Der Konflikt um bessere Arbeitsbedingungen im BLSB erreicht einen neuen Tiefpunkt. 2018 verliert der Verein zwei Drittel seiner Mitarbeiter*innen: Sie wurden vor die Tür gesetzt oder sind aus Frust über die Geschäftsführung selbst gegangen. Die (größtenteils ehemalige) Belegschaft äußert ihre Sorge um die Zukunft der Projekte nun in einem offenen Brief. Denn was diese Kündigungswelle für die LSVD-Projekte in Berlin bedeuten wird, ist ungewiss. Dieser Zustand lässt nicht nur die LGBTIQ-Szene der Stadt aufhorchen, sondern auch die Politik, denn die Finanzierung stammt aus öffentlichen Geldern – immerhin eine halbe Million pro Jahr.
Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland (LSVD) Berlin-Brandenburg e.V. ist der Landesverband des bedeutendsten Interessenverbandes der LGBTIQ-Community in Deutschland. Er setzt sich für die Gleichberechtigung und Akzeptanz von schwulen, lesbischen und bisexuellen Menschen in Deutschland ein. Mit dem Bildungs- und Sozialwerk des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin Brandenburg e.V. (BLSB) hat der LSVD einen weiteren Verein gegründet, der als Projektträger fungiert.
Gewerkschaftsunterdrückung wichtiger als gute Arbeit?
Während der BLSB e.V. der Öffentlichkeit nicht sonderlich bekannt ist, sind es seine Projekte. Das Regenbogenfamilien-Zentrum in Schöneberg ist eines davon. Das Zentrum ist seit 2013 „die LSVD-Anlaufstelle für lesbische, schwule, bisexuelle und transgender Menschen mit Kindern“ und „wurde bereits wenige Monate nach Eröffnung als „Ausgezeichneter Ort im Land der Ideen“ prämiert“, berichtet die Webseite des LSVD Berlin.
Das Vorzeigeprojekt wird ermöglicht durch drei bezahlte Stellen im Schöneberg. Dass diese nun geschlossen gekündigt haben, eröffnet die Frage, wie es weitergeht. Es ist nicht sonderlich realistisch, davon auszugehen, dass die Qualität der Arbeit des Projekts bestehen bleibt, wenn nun plötzlich Ersatz gefunden werden muss für die Mitarbeiter*innen vor Ort, die das Zentrum jahrelanger Arbeit aufgebaut haben. Dass ein so wichtiges Projekt, gerade wo auch die Finanzierung für das kommende Jahr schon sichergestellt ist, seiner Arbeit nicht mehr in gewohnter Qualität nachgehen kann, liegt wohl an den fragwürdigen Prioritäten der Geschäftsführung. Statt auf die Forderungen der Mitarbeiter*innen einzugehen, wurde auf Konfrontation gesetzt, und dabei billigend in Kauf genommen, die eigenen Projekte zu gefährden. Zwei Projekten haben sogar alle Mitarbeiter*innen verloren und somit auch deren Erfahrungen. Das trifft nun neben den Beschäftigten auch diejenigen, die auf die Einrichtungen angewiesen sind – in diesem Fall vor allem Regenbogen-Familien mit Kindern oder Kinderwunsch.
„Die Probleme sind hausgemacht“
„Die Probleme im BLSB sind nicht neu, und vor allem hausgemacht“, heißt es aus der Betriebsgruppe der FAU Berlin, der Vertretung der Arbeitnehmer*innen im BLSB: „Dass sich die Belegschaft zusammengesetzt hat, um über die vielen Probleme im Betrieb zu sprechen, war schon Anfang letzten Jahres.“
Es gab also genug Zeit, um sich als Geschäftsleitung um die Probleme zusammen mit den erfahrenen Mitarbeiter*innen zu kümmern. So hätte sich abwenden lassen, dass der eigene Träger nun quasi ohne Mitarbeiter*innen dasteht. Wie auch immer es mit der Bildungsarbeit des LSVD im Land Berlin weitergeht, eines ist klar: Der Verein riskiert seine Existenz ebenso wie das Vertrauen der LGBTIQ-Community und der Geldgeber*innen. Die Bildungsarbeit des LSVD kann nur gut sein, wenn er es seinen Arbeiter*innen ermöglicht, gute Arbeit zu machen. Und auch wenn es nächstes Jahr mit einer neuen Belegschaft weitergeht, hat der Verband kein Problem gelöst, sondern neue geschaffen.