Die Bergsportgruppe “Schwarz-Rote Bergsteiger_innen” (SRB-FAU) organisiert gemeinsame Sporterlebnisse, Bildungsarbeit, Gedenkarbeit, politische Veranstaltungen im ländlichen Raum, sowie eine internationale Vernetzung. So lernten sie die SRB die ‘Unió de Grups Excursionistes Llibertaris’ (Föderation der Gruppen libertärer Ausflügler_innen) kurz UGEL aus Katalonien kennen. Mit ihnen sprachen sie über ihre Arbeit und ihren Anspruch.
SRB: Wie lange gibt es euch? Wie viele Leute engagieren sich bei euch und welche Gruppenaktivitäten betreibt ihr?
UGEL: Die „Unió de Grups Excursionistes Llibertaris“ (UGEL) wurde vor 5 Jahren gegründet. Sie besteht aktuell aus 6 Gruppen in verschiedenen Städten, alle in der Nähe von Barcelona. Aktuell haben wir ca. 60 Mitglieder. Unser Verband organisiert Konferenzen, Naturveranstaltungen, Sportveranstaltungen, Sensibilisierungskampagnen oder Routen zur Wiederherstellung historischer Erinnerung.
SRB: Wie verbindet ihr dabei Politik und Bergsport?
UGEL: Politik ist überall, auch in den Bergen. Wir haben verschiedene Kampagnen zur Entfernung von Kreuzen, Fahnen und anderen Dingen gestartet, die die Menschen auf dem Berggipfel platziert haben. In der UGEL haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, die Berge vor menschlichen Eingriffen zu bewahren und sie zu ihrem wilden und neutralen Ursprung zurückzubringen.
Die Arbeit für die Wiederherstellung des historischen Gedächtnisses ist für uns ein weiteres Bindeglied zwischen Politik und Bergsteigen.
SRB: Und seht ihr auch Verbindungen zwischen Sport und Kapitalismus?
UGEL: Na klar! Kapitalismus hat körperliche Aktivitäten in einen individualistischen, von Konkurrenz geprägten, Akt verwandelt, so wie eigentlich auch alles andere unter kapitalistischer Dynamik geprägt wird. Den_die Gegner_in zu dominieren, ist das, was kommerzielle Sportarten und große Shows anpreisen und vermarkten. Die Sporthelden unserer Kinder ziehen los um zu gewinnen, nicht um zu genießen oder zu teilen.
Unsere Art, die Herausforderung zu verstehen, steht in völligem Widerspruch dazu. Wir sind der Meinung, dass es notwendig ist, andere Werte im Sport zu fördern, wie Solidarität, Genuss, aber vor allem Kooperation statt Konkurrenz. Wir setzen uns dafür ein, dass der “libertäre Sport” im Bergsport sichtbar wird.
SRB: Helft ihr euren Mitgliedern auch finanziell dabei?
UGEL: Ja, auf verschiedenen Wegen, unser Verband finanziert bereits über den jährlichen Mitgliedsbeitrag eine Haftpflicht- und Unfallversicherung. So sind die Teilnehmenden während unserer verschieden Aktivitäten finanziell geschützt und die Gesamtorganisation ist bei evtl. Unfällen nicht verantwortlich.
SRB: Wie organisiert ihr euch konkret dafür und welche Überschneidungen oder Zusammenarbeit gibt es mit anderen Organisationen wie der anarcho–syndikalistischen Gewerkschaft CNT oder der anarchistischen Föderation FAI?
UGEL: Wie gesagt, wir bestehen aus verschiedene Gruppen in Katalonien. Alle Gruppen sind unabhängig voneinander organisiert und üben verschiedene sportliche Aktivitäten und Disziplinen aus. Jede Gruppe hat ihr eigenes Hauptquartier und wir treffen uns alle sechs Monate. Die Gruppen sind auf der Grundlage von Selbstverwaltung und Basisversammlungen organisiert. Subventionen und private Sponsoren werden abgelehnt.
Die UGEL ist wie jede andere libertäre Föderation organisiert. Eine Kommission, bestehend aus verschiedenen Sekretariaten, organisiert auf der Grundlage der Entscheidungen die in Basisversammlungen der lokalen Gruppen getroffen wurden gemeinsame Strukturen.
Die UGEL ist eine völlig autonome Organisation, obwohl es stimmt, dass viele Mitglieder der UGEL aus Gewerkschaftsorganisationen (insbesondere der CNT) kommen und einige lokale Gruppen sich mit der Gewerkschaft CNT Räumlichkeiten teilen.
SRB: Und seid ihr dabei eher eine städtische Bewegung die raus aufs Land fährt um Sport zu machen oder wohnt ihr z.T. auch eher auf den Dörfern?
UGEL: Nein, unsere Gruppen kommen aktuell alle aus städtischen Gebieten, insbesondere aus dem Großraum Barcelona. Einige Gruppen haben ihren Schwerpunkt auf dem Wandern durch die Bergsysteme in der Nähe der Großstadt. Der Rest von uns (Kletterer_innen, Bergsteiger_innen, etc.) organisiert Ausflüge für Touren in den Norden Kataloniens (vor allem in die Pyrenäen). Unser Ziel ist es, die Zahl der Gruppen im Landesinneren Kataloniens weiter zu erhöhen, aktuell gibt es z.B. eine neue Gruppe in Manresa (Barcelona).
SRB: Nutzt ihr eure Zeit auf dem Land um mit den Leuten dort über Anarchismus in die Diskussion zu kommen? Gibt es explizite Agitationsaktionen in den Dörfern und Bergen? Oder ist eure Präsenz vielleicht schon Werbung für die Idee?
UGEL: Unser Handeln in den Bergen konzentriert sich vor allem auf die Restaurierung, Sichtbarmachung und Benennung historisch interessanter Räume. Wir bringen z.B, Plaketten an. Einerseits in verlassenen Bauernhöfen, in denen es in den Jahren des Widerstands gegen die faschistische Diktatur zu gewalttätigen Zwischenfällen kam, andererseits in den Straßen einiger Städte, in denen die „Route der Guerillas“ (die wir verwalten) verläuft.
Darüber hinaus gibt es in Katalonien verschiedene Wandervereine mit ähnlichen Zielen wie unseren, d.h. Gedenkarbeit, Solidarität, Kultur, etc.. Die “marxa homenatge als maquis” oder das Kollektiv „A les trinxeres“ machen die Geschichte der “Maquis” (als Maquis wurden politisch sehr heterogene, bewaffnete Widerstandsgruppen bezeichnet, die vor dem Vichy-Regime in Frankreich in die Berge flohen Anm. d. Übersetzerin) durch Routen und Führungen sichtbar. Das Netzwerk von Gruppen namens Punktrail aus der Gegend von Manresa (Barcelona) organisiert Bergrennen mit solidarischem Charakter, völlig kostenlos und ohne Chronometer und Preise. Zu ihren Veranstaltungen kommen über Jahr 2000 bis 3000 Teilnehmende.
SRB: Ihr habt die Route der Guerillas angesprochen, was können wir uns darunter vorstellen?
UGEL: Es ist eine Gedenkroute auf illegalen Grenzpfaden von Widerstandskämpfer_innen sowohl in der Franco-Diktatur als auch im Vichy-Regime. Vor kurzem haben wir einen Reiseführer mit Karten veröffentlicht, um die 150 km der von uns ausgearbeiteten Route bekannt zu machen. Aktuell organisieren wir Gruppen, um diese von den antifaschistischen Guerillas inspirierte Route zu markieren, zu pflegen und neu zu gestalten. Schon jetzt können Besucher_innen von Barcelona durch die Wälder im Inneren Kataloniens nach Frankreich reisen.
Es wird auch mit der Gemeinde Castellnou de Bages (Barcelona), der Konzession des Museums der Maquis, bearbeitet, wo wir beabsichtigen, ein Informationszentrum für alles zu schaffen, was mit den Guerillabewegungen des Gebiets und der Route der Guerilla GR-179 zu tun hat.
SRB: Das klingt beeindruckend und nach einer krassen Leistung, aber soweit wir wissen ist das nicht euer einziges Großprojekt oder?
UGEL: Nein, da gibt es noch mehr. Aktuell verhandeln wir mit der Castellnou de Bages (Barcelona) über die Konzession für ein “Museums der Maquis”. Wir beabsichtigen ein Informationszentrum für alles zu schaffen, was mit den Guerillabewegungen des Gebiets und der Route der Guerilla GR-179 zu tun hat.
Ein weiteres Projekt ist der “Guerilla-Trail”, ähnlich dem “Punk-Trail” den wir vorhin schon erwähnt haben. Im Oktober 2017 fand die erste Veranstaltung in der Stadt Castellnou de Bages (Barcelona) statt, an der 150 Läufer_innen teilnahmen.
Das Rennen ist kostenlos, nicht konkurrenzorientiert und hat einen ausgesprochen festlichen aber auch unversöhnlichen Charakter. Vor der Veranstaltung wurde eine Nahrungsmittelsammlung durchgeführt und an die örtliche Lebensmittelbank gespendet, die Menschen ohne Mittel hilft.
Für 2018 wird das Rennen den Namen “Guerrilla Punktrail” tragen, da wir es mit der Gruppe “Punktrail” zusammen organisieren. So rechnen wir in diesem Jahr mit einer Teilnehmerzahl von 300 bis 500 Personen.
SRB: Habt ihr Lust darauf von Gruppen und Einzelpersonen aus anderen Ländern kontaktiert zu werden?
UGEL: Gerne, als UGEL haben wir vor allem Lust auf Kontakt mit anderen Gruppen um von ihren Erfahrungen zu profitieren, neue Arbeitsweisen und Perspektiven/Realitäten kennen zu lernen.
SRB: Denkt ihr, dass internationaler Austausch oder gar Netzwerkarbeit zwischen linken/anarchistischen Outdoor-Gruppen Sinn ergibt?
UGEL: Wir würden es als sehr positiv für unseren Kampf um die Schaffung eines Netzwerks von Gruppen der “libertären Wanderer_innen” ansehen. Auf dem UGEL-Kongress im März 2018 werden wir diese Möglichkeit und die Notwendigkeit der Bildung einer Arbeitsgruppe erörtern, die für die Kontaktaufnahme mit den anderen Gruppen zuständig sein wird.
SRB: Klingt super! Wir danken euch für das Interview und eure Arbeit und freuen uns auf gegenseitige Besuche im Elbsandsteingebirge und den Bergen Kataloniens.
Email-Adresse: ugel.catalunya [spamschutz, hier at einfügen] gmail.com
Blog: http://ugel-catalunya.blogspot.de/
Übersetzung: w.m. mit Hilfe von www.deepl.com/translator
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Kommentare
Interessantes Interview, danke dafür.
Zwei technische Spitzfindigkeiten 😉:
Bei »/« eigentlich keine Leerzeichen oder aber davor und danach.
Und macht aus der Blogadresse doch einen klickbaren Link.
ach wie schön das alles ist <3
Eine wunderbare libertaire Initiative!
Warum nicht die ,,Anarchistischen Schwarzwald-Wanderer" ins Leben rufen?