Betrieb & Gesellschaft

Statt Rechtspopulismus oder liberalem Multikulti

Bericht über gemeinsame Kämpfe einheimischer und migrantischer Arbeiter*innen

Die deutsche Wirtschaft basiert auf der Diskriminierung und Ausbeutung migrantischer Arbeiter*innen. Sie übernehmen die Drecksarbeit, sie werden schlechter bezahlt und sie stellen einen beträchtlichen Teil der flexiblen Reservearmee, d.h. der Arbeiter*innen, die je nach Konjunktur eingestellt und entlassen werden. Der Rassismus richtet sich aber nicht nur gegen sie, sondern gegen alle Arbeiter*innen, denn er drängt sie in Verteilungskämpfe untereinander, statt dass sie gemeinsam um eine Verteilung von oben nach unten kämpfen.

Die FAU unterstützt deswegen die gewerkschaftliche Organisierung migrantischer Arbeiter*innen. Wo möglich, können sie sich zu eigenständigen Gruppen zusammenschließen. Innerhalb der FAU Berlin besteht so die Foreigners Section. Sie ist offen für Arbeiter*innen von überall her, ihre Arbeitssprache ist Deutsch und sie erhält praktische Unterstützung vom ganzen Syndikat. Die Foreigners Section hat fremdsprachige Informationsmaterialien über Arbeiter*innenrechte in Deutschland erarbeitet und hilft bei der praktischen Durchsetzung dieser. So hat sie erfolgreich mehreren Kolleg*innen, v.a. in der Gastronomie, Löhne eingetrieben. Derzeit ist sie am Arbeitskampf der Fahrradkuriere von Deliveroo und Foodora beteiligt. Ein großer Teil der Fahrradkuriere in Berlin kommt aus dem Ausland und spricht noch kein Deutsch, weswegen alle Veranstaltungen und Veröffentlichungen zweisprachig auf Deutsch und Englisch gehalten werden.

Auch in anderen Städten kämpfen migrantische Arbeiter*innen um ihre Interessen. Mehrere v.a. portugiesische Arbeiter*innen aus Weimar haben sich Anfang 2018 der FAU Jena angeschlossen. Sie arbeiten unter sehr schwierigen Arbeits- und Lebensbedingungen in der italienischen Kleingastronomie Weimars. So hat ein Kollege anderthalb Monate unbezahlt im Weimarer Restaurant „Dal Pescatore“ als Vollzeit-Servicekraft gearbeitet. Auch trotz mehrfacher Diskussionen und Aufforderungen wurde ihm das Gehalt nicht gezahlt. Mitte März 2018 hat sich dann die FAU Jena eingeschaltet und den Chef angehalten, das ausstehende Gehalt zu überweisen. Da keinerlei Reaktion kam, hat sie den Fall Ende März öffentlich gemacht. Der Konflikt hält an und die FAU Jena hat weitere juristische und gewerkschaftliche Maßnahmen gegen das Restaurant angekündigt.

Update: Wie der Konflikt sich im Weimarer Restaurant „Dal Pescatore“ fortsetzte, berichten die Genoss*innen der FAU Jena.

Konstantin Behrends

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Kommentare

  • Schade dass in diesem Text so ein bisschen eine "von oben"-Attitüde, auf "die Anderen", die "Fremdsprachigen", rüberkommt. Das ist wahrscheinlich nicht Absicht, denn die FAU "unterstützt" nicht nur die Organisierung von Migrant_innen: In vielen FAU-Gewerkschaften ist die Mitgliederbasis divers wie die Stadt selbst, und die Syndikate werden von migrantischen wie eingeborenen Mitgliedern gemeinsam aufgebaut, mit Leben erfüllt und verwaltet.
    In der Foreigners Section ist zudem die Arbeitssprache (meistens) Englisch.

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Veröffentlicht von
Konstantin Behrends

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