay“ auf die Missstände im Konzern hingewiesen wird und das Interesse innerhalb der Bewegungslinken an einer Auseinandersetzung mit Arbeitskämpfen steigt. Gerade in der Logistik zeigt sich, dass das sozialpartnerschaftliche Alltagsgeschäft durchbrochen werden muss: Maßnahmen wie Blockaden oder Boykott können nützlich sein, um Streiks zu unterstützen und den ökonomischen Druck auf die Unternehmen zu erhöhen. Auch der Standortnationalismus muss zugunsten überbetrieblicher und internationaler Solidarität überwunden werden. Dass die Kämpfe bei Amazon zusammen mit der #Deliverunion-Kampagne zum wichtigen Beispiel für die internationale Basisvernetzung von Arbeiter*innen geworden ist, stellt einen ersten Erfolg dar.
Die Kampagne „Make Amazon Pay“ wird jedoch keine Wirkmacht entfalten können, wenn sie nicht über Rückhaltung in der Belegschaft verfügt. Kolleg*innen an der Arbeit zu hindern, ist nie ein guter Anlass, um ins Gespräch zu kommen. Es ist deswegen nachvollziehbar, dass das Vorhaben, ein Unternehmen von außen zu belagern und dabei wie im Falle der Black-Friday-Aktion am Amazon-Versandzentrums im Ku’damm-Karree vor allem selbstständige Fahrer*innen ausgelagerter Lieferdienste zu blockieren, von der FAU Berlin nicht mitgetragen werden kann, die als syndikalistische Gewerkschaft auf Basisdemokratie und Selbstorganisation der Arbeiter*innen setzt. Damit wird nicht infrage gestellt, dass Blockaden durch die Arbeiter*innen ein wirkungsvolles Mittel sein können, um Streikbruch zu erschweren. Zukünftige Kampagnen sollten aber an jedem Standort von der Belegschaft getragen werden. Es bleibt zu hoffen, dass „Make Amazon Pay“ trotzdem einer Annäherung zwischen aktiven und bisher inaktiven Kolleg*innen im Betrieb nicht im Weg steht und Mittel gefunden werden, um gemeinsam dem System Amazon wirksam entgegenzutreten.
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